Übersichtsarbeiten - OUP 11/2017

Arthroskopische superiore Kapselrekonstruktion bei irreparabler Rotatorenmanschettenruptur

Die präoperativen Ausgangswerte bzw. Bewegungsgrade zum Zeitpunkt des Follow-ups werden nicht näher benannt. Hinsichtlich der klinischen Scores zeigte sich ebenfalls eine signifikante Verbesserung von 23,5 Punkten präoperativ auf 92,9 Punkte im ASES Score. Der acromiohumerale Abstand konnte von 4,6 ± 2,2 mm präoperativ auf 8,7 ± 2,6 mm signifikant gesteigert werden. Operationsbedingte Komplikationen wie Infektionen, Nervenschädigungen oder Ähnliches zeigten sich nicht, und auch Komplikationen an der Entnahmestelle traten nicht auf. In den MR-tomografischen Nachuntersuchungen zeigte sich ein intaktes Graft in 20 Fällen (83,3 %). Bei 3 Patienten (12,5 %) konnte eine Reruptur mit schwerer fettiger Degeneration der mitrekonstruierten Infraspinatussehne bzw. des Muskels beobachtet werden. In einem Fall (4,2 %) kam es zu einer Ruptur des Grafts 3 Monate postoperativ, was klinisch auch zu einem schlechteren Resultat führte.

Die Autoren schlussfolgerten, dass die superiore Kapselrekonstruktion eine zuverlässige Technik und gute Alternative in der Behandlung der irreparablen posterosuperioren Rotatorenmanschettenruptur ist [10]. Pennington et al. stellten kürzlich ihre Ergebnisse zur superioren Kapselrekonstruktion mit der Verwendung eines dermalen Allografts vor [16]. 56 Patienten (57 Schultern) im Alter von 42–67 wurden über einen Zeitraum von 1–2 Jahren nachuntersucht. Hinsichtlich der klinischen Ergebnisse zeigte sich eine signifikante Verbesserung in Bewegungsausmaß, Kraftgrad und in allen erhobenen Funktionsscores. Radiologisch zeigte sich eine signifikante Steigerung des acromiohumeralen Abstands, welche über den Nachuntersuchungszeitraum konstant blieb. In einem Fall war das Verfahren gescheitert, sodass die Indikation zur inversen Schulter-Endoprothese gestellt wurde [16].

Langzeitergebnisse liegen in der aktuellen Literatur bisher nicht vor und bleiben abzuwarten. Die bisherigen Ergebnisse unserer Technik zur SCR sind ebenfalls sehr zufriedenstellend und werden weiterhin nachuntersucht. Abbildung 7 zeigt die MR-Tomografie eines Patienten, der in oben ausgeführter Technik die superiore Kapselrekonstruktion erhalten hat, präoperativ (Abb. 7a) und 6 Monate nach der Operation (Abb. 7b).

Zusammenfassung

Die superiore Kapselrekonstruktion eignet sich zur Versorgung irreparabler posterosuperiorer Rotatorenmanschettenrupturen und stellt eine innovative Behandlungsalternative mit guten klinischen und radiologischen Ergebnissen im Kurzzeitverlauf dar. Durch die Wiederherstellung der Integrität der Gelenkkapsel soll einer progressiven Kranialisierung des Humeruskopfs entgegengewirkt und die vertikale Stabilität des Glenohumeralgelenks wiederhergestellt werden. Durch die Verwendung eines Allografts aus extrazellulärer dermaler Matrix lässt sich die Entnahmemorbität verhindern und zu einer höheren Patientenakzeptanz führen. Es besteht ein Bedarf an prospektiv angelegten Studien, die neben den klinischen Ergebnissen auch biologische Faktoren untersuchen, z.B. inwiefern das Graft am glenoidalen bzw. humeralen Footprint einheilt und mit dem nativen Rotatorenmanschetten- bzw. Intervallgewebe und der Gelenkkapsel verwächst. Ob einer Dezentrierung des Humeruskopfs langfristig entgegengewirkt werden kann, bleibt abzuwarten.

Interessenkonflikt: P. Moroder und M Scheibel sind als Berater/Instruktor/Produktentwickler für Arthrex Inc. tätig.

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. Markus Scheibel

Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie

Charité-Universitätsmedizin Berlin

Augustenburger Platz , 13353 Berlin

markus.scheibel@charite.de

Literatur

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