Informationen aus der Gesellschaft - OUP 06/2012

Behandlungsoptionen und Perspektiven
60. Jahrestagung in Baden-Baden bot zahlreiche Lösungsansätze für Klinik und Praxis

Die Therapiestrategien bei periprothetischen Infektionen fasste Prof. Dr. Andrea Meurer, Frankfurt/Main, zusammen. Erforderlich sei dabei zunächst ein kombiniertes chirurgisch-konservatives Vorgehen. Der Prothesenerhalt, ein einzeitiger oder zweizeitiger Prothesenwechsel seien von der Zeitdauer, dem Erreger und verschiedenen Patientenfaktoren abhängig. Meurer empfiehlt zudem eine systematische Antibiotikatherapie, begleitend für alle Verfahren. Man könne auch sein eigenes Antibiotikamittel individuell zusammenstellen, betonte sie. „Aber denken Sie an die Aufklärung des Patienten, wenn Sie ein Medizinprodukt verändern.“

Blieb nur noch die Frage zu klären, ob man beim Wechsel nach einem Infekt einzeitig oder zweizeitig vorgehen sollte. Über diese spannende Frage entstand eine lebhafte Diskussion im Auditorium. Für die Referenten war die Antwort relativ klar: Die einen empfehlen, dass der einzeitige Wechsel bei infizierten Knieteilendoprothesen Standard werden sollte (Dr. Jean-Yves Jenny, Straßburg), die anderen begründen dieses Votum mit der deutlich höheren Infektionsrate von mehr als 90 Prozent bei zweizeitigem Vorgehen (Dr. Heiko Spank, Greifswald).

Dass die Situation nicht besser wird, je größer das Implantat ist, zeigten Dr. Peter Herrmann, Ludwigshafen, und Prof. Dr. Rudolf Ascherl, Chemnitz, in Vorträgen zur Infektion von Megaimplantaten von Knie- und Hüfttotalprothesen. „Die Revisionszahlen werden hier immer größer“, lautet ihr Fazit.

Fallvorstellungen Hüfte und Schulter: Risikopatienten
intensiv kontrollieren

Wie beliebt und praxisnah die Fallvorstellungen beim VSOU-Kongress sind, zeigte sich auch in diesem Jahr. Der Seminarraum war restlos gefüllt, viele Teilnehmer hatten nur noch Stehplätze bekommen.

Den Anfang machten die „Fallvorstellungen schwierige Hüfte“, moderiert von Prof. Dr. Werner Siebert, Kassel. PD Dr. Hans Gollwitzer, München, zeigte einen Fall einer weiblichen Patientin mit Juveniler Arthritis, fünf Jahre nach Implantation und beschwerdefrei. Was sei zu tun? Getan wurde gar nichts, aufgrund fehlender Auffälligkeiten. Die Rechnung kam drei Jahre später in Form eines großen Beckendefekts und dem Revidieren des Implantats. Gollwitzer wollte mit seinem Fall vor allem auf den Wert der Laboruntersuchung hinweisen. „Zwar sieht man nicht immer sofort, ob ein Wechsel in Betracht gezogen werden sollte, aber zumindest könnten die Werte einen dazu veranlassen, engmaschiger zu beobachten“, sagte Gollwitzer.

Seine „Take-Home-Message“: Bei Patienten mit niedrigem Risiko reicht die Standardkontrolle. Aber bei Risikopatienten empfiehlt sich die zusätzliche Ionenspiegelbestimmung, Sono und MRT.

Die Diskussion eines Falls von Dr. Holger Haas, Bonn, zeigte zwei völlig unterschiedliche Sachlagen im Röntgenbild des Patienten liegend und stehend. „Achten Sie vor allem bei Patienten mit entsprechender Rückenproblematik darauf, dass er beim Röntgen steht“, lautete der Tipp von Haas.

Hohes Alter ist keine Kontraindikation

Den Vorsitz bei den Fallvorstellungen schwierige Schulter hatte Dr. Sepp Braun, Freiburg, übernommen. Referenten und Teilnehmer tauschten klinische Erfahrungen anhand nicht ganz alltäglicher Fälle aus. So zeigte etwa PD Dr. Jens Agneskirchner, Hannover, dass trotz des Alters von 72 Jahren eines Patienten die anatomische Wiederherstellung nach einem Rotationsmanschettenriss das Ziel der Behandlung sein kann. Trotzdem betonte auch Agneskirchner: „Eine gute Partialrekonstruktion ist besser als eine schlechte (vermeintliche) anatomische Rekonstruktion.“

Assistentenprogramm:
Nachwuchs im Fokus

Das VSOU-Engagement für die Weiterbildung kommt an: Sehr gut angenommen wurde das vielfältige Programmangebot für die Weiterbildungsassistenten. Ergänzt wurde der Vortragsteil durch das Trainieren am Modell. Das zeigte sich bei der Veranstaltung „Update Knietrauma“. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Angele, Regensburg, und Dr. Dirk Holsten, Koblenz, lockten die Themen rund um Knorpelverletzungen und Kreuzbandriss zahlreiche Assistenz-, aber auch gestandene Fachärzte. „Knorpel ist wertvoller als Gold“, unterstrich Angele. Der Grund: Knorpel kann sich nicht selbst regenerieren. Einen Knorpelschaden verglich er mit einem Fußabdruck. Der Schaden liefere direkte Informationen über die Belastung. Als weitere Themen standen die Meniskus-Resektion und ihre Folgen, der Meniskusersatz sowie Kreuzbandverletzungen im Fokus.

OP-Trainingskurse

Auf große Resonanz stießen auch die OP-Trainingskurse. Hier konnten Assistenzärzte unter Anleitung von erfahrenen Operateuren am Modell üben. Beim OP-Trainingskurs „Knieendoprothetik“ zeigte Prof. Dr. Carsten O. Tibesku, Straubing, nach einer theoretischen Einführung das praktische Vorgehen. Ziel sei, den Assistenten das handwerkliche Können zu vermitteln, sagte er. Die meisten der Kursteilnehmer hatten zuvor nur ein- oder zweimal bei einer OP zuschauen dürfen.

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