Übersichtsarbeiten - OUP 12/2017

Das Wesen der Osteomyelitis – die „duale Entität“*
Vorschlag für eine alternative Klassifikation der OsteomyelitisProposal for an alternative classification of osteomyelitis

Andreas HH Tiemann1, Veit Krenn2

Zusammenfassung: Die zielfokussierte und stringente Therapie muskuloskelettaler Infektionen (MSI) zwingt, speziell mit Blick auf die auszuwählende Therapieform, zu einer differenzierten Betrachtung dieser Entität. Einzig die Klassifikation einer Entität anhand von objektivierbaren Kriterien kann die Basis für einen klar strukturierten Algorithmus bei Auswahl und Anwendung der zur Verfügung stehenden therapeutischen Methoden sein. Für MSI sind dies Antibiotika und chirurgisches Debridement.

Die Charakterisierung MSI basiert zurzeit auf den Kriterien 1. Laufzeit der Infektion, 2. Akuität nach histopathologischen Kriterien (HOES-Klassifikation), 3. Infektionsweg, 4. Bildung von Biofilmen sowie 5. Keimtypisierung. Die Kriterien 1 und 3 sind nachvollziehbar mit einer hohen Fehlerrate behaftet, das Kriterium 4 ist auch heute noch mit systemimmanenten Problemen behaftet.

Einzig die Kriterien 2 und 5 erfüllen zurzeit die Voraussetzungen einer objektiven Beschreibung der vorliegenden Erkrankung. Mit Blick auf die spezifischen, objektivierbaren histopathologischen Veränderungen, welche die Keiminokulation an Knochen und Weichgewebe hervorruft, scheint eine alternative Klassifikation möglich, welche die bisherige um weitere, objektivierbare, therapierelevante Kriterien ergänzt („duale Entität“).

Dieser Artikel führt, basierend auf aktuellen histomorphologischen Erkenntnissen, zu einem Modell für eine „neue“ Betrachtung MSI.

Schlüsselwörter: muskuloskelettaler Infekt, Klassifikation,
duale Entität, Nekroserate

Zitierweise
Tiemann AHH, Krenn V: Das Wesen der Osteomyelitis: die duale Entität. Vorschlag für eine alternative Klassifikation der Osteomyelitis.
OUP 2017; 12: 596–600 DOI 10.3238/oup.2017.0596–0600

Summary: The successful treatment and the precise diagnosis of osteomyelitis is still a challenging problem for surgery, microbiology and histopathology. A direct microbiological detection of bacteria by cultivation and molecular methods in combination with histopathology is still gold standard, but it is not always successful, especially in cases of chronic osteomyelitis and or when an antibiotic treatment has already been started before surgical therapy. The Histopathological Evaluation Score (HOES) is a scoring system based on defined criteria leading to 5 diagnostic categories: 1. Signs of an acute osteomyelitis, 2. Signs of a chronically florid (that is to say active) osteomyelitis, 3. Signs of a chronic osteomyelitis, 4. Signs of a subsided (calmed) osteomyelitis and 5. No indication of osteomyelitis. Since this scoring system does not include the type of bacteria species, the probability of biofilm formation and not the quantification of tissue necrosis, an extension of this classification is proposed, which reflects the dual nature of osteomyelitis. The “dual nature” or “dual entity” of osteomyelitis is defined in this context according to the presence or absence of bone necrosis since tissue necrosis being the most relevant factor for surgical or non-surgical therapy. In the extended HOES-score following new criteria are included: Biogenesis of biofilms, time span of infection, state for biofilm-maturity and degree of necrosis, which is evaluated semi-quantitatively ranging from smaller than 1 % to more than 30 % of the bone necrosis area, ranging from grade I to grade IV. This new concept could give a rational basis for the treatment of the entire spectrum of osteomyelitis varying from acute osteomyelitis to chronic osteomyelitis.

