Übersichtsarbeiten - OUP 01/2022

Der Rheumafuß – ein Update

Aufgrund dessen, dass die Füße sich wegen der schlechteren Durchblutung zu einer höheren Rate infizieren, sollten operative Eingriffe am Fuß zurückhaltend indiziert werden. Gute Indikationen sind schwere Deformitäten oder Instabilitäten sowie therapieresistente Synovialitiden und Tenosynovialitiden. Bei großen Vorfußeingriffen sollte Leflunomid mit Cholestyramin oder Aktivkohle ausgewaschen werden. Die Biologika sollen 2 Halbwertszeiten vor dem Eingriff abgesetzt werden. Von diesen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaften für Rheumatologie darf in begründeten Ausnahmefällen jedoch abgewichen werden. Es handelt sich dann jedoch um einen Off-label-Gebrauch der Medikamente, über die der Patient ausführlich aufgeklärt werden muss. Für das Absetzen der Biologika 1 Halbwertszeit vor dem chirurgischen Eingriff spricht, dass der Körper weniger Gelegenheit hat, Antikörper gegen das Biologikum zu bilden und damit die Wahrscheinlichkeit des Wiedereintritts der Wirkung postoperativ höher ist. Gerade bei jungen Patienten mit längerem Krankheitsverlauf wirken häufig mehrere Immunsuppressiva bereits nicht mehr, sodass hier gründlich zwischen der Infektionsgefahr und der Gefahr eines nicht beherrschbaren Aufflammens der rheumatischen Erkrankung abgewogen werden sollte [1, 9, 10].

Zusammenfassung

In den letzten 20 Jahren, seit Einführung der Biologika und JAK-Antagonisten treten deutlich mehr Patienten in Remission. Diese bedürfen daher seltener korrigierender Eingriffe am Vorfuß. Durch die Destabilisierung der Gelenke im Rahmen der Arthritis mit oder ohne vorbestehendes Hypermobilitätssyndrom besteht jedoch die Gefahr von Fußdeformitäten entsprechend der degenerativen Veränderungen. Aus diesem Grunde muss jeweils individuell, unter Einbeziehung der Aktivität der entzündlich-rheumatischen Erkrankung, gründlich abgewogen werden, ob die resezierenden und versteifenden Standardeingriffe zur Anwendung kommen oder ob gelenkerhaltend behandelt werden kann. Scheitