Originalarbeiten - OUP 02/2012

Der Bad Füssinger Rumpftrainer
The Bad Füssing trunk trainer

M. Dittrich1, G. Eichner1, W. Schnizer2 , W. F. Beyer1

Zusammenfassung: Der Bad Füssinger Rumpftrainer ist ein neuentwickeltes Trainingsgerät zum funktionellen Üben und Trainieren der Rumpfmuskulatur. Es erlaubt mehrdimensionale Bewegungen (Extension/Flexion und Rotation) im thorakolumbalen Bereich des Achsenskeletts, wobei die Bewegungen simultan auf einem PC-Bildschirm dargestellt werden und auch extern dokumentierbar sind. Zudem ermöglicht eine Software, dass definierte Bewegungsaufgaben über den Bildschirm, z. B. im Sinne einer Trainingsmaßnahme, bearbeitet werden können. Einrichtungen wie Messung des Zeitbedarfs und Registrierung von Fehlern in der Durchführung der Aufgaben sind Leistungsparameter, die sich z. B. testmethodisch in die Evaluierung von bewegungstherapeutischen Studien bei Patienten mit Wirbelsäulenbeschwerden einbringen lassen. Zukünftige Studien müssen klären, welche Bedeutung dem Bad Füssinger Rumpftrainer als Trainings- und Diagnosegerät letztlich zukommt.

Schlüsselwörter: chronischer Rückenschmerz, Training der Rumpfmuskulatur, computergestütztes Training

Summary: The Bad Füssing trunk trainer is a newly developed functional training device for exercising and training the trunk muscles. It allows multi-dimensional motion (extension/flexion and rotation) in the thoracolumbar region of the axial skeleton. The movements are simultaneously displayed on a PC screen and can be simultaneously documented externally. The software enables the editing of defined movement tasks such as training parameters via the screen. Facilities such as measuring the time required and registration of errors in performing the tasks are performance parameters that may for example be used in the evaluation of exercise therapy for patients with spinal disorders. Future studies need to clarify the future role of the Bad Füssinger trunk trainer as a training and diagnostic tool.

Keywords: chronic back pain, training the core muscles, computer-based training

Einleitung

In den Behandlungskonzepten für chronische Rückenerkrankungen spielen unter den verschiedenen Formen von Bewegungstherapie und muskulärem Training auch Geräte und apparative Verfahren eine große Rolle. Ein Vorteil solcher Methoden liegt z. B. in dem gut kontrollier- und dosierbaren Krafteinsatz. Allerdings sind bei den meisten Geräten die Bewegungsmuster auf eine Bewegungsebene beschränkt, während alltagsspezifische Bewegungsaktivitäten vor allem in mehrdimensionaler Form stattfinden. Für die Rumpfmuskulatur ist das gerätetechnisch bisher kaum berücksichtigt, ebenfalls was rechnergestützte Trainingsprogramme angeht, die z. B. Bewegungen auf einen PC-Bildschirm übertragen. Der hier vorgestellte Bad Füssinger Rumpftrainer will beiden Gesichtspunkten Rechnung tragen.

Der Rumpftrainer

Der Bad Füssinger Rumpftrainer ist ein Gerät, mit dem sich ein gezieltes und dosiertes Training, z. B. zur Förderung der Koordination, der Kraft und Kraftausdauer der den Rumpf stabilisierenden Muskulatur (Wirbelsäule) durchführen lässt und der nach den bisherigen Erfahrungen weitere Einsatzmöglichkeiten verspricht. Er wurde am Orthopädie-Zentrum Bad Füssing und mit finanzieller Unterstützung durch das Institut zur Förderung von Behandlungsverfahren mit natürlichen Heilmitteln (Bad Füssing) sowie der Stiftung Psychosomatik der Wirbelsäulenerkrankungen (Stuttgart) entwickelt. Er ist bis dato nicht kommerziell verfügbar.

Mit dem Rumpftrainer können im Sitzen vorgenommene Rumpfbewegungen in der Sagittalebene (Flexion und Extension) sowie rotatorische Bewegungen umgesetzt werden. Daraus lassen sich dann auch mehrdimensionale Bewegungsmuster komponieren. Die Bewegungen sind durchweg dynamischer Natur, für statische Krafteinleitung ist das Gerät nicht vorgesehen. Die Oberkörperbewegungen können mithilfe von an den Drehachsen des Geräts angebrachten Sensoren simultan auf einem PC-Bildschirm dargestellt werden. Die Übertragung erfolgt ähnlich dem Joystickprinzip, wobei ein beweglicher Schulterbügel, der den Joystick repräsentiert, von den Bewegungen geführt wird. Zudem ist eine Einrichtung für variable Gewichtswiderstände vorhanden (Abb. 1).

Eine Software erlaubt, vordefinierte Bewegungsaufgaben oder -ziele über den Bildschirm zu bearbeiten, z. B. im Sinne eines Trainings. Die Bewegungsaufgaben verlangen Bewegungen des Oberkörpers und werden mit einem Cursor auf dem Bildschirm visualisiert. Mittlerweile existieren mehrere Programme mit Bewegungsaufgaben mit unterschiedlich strukturierten koordinativen Anforderungen. Einige haben den Charakter einfacher Computerspiele. In den Bewegungsaufgaben kann es z. B. um grob gesteuerte Ausgleichsbewegungen bis hin zu fein geführten und präzisen Bewegungen gehen. Unseren bisherigen Erfahrungen nach besteht bei den Patienten eine hohe Bereitschaft, diese Art computergestützter Bewegungstherapie anzunehmen.