Keywords: musculoskeletal Infection, osteomyelitis-classification, dual entity, necrosis

Citation
Tiemann AHH, Krenn V: Dual nature of osteomyelitis. Proposal for
an alternative classification of osteomyelitis.
OUP 2017; 12: 596–600 DOI 10.3238/oup.2017.0596–0600

Einleitung

Muskuloskelettale Infektionen und speziell die Osteomyelitis stellen unverändert eine der großen Herausforderungen auf dem Gebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie dar [16].

Die Infektberuhigung, besser noch die Infekteradikation, ist die oberste Prämisse im Streben nach dem Erhalt von Struktur und Funktion des betroffenen Knochenareals. Dieses Ziel ist nur durch ein frühestmögliches, konsequentes und fokussiertes Vorgehen zu erreichen. Sowohl bei der Diagnostik als auch bei der Therapie spielt die Interdisziplinarität mit einem multimodalen Vorgehen eine wesentliche Rolle (bildgebende Verfahren, Mikrobiologie, Histopathologie, Unfallchirurgie/Orthopädie) [16].

Grundlage für die bestmögliche Therapie ist die präzise Charakterisierung der Erkrankung. Dabei sollen die wesentlichen, therapierelevanten Merkmale erfasst und analysiert werden, damit die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt gewählt wird. In diesem Kontext ist es relevant, Osteomyelitis als sog. duale Entität zu betrachten und den Einfluss dieser Sichtweise auf die zu wählende Therapie (-kombination) zu erkennen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird in diesem Manuskript der Vorschlag für eine alternative, therapiefokussierte Scorierung der Osteomyelitis vorgestellt.

Das Wesen muskulo-
skelettaler Infektionen

Die Behandlung der Osteomyelitis basiert auch heute auf folgender „therapeutischer Trias“ [16]:

  • 1. chirurgische Herdsanierung
  • 2. additive Maßnahmen: Antibiotikagabe (systemisch, gegebenenfalls lokal)
  • 3. supportive, fakultative Maßnahmen: Zum Beispiel Applikation von Spurenelementen und Anderes.

Es gilt als unstrittig, dass bei der Therapieplanung immer sowohl das betroffene Knochenareal als auch die umgebenden Weichteile betrachtet werden müssen [5].

Erfolg oder Fehlschlag bei der Behandlung hängen signifikant von der „Durchschlagskraft“ der Therapie ab, oder in anderen Worten von der Frage, wie und in welchem Ausmaß die gewählte Therapie am Erfolgsorgan (dem entzündlich veränderten Knochenareal mit seinen umgebenden Weichteilen) wirkt. Mit Blick auf die chirurgische Herdsanierung bedeutet dies die komplette Resektion des befallenen Gewebes [2].

Die operative Therapie ist also abhängig von der präoperativen bildgebenden Planimetrie, ihrer „Übersetzung“ in den intraoperativen Situs und dem sich daraus ergebenden chirurgischen Vorgehen.

Die antibiotische Behandlung hängt ab von der Anflutung des korrekten Wirkstoffs in ausreichender Konzentration und Dauer im befallenen Gewebsareal (sowohl Knochen als auch Weichgewebe). Speziell diese Faktoren werden durch 2 Charakteristika muskuloskelettaler Infektionen signifikant beeinflusst:

  • die Biofilmbildung
  • die muskuloskelettalen Infektionen als duale Entität

Biofilm

Ursprünglich in meeresbiologischen Studien entdeckt, ist das Phänomen der Biofilmbildung durch Erreger, welche muskuloskelettale Infektionen hervorrufen können, seit langem bekannt [3, 4]. Die Biofilmbildung führt dazu, dass diese Erreger durch die im Rahmen der Infektions-Behandlung applizierte Antibiotika nur unzureichend, schlimmstenfalls gar nicht erreicht werden können. Aktuelle Arbeiten belegen beispielsweise, dass posttraumatisch applizierte Antibiotika nach einem Zeitintervall von 12–24 Stunden inzwischen metabolisch inaktiv gewordene Bakterien in einem Biofilm nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erreichen [13]. Demnach ist die frühestmögliche Applikation von Antibiotika – möglichst innerhalb eines Zeitraums von 12–24 Stunden – extrem wichtig [9, 17]. Es entsteht also in vivo eine hohe Resistenz gegenüber den eingesetzten Chemotherapeutika. Dieses kann zur Chronifizierung der Erkrankung führen [11]. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis, welche auch heute noch als häufigste Erreger muskuloskelettaler Infektionen gelten, diese Fähigkeit besitzen [11]. Die Überwindung dieser Barriere steht im Zentrum der aktuellen Forschung. Hierbei spielt die Entwicklung moderner antimikrobieller Ansätze eine Rolle, ebenso wie neue, infektresistente Biomaterialien [1].

Die Häufigkeit von Biofilmen bei Infektionen in der Orthopädie und Unfallchirurgie kann, basierend auf der aktuellen Literatur, nicht sicher eingeschätzt werden [13].

Der Nachweis von Biofilmen in vivo ist mit herkömmlichen Methoden (mikrobiologische Untersuchung mithilfe einer Agarplatte) nicht möglich. Moderne Verfahren, wie der PCR-Test (Polymerase chain reaction test) können bakterielle DNA nachweisen und ermöglichen auch bei bereits laufender Antibiotikatherapie eine Keimidentifikation [13]. Eine Differenzierung zwischen vitalen und avitalen Erregern oder regulärer Hautflora ist nicht möglich [13].

Ein vielversprechender neuer Ansatz ist die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH). Arbeiten von Palmer konnten zeigen, dass mit dieser Methode neben kulturell nicht nachweisbaren Erregern auch eine Einschätzung über ihre Mengenverteilung, ihre Vitalität und ihre Lokalisation in situ möglich ist [10, 12].

Der muskuloskelettalen
Infekt als duale Entität

Die Interaktion der infektverursachenden Erreger, allen voran Staphylokokken, mit dem Zielorgan der muskuloskelettalen Infektionen (Knochengewebe und umgebendes Weichgewebe) ist für das Verständnis der Erkrankung und die sich daraus ergebenden Vorgaben für ihre Erkrankung ebenso wichtig wie ihre oben angesprochene Fähigkeit zur Biofilmbildung. Über eine Vielzahl von biomechanischen Mechanismen führt der Erregerkontakt am Knochen und dem umgebenden Weichgewebe zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten lokalen Entzündungsreaktion („-itis“), gleichzeitig kommt es zu einer Zerstörung der Knochenmatrix und der Hawers’schen Kanäle. Dieses führt zu einer progredienten Knochennekrose, die in der Bildung ausgedehnter avitaler Knochenareale sowie Sequester münden kann (Osteonekrose) [7, 8]. In Analogie zu den keiminduzierten morphologischen Veränderungen am Knochen treten diese auch an den Weichgeweben auf [6].

Weil regelhaft bei der histopathologischen Analyse muskuloskelettaler Infektionen das Nebeneinander von entzündlichen Veränderungen mit vitalem (Knochen-) Gewebe einerseits und andererseits avitale Gewebsareale sowohl in den Weichteilen als auch am Knochen nachweisbar ist, schlagen wir vor, die muskuloskelettalen Infektionen zukünftig als eine duale Entität zu definieren. Dabei spielt neben dem oben beschriebenen Nebeneinander von Entzündung und Nekrose der Nekrosegrad im Sinne des Nekrose-Anteils eine entscheidende Rolle. Insofern ist es sinnvoll, die Unterteilung im Sinne einer nekrotischen versus non-nekrotischen-Osteomyelitis weiterzuführen. Wesentlich ist es in diesem Kontext zu bemerken, dass histopathologische Diagnosen mit Aussagen zu Quantitäten von pathologischen Veränderungen eine Repräsentativität des Materials voraussetzten, somit sollte genügend Material aus unterschiedlichen Lokalisationen zur histopathologischen Begutachtung vorliegen.

Klassifikationskriterien der HOES-Klassifikation

Mit dem Ziel einer standardisierten Betrachtung der histopathologischen Aufarbeitung im Rahmen der Diagnostik bei muskuloskelettalen Infektionen, speziell mit Blick auf das Vorkommen und die Intensität von nekrotischen Veränderungen, wurde durch Tiemann und Krenn im Jahr 2014 der „histopathological osteomyelitis evaluation score“ (HOES) entwickelt [14].

Die zentralen Klassifikationskriterien der HOES-Klassifikation basieren auf einer Diagnostik von nekrotischen und nicht-nekrotischen Gewebeveränderungen. Die ersten beiden histopathologischen Klassifikationskriterien, A1 (Osteo-necrosis) und A2 (soft tissue-necrosis) bewerten in einer für die histopathologische Diagnostik üblichen semiquantitativen, abgestuften Weise (nicht vorhanden, leichtgradig, mäßiggradig und schwergradig) die Nekrosen-Ausbildung in Knochengewebe und in fibrösen Geweben (Abb. 1, 2).

Es wird empfohlen, im histopathologischen Befund auch einen Flächenanteil/den relativen Flächenanteil dieser Nekrosenbildung zu bewerten und als Prozentsatz anzugeben. Das Kriterium A3 bezieht sich auf den Anteil von neutrophilen Granulozyten, welcher zumeist Ausdruck einer Keimpräsenz, aber auch Ausdruck einer frischen Nekrosenbildung ist. Die Kriterien C1 (Bone neogenesis/fibrosis) und C2 (Lymphocyte/macrophage infiltrate) bewerten reparative Umbauvorgänge und entzündliche Infiltrationen ohne Nachweis von nekrotischen Gewebsabschnitten. Zu fordern wäre, dass auf Basis dieser HOES-Klassifikation die therapeutische Konsequenz erwächst, ob durch das Vorliegen von Nekrosen eine chirurgische Therapie erforderlich ist und durch das Vorliegen von nicht nekrotischen, reparativen Gewebeveränderungen eine antibiotische und somit nicht chirurgische Therapie. Kritisch ist für die Aussagekraft von histopathologischen Diagnosen die Repräsentativität von Gewebeproben, insbesondere bei heterogen ausgebildeten Läsionen, wie beispielsweise bei Osteomyelitiden. Somit sollten die Proben aus unterschiedlichen Lokalisationen entnommen werden, im Idealfall unter Berücksichtigung der bildgebenden Befunde; ein Prinzip, welches beispielsweise für die Tumordiagnostik einen notwendigen Qualitätsstandard darstellt.

Dualität von Osteomyelitiden

Bereits im Jahr 2004 wiesen Lazzarini und Mitarbeiter darauf hin, dass diese Dualität und speziell die Nekrosebildung neben der oben bereits angesprochenen Fähigkeit zur Biofilmbildung eine weitere Ursache für die Limitierung antimikrobieller Therapien in der Behandlung muskuloskelettaler Infektionen darstellt [7].

Die Kenntnis um das oben dargestellte Wesen muskuloskelettaler Infektionen (duale Entität) und die Problematik der Biofilmbildung könnte zu einem innovativen Ansatz in der Planung und Durchführung der antimikrobiellen Therapie führen. Dazu notwendig wäre die Beantwortung folgender Fragen:

Unter welchen Voraussetzungen ist die ausschließlich antimikrobielle Therapie muskuloskelettaler Infektionen mit Blick auf die duale Entität einerseits und die Biofilmbildung andererseits möglich?

Welche Rolle spielt dabei das Ausmaß der Knochen- und Weichteilnekrosen?

Ist das Ausmaß der Knochen- und Weichteilnekrosen mit Blick auf die antimikrobielle Therapie quantifizierbar?

Unter welchen Voraussetzungen ist die ausschließliche antimikrobielle Therapie muskuloskelettaler Infektionen mit Blick auf die duale Entität einerseits und die Biofilmbildung andererseits unmöglich?

Ist eine Beurteilung anhand des Ausmaßes der Knochen- und Weichteilnekrosen möglich?

Ist das Ausmaß der Knochen- und Weichteilnekrosen auch in diesem Fall quantifizierbar?

Aus histopathologischer Sicht wären auf Basis der HOES-Klassifikation folgende therapeutische Konsequenzen zu fordern: Der histopathologische Nachweis von Nekrosen erfordert eine chirurgische Therapie; der histopathologische Nachweis von nicht-nekrotischen, reparativen Gewebeveränderungen eine antibiotische und somit nicht chirurgische Therapie. Zur Untermauerung und Sicherung dieser Entscheidung wird in der HOES-Klassifikation der relative Flächenanteil der Nekrosen angegeben.

Die Beantwortung dieser Fragen würde einen entscheidenden weiteren Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Behandlung muskuloskelettalen Infektionen darstellen. Die Behandlungsqualität, die Patientensicherheit und ebenso die Lebensqualität der Betroffenen könnten weiter verbessert werden. Die Charakterisierung der Erkrankung könnte anhand dieser Kriterien möglicherweise präziser und Therapie-fokussierter vorgenommen werden

Einteilung des MSI

Die oben dargestellten Umstände machen eine differenzierte, aktualisierte Betrachtung der MSI notwendig, basierend auf objektivierbaren Parametern. Bisher wird der MSI anhand folgender Kriterien charakterisiert [15]:

Laufzeit: Unterschieden wird der Früh- vom Spätinfekt. Die Grenze zwischen diesen Infekt-Typen wird in der Literatur unterschiedlich gezogen. Für den Frühinfekt werden Zeiträume von 2–8 Wochen genannt. Diese Angaben sind arbiträr. Untersuchungen zur der Frage, ab wann aus einem Früh- ein Spätinfekt wird und anhand welcher Kriterien sich dies erklärt, fehlen.

Akuität: Einteilung anhand objektiver histopathologischer Kriterien in

akute

chronische und

Low-grade-Infektionen.

Eintrittspforte: Einteilung anhand des Verbreitungsmusters in

endogene (hämatogene)

exogene Infektionen.

Biofilm: Einteilung anhand des Reifegrades des Biofilms in

Infektionen mit unreifen

Infektionen mit reifen Biofilmen.

In der Literatur wird die Grenze zwischen unreifen und reifen Biofilmen heute nach einem Zeitraum von etwa 4 Wochen gezogen. Dieses ist mit Blick auf die Behandelbarkeit der MSI insofern von Belang, als dass unreife Biofilme durch Antibiotika leichter zu durchdringen sind als die reifen.

Mit Blick auf die Behandelbarkeit MSI könnte, basierend auf den oben dargestellten Erkenntnissen und der Beantwortung der beschriebenen Fragen, zukünftig die Einteilung anhand der Biofilmbildung und der nachweisbaren Nekroserate sinnvoll sein. Diese Einteilung würde sich dadurch auszeichnen, dass aus ihr, besser als anhand der aktuellen Systeme, direkt Konsequenzen für die Therapie abzuleiten sind.

Eine alternative Definition der Osteomyelitis (OM) könnte, basierend auf

dem Keimtyp

der anzunehmenden Infektdauer

der Biofilmbildung

der Nekroserate

vorgenommen werden wie in Tabelle 1 dargestellt.

