Arzt und Recht - OUP 04/2019

Zwei neue Beschlüsse des Bewertungsausschusses zur Änderung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) mit Wirkung zum 01.01.2019

Heiko Schott

In seiner 430. Sitzung am 12. Dezember 2018 beschloss der Bewertungsausschuss gleich 2 für die Orthopädie bzw. deren Abrechnung relevante Änderungen, die bereits zum 01.01.2019 wirken.

Knochendichtemessung

Die ärztliche Vergütung für Knochendichtemessungen steigt von rund 17 € auf 29 €. Die Bewertung der osteodensitometrischen Untersuchung I und II im EBM wird entsprechend angepasst: Zum 01.01.2019 wird die Punktzahl der GOP 34600 und GOP 34601 jeweils von 161 Punkten auf 268 Punkte angehoben.

Der obligate Leistungsinhalt bleibt unverändert und wird beschrieben mit

  • a) 34600: osteodensitometrische Untersuchung(en) nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (Nr. 7 in der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, mittels einer zentralen DXA [Dual-Energy X-ray Absorptiometrie]) bei Patienten, die eine Fraktur ohne nachweisbares adäquates Trauma erlitten haben und bei denen gleichzeitig aufgrund anderer anamnestischer und klinischer Befunde ein begründeter Verdacht auf Osteoporose besteht;

am Schenkelhals und/oder an der LWS;

  • b) 34601: osteodensitometrische Untersuchung(en) nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (Nr. 7 in der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, mittels einer zentralen DXA [Dual-Energy X-ray Absorptiometrie]) zum Zweck der Optimierung der Therapieentscheidung, wenn aufgrund konkreter anamnestischer und klinischer Befunde eine Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose besteht;

am Schenkelhals und/oder an der LWS.

Gemäß Ziffer 7 der Anlage I der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung ist zu beachten, dass „zum Zweck der Optimierung der Therapieentscheidung die Osteodensitometrie frühestens nach 5 Jahren wiederholt werden kann, es sei denn, dass aufgrund besonderer therapierelevanter anamnestischer und klinischer Befunde eine frühere Osteodensitometrie geboten ist.“

Hieraus folgt für die Praxis, dass sämtliche relevanten „besondere therapierelevante anamnestischer und klinischer Befunde“ selbstverständlich ausreichend zu dokumentieren sind, sofern der vorgenannte Zeitraum unterschritten wird.

Sollten besondere Befunde nicht vorliegen und/oder der Zeitraum von 5 Jahren auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten unterschritten werden, ohne dass zwangsläufige medizinische Relevanz gegeben ist, kann diese Untersuchung nicht im Sinne des EBM durchgeführt werden. Eine solche Untersuchung ist sodann aufgrund der entgegenstehenden Regelung des EBM als Verlangensleistung zu qualifizieren. Es gilt in diesem Fall der Grundsatz des § 12 SGB V, namentlich der des Wirtschaftlichkeitsgebots.

Stoßwelle

Patienten mit Fersenschmerz bei Fasciitis plantaris können seit dem 01.01.2019 mit der extrakorporalen Stoßwellentherapie ambulant behandelt werden. Zur Abrechnung der Behandlungsmethode wurde die GOP 30440 neu in den EBM aufgenommen. Sie ist mit 247 Punkten und somit 26,73 s bewertet. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär.

Der obligate Leistungsinhalt wird beschrieben mit

persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt und

extrakorporaler Stoßwellentherapie.

Limitiert ist die Leistung gemäß Ziffer 26 der Anlage I der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung auf maximal 3 aufeinanderfolgenden Sitzungen pro Krankheitsperiode und betroffenem Fuß.

Nach § 21 Absatz 1, Satz 9 des Bundesmantelvertrags meint die Krankheitsperiode das aktuelle sowie die nachfolgenden 3 Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistungsposition folgen.

Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass im EBM zum Zwecke der Abrechenbarkeit eine 8. und 9. Bestimmung zum Abschnitt 30.4 neu eingefügt wurde.

Nach diesen Bestimmungen gilt Folgendes:

  • a) Die Gebührenordnungsposition 30440 kann ausschließlich von Fachärzten für Orthopädie und/oder Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie und/oder von Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin berechnet werden.
  • b) Die Gebührenordnungsposition 30440 ist nur bei Patienten berechnungsfähig,

bei denen der Fersenschmerz die gewohnte körperliche Aktivität über mindestens 6 Monate eingeschränkt hat und

während dieser Zeit unterschiedliche konservative Therapieansätze (pharmakologische und nicht pharmakologische) einschließlich patientenzentrierter Maßnahmen (darunter mindestens Schonung, Dehnübungen und Einlagen) über einen ausreichenden Zeitraum ohne relevante Beschwerdebesserung angewandt wurden.

Die Einschränkung der körperlichen Aktivität über mindestens 6 Monate (s.o. unter a)) liegt vor, wenn im Zeitraum der letzten 2 Quartale unter Ausschluss des aktuellen Quartals wegen der Fasciitis plantaris (ICD-10-GM: M72.2) jeweils mindestens ein Arzt-Patienten-Kontakt gemäß 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen pro Quartal stattgefunden hat.

Das zeitliche Moment entspricht also der Definition der chronischen Beschwerden, wie bei der Abrechnung der Akupunktur, und setzt selbstredend eine entsprechende Dokumentation zwingend voraus.

Fazit

Je nach Ausrichtung der Praxis wird man die Aufnahme bzw. Anpassung der vorgenannten Gebührenordnungspositionen begrüßen oder eben auch nicht. Hand in Hand gehen insofern denknotwendig die Überlegungen, einerseits Leistungen zugunsten gesetzlich Versicherter zulasten der gesetzlichen Versicherungen erbringen zu können und andererseits individuelle Gesundheitsleistungen hierdurch ggf. einzubüßen.

In jedem Fall aber sollte direkt an und mit dem Verordnungstext gearbeitet werden. In diesem Zusammenhang muss auf § 18 Abs. 8 Bundesmantelvertrag hingewiesen werden. Hier heißt es konkret in der seit dem 01.01.2019 geltenden Fassung:

„Vertragsärzte, die Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung an Stelle der ihnen zustehenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten. Der Vertragsarzt darf von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern,

  • 1. wenn (...),
  • 2. wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt,
  • 3. wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.“
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