Anwendungsmöglichkeiten

Die Funktionsweise des Rumpftrainers scheint Anwendungen zu erlauben, die über das bloße Training der Rumpfmuskulatur hinausgehen, auch wenn hier ein Einsatzschwerpunkt liegt. Das betrifft z. B. die Frage, ob und inwieweit ein Training über computergestützte mehrdimensionale Bewegungsaufgaben Vorteile verspricht, in Anlehnung an den Umstand, dass gerade die alltäglichen Bewegungsmuster vorwiegend mehrdimensionalen Charakter haben. Von besonderem Interesse dürfte das Ziel sein, die Bewegungskoordination der Rumpfmuskulatur zu verbessern. Eine ganze Reihe von unterschiedlich strukturierten Anforderungen innerhalb des Bewegungsprogramms garantiert gezielten Einsatz und auch Abwechslung in der Trainingsgestaltung. Der diagnostische Charakter in der Nutzung des Rumpftrainers zeigt sich in der Möglichkeit, die Rumpfbewegungen am PC-Bildschirm simultan darzustellen und daraufhin auch extern zu dokumentieren. So können z. B. die Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Bewegungsspielraum, auch etwa ein schmerzfreier Bewegungsspielraum, quantifizierend ermittelt werden. Abbildung 2 zeigt als Beispiel einen normalen und einen vergleichsweise reduzierten Bewegungsspielraum.

Der Rumpftrainer verfügt über Einrichtungen, die ihm die Fähigkeiten eines Messinstruments verleihen. So gibt es für die Durchführung einer Bewegungsaufgabe eine Zeitmessung. Sie stellt ein Maß für die Durchführungsgeschwindigkeit dar. Bei einigen Bewegungsaufgaben lassen sich eventuell auftretende Fehler registrieren. Erfassung des Zeitbedarfs sowie Fehlerregistrierung sind Funktionen, die als objektive Leistungsparameter bzw. Testmethoden bei der Evaluierung von Trainingsstudien herangezogen werden können.

Im Orthopädie-Zentrum Bad Füssing spielt die Patientenklientel mit chronischen Rückenschmerzen zahlenmäßig eine bedeutsame Rolle. In diesem Zusammenhang besteht Interesse auszuloten, in welchem Umfang sich der Rumpftrainer als wissenschaftliches, methodisches Instrument erweisen kann. Eine erste Studie, die als Pilotstudie gewertet werden sollte, liegt jetzt vor. In der Untersuchung, deren Ergebnisse in der Abbildung 3 veranschaulicht sind, wurde der Frage nachgegangen, ob sich Patienten mit chronischen Rückenbeschwerden von Rückengesunden in der Bewältigung einer computergestützten Bewegungsaufgabe, gemessen an der Durchführungsgeschwindigkeit, unterscheiden. Es handelte sich um eine überwiegend koordinative Bewegungsform, äußere Widerstände waren nicht zugeschaltet. Akute Schmerzen bedeuteten ein Ausschlusskriterium.

Die Mittelwertsunterschiede der beiden Versuchsgruppen zeigen statistische Signifikanz, auch wenn sie nicht groß ausgefallen sind. Das heißt, die Probanden mit Rückenbeschwerden hatten einen durchschnittlich höheren Zeitbedarf für die Durchführung der Bewegungsaufgabe. Bei der Entstehung dieser Unterschiede dürfte die Motivation keine Rolle gespielt haben, wie sich auf einer sechsstufigen subjektiven Einschätzungsskala nachweisen ließ. An andere Einflussfaktoren auf Seiten der Rückenpatienten, wie z. B. schmerzbedingter chronischer Bewegungsmangel und vielleicht Schonung als schmerzvermeidende Verhaltensstrategie oder eventuell auch Veränderungen in der Aktivierung chronisch schmerzhafter Rückenmuskulatur, ist zu denken.

Aufgrund der geschilderten Eigenschaften und der bisherigen Erfahrungen bietet der Bad Füssinger Rumpftrainer ein Potenzial an Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Prävention und Rehabilitation von Wirbelsäulenbeschwerden. Zukünftige Aufgabe muss es sein, in Folgestudien zu ergründen, welche Bedeutung ihm als Trainings- und Diagnosegerät letztlich zukommt.

Korrespondenzadresse

Marcel Dittrich (Dipl.-Sportwissenschaftler)

Orthopädie-Zentrum Bad Füssing

Waldstraße 12

94072 Bad Füssing

E-Mail: orthopaedie.forschung@
drv-bayernsued.de

Fussnoten

1 Orthopädie-Zentrum Bad Füssing der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd, Bad Füssing (Leiter: Prof. Dr. med. W. F. Beyer)

2 Institut zur Erforschung von Behandlungsverfahren mit natürlichen Heilmitteln e. V., Bad Füssing

DOI 10.328/oup.2012.0069-0071

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