Übersichtsarbeiten - OUP 01/2015

Chronische Sprunggelenkbeschwerden bei Fußballern: Soccer’s ankle
LiteraturreviewReview of the literature

Als Hauptursache überhaupt für ein ventrales OSG-Impingement sah O’Donoghue die hohe sportliche Belastung, als er Röntgenbilder von 120 Sprunggelenken von Sportlern mit den radiologischen Befunden bei 120 Sprunggelenken von Nicht-Sportlern verglich. Bei den Sportlern fand er in 45 % der Fälle ein knöchernes ventrales Impingement (mit zu 27,5 % gleichzeitiger Beteiligung des Talus und der Tibia) während dies bei den Nicht-Sportlern in nur 16 % (und nur zu 3 % an beiden Lokalisationen nachweisbaren Osteophyten) der Fall war [19].

Epidemiologie

Grade bei Fußballern wurde schon gezeigt, dass die entsprechenden pathologischen Veränderungen als typisch anzusehen sind und bei Berufsspielern wiederum öfters vorkommen als bei Amateurfußballern [7]. Bereits bei 16- bis 18-jährigen Fußballspielern sind diese häufiger zu finden als insgesamt bei anderen Sportarten [7]. Bei über 25-Jährigen und einer mehr als 4-jährigen Belastung durch regelmäßiges Fußballspielen gelten die beschriebenen Veränderungen als charakteristisch [4, 8, 9]. Crasselt berichtet sogar bei Fußballern mit einer mehr als 15 Jahre währenden aktiven Fußballkarriere über eine Inzidenz von bis zu 95 % [7]. Das kennzeichnende Vorkommen eines ventralen OSG-Impingement bei Fußballern ließ sich in einer weiteren Arbeit zeigen, als radiologisch ein solches bei 63 % von 570 Fußballern nachgewiesen wurde, während dies bei nur 35 % von 400 Nicht-Sportlern anzutreffen war [10]. Eine ähnlich auffällige Korrelation stellte Massada bei 88 Fußballern fest [11]. Auch Attmanspacher et al. berichteten bei mehrjährig aktiven Fußballern über ein ventrales OSG-Impingement mit vor allem einer auffallend ausgeprägten ossären Komponente [2]. Krüger-Franke et al. konnten aus einem Kollektiv von 24 langjährig sportlich aktiven Patienten mit nachgewiesenen Tibiavorderkanten osteophyten 15 Fußballer ausmachen [12], Dijk et al. aus 62 Patienten mit ventralem OSG-Impingement 24 Fußballer mit mehr als 5-jähriger Ausübung des Sports [9]. Vincelette et al. untersuchten 59 Fußballer zwischen 19 und 30 Jahren (Durchschnittsalter 23 Jahre) sowie einer im Durchschnitt 9,5 Jahre langen Fußballkarriere im Verein und verglichen die radiologischen Befunde mit einer Kontrollgruppe aus 50 Personen mit demselben Durchschnittsalter. Sie sahen bei 90 % der Fußballer eindeutige pathologische Veränderungen (hierunter fallen jedoch nicht nur Osteophyten, sondern auch sonstige arthrotische Veränderungen und Ossikel oder Verkalkungen), während dies in der Kontrollgruppe in nur 4 % der Fall war [13].

Symptome und Klinik

Neben meistens belastungsabhängigen Schmerzen, die vorwiegend im Bereich der vorderen Kapsel lokalisiert werden und durch forcierte Dorsalextension provoziert werden können, auftretenden Druckdolenzen im Bereich des ventralen Kapselbandapparats und/oder einer möglichen chronischen lokalisierten oder generalisierten Schwellneigung, zeigt sich im Seitenvergleich oft eines der Hauptsymptome, ein schmerzhaftes Dorsalextensionsdefizit [2, 17, 19, 21, 23, 26, 27, 28]. Dieses sahen auch Attmanspacher et al., als sie 27 Fußballergelenke untersuchten und im Seitenvergleich am betroffenen Sprunggelenk eine im Durchschnitt um 15° Grad reduzierte Beweglichkeit in der Dorsalextension feststellten [2]. Gaulrapp und Bernett stellten in 15 von 49 Fällen eine Beweglichkeitseinschränkung fest [21]. Druckdolenzen waren im Patientengut von Attmanspacher et al. am häufigsten im Bereich der Tibiavorderkante (27-mal), am Talushals (13-mal) und anterolateral vor dem Außenknöchel (17-mal) zu lokalisieren [2].

Zusätzlich vor allem zu einer Beweglichkeitseinschränkung, stellten Imhof und Biedert bei Patienten mit einem ventralen knöchernen Impingement auch Blockaden im Sprunggelenk fest [18, 29, 30].

Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnostisch sollte neben den unten erwähnten Zusatzbefunden (Verkalkungen an verschiedenen Lokalisationen, freie Gelenkkörper, Osteochondrosis dissecans Herde, Knorpelschäden, Synovitis), die jeweils isoliert zu ähnlichen Beschwerden führen können, ebenso an seltene Differenzialdiagnosen wie Ermüdungsbrüche, Reizzustände der Extensorenretinaculae und Tendinitiden der Extensorensehnen gedacht werden [18].

Bildgebung

Laut Gaulrapp und Bernett ist das Fußballergelenk zunächst eine radiologische Diagnose. Sie weisen aber auch darauf hin, dass Röntgenbilder nicht überbewertet werden sollten, da Patienten mit klinischem Impingement nicht immer radiologische Zeichen aufweisen [19, 21]. Im umgekehrten Fall stellte O’Donoghue zum Beispiel bei 54 von 120 Sportler-Sprunggelenken entsprechende radiologische Auffälligkeiten fest, nur 11 % davon gaben aber Symptome an [19].

Dennoch lassen sich bereits auf den konventionellen Röntgenaufnahmen des Sprunggelenks in 2 Ebenen die oben beschriebenen Osteophyten an der ventralen Tibia und/oder am vorderen Talushals finden. In ihrem Patientenkollektiv aus 40 Fußballern, die primär aufgrund einer Instabilität nach OSG-Verletzung behandelt wurden, fanden sie in 35 Fällen Osteophyten tibial und 26-mal am Talushals [21]. Da bei Patienten mit einem ossären anteromedialen Impingement die konventionellen Röntgenaufnahmen laut Tol und van Dijk oft falsch negativ sind, empfehlen sie bei diesen Patienten noch die Anfertigung einer schrägen Aufnahme [28, 31]. Dabei wird der Röntgenstrahl in 45° von kraniokaudal auf das plantarflektierte und um 30° außenrotierte Sprunggelenk gerichtet. Durch Ergänzung einer solchen schrägen Aufnahme zur üblichen seitlichen Aufnahme konnte deren Sensitivität zur Entdeckung ventraler tibialer und talarer Osteophyten von 40 % und 32 % auf 85 % und 73 % gesteigert werden [28, 31].

Viele Autoren beschreiben begleitend weitere Veränderungen wie z.B. Verkalkungen im Ansatzbereich des Lig. tibiotalare anterius und/oder in der Pars tibionavicularis des Lig. deltoideum [20]. Auch sind weitere Lokalisationen im Außen- und Innenbandapparat möglich, diese sind jedoch für den soccer’s ankle allein nicht kennzeichnend, da sie auch bei Sportlern anderer Disziplinen beschrieben sind [16].

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