Zusammenfassung

Es kann festgehalten werden, dass durch die HOES-Klassifikation die Dualität der Osteomyelitis berücksichtigt wird: Der histopathologische Nachweis von Nekrosen erfordert eine chirurgische Therapie, der histopathologische Nachweis von nicht-nekrotischen, reparativen Gewebsveränderungen eine antibiotische und somit nicht chirurgische Therapie. Die HOES-Klassifikation beinhaltet auch die Bewertung des Flächenanteils der Nekrosen. Korrelative Studien von klinischen und vor allem mikrobiologischen Daten könnten die Grundlage geben, ob die Bewertung der dualen Natur der Osteomyelitis zu einer optimierten Therapie führt. Die hier dargestellte Klassifikation der Osteomyelitis könnte einen entscheidenden Schritt zur Steigerung der Behandlungsqualität der Osteomyelitis beitragen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Professor Dr. med.
Andreas Heinrich Hugo Tiemann

Muskuloskelettales Zentrum
am SRH Klinikum Suhl

Albert Schweitzer Straße 2

98527 Suhl

andreas.tiemann@srh.de

Literatur

1. Arciola CR, Montanaro L, Costerton JW: New trends in diagnosis and control strategies for implant infections. Int J Artif Organs 2011; 34: 727–36

2. Bühler M, Engelhardt M, Schmidt HGK: Septische postoperative Komplikationen, Atlas für Unfallchirurgen und Orthopäden. Berlin: Springer Verlag 2003

3. Costerton JW et al.: Bacterial biofilms in nature and disease. Annual review of microbiology. 1987; 41: 435–64

4. Costerton JW, Stewart PS, Greenberg EP: Bacterial biofilms: a common cause of persistent infections. Science 1999 284: 1318–22

5. Hendrich C, Frommelt L, Eulert J: Septische Knochen- und Gelenkchirurgie. Berlin: Srpnger, 2004

6. Illgner U, Krenn V, Osada N, Bause L: Histopathology and microbiology of joint infections: extension of diagnostic safety in patients with chronic polyarthritis]. Z Rheumatol. 2013; 72: 709–13

7. Lazzarini L, Mader JT, Calhoun JH: Osteomyelitis in long bones. J Bone Joint Surg. Am. 2004; 86-A: 2305–18

8. Lew DP, Waldvogel FA: Osteomyelitis. Lancet. 2004; 364: 369–79

9. Marques C et al.: Effects of antibiotics on biofilm and unattached cells of a clinical staphylococcus aureus isolate from bone and joint infection. J Med Microbiol 2015; 64: 1021–26

10. Nisto L et al.: Imaging bacteria and biofilms on hardware and periprosthetic tissue in orthopedic infections. Methods Mol Biol 2014; 1147: 105–26

11. Paharik AE, Horswill A: The Staphylococcal Biofilm: Adhesins, regulation and host response. Microbiol Spectr 2016; 4

12. Petrich A et al.: Fluorescence in situ hybridization for the identification of treponema pallidum in tissue sections. Int J Med Microbiol 2015; 305: 709–18

13. Scheuermann-Poley C et al.: Bedeutung des Biofilms für die Infektbehandlung in der Unfallchirurgie. Update 2017. Unfallchirurg 2017; 120: 461–71

14. Tiemann AHH et al.: Histopathological Osteomyelitis Evaluation Score (HOES) – an approach to histopathological diagnostics and scoring of osteomyelitis GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg DGPW; 2014; Oct 20; 3: Doc08. Doi: 10.325/iprs000049

15. Tiemann AHH, Krenn V: Infektiöse Erkrankungen des Bewegungsapparates in: Krenn V., Rüther W.: Pathologie des Bewegungsapparates, 2. Auflage, De Gruyter 2012: 139–66

16. Tiemann AHH: Muskulo-skelettale Infektionen – Handlungsleitfanden für Diagnostik und Therapie; De Gruyter 2016

17. Wolcott RD et al.: Biofilm maturity studies indicate sharp debridement opens a time-dependent therapeutic window. J Wound Care 2010; 19: 320–28

Fussnoten

*Aus der Sektion Knochen- und Weichteilinfektionen der DGOU

1Klinik für Orthopädie und Traumatologie, SRH Zentralklinikum Suhl

2MVZ-Zentrum für Histologie, Zytologie und Molekulare Diagnostik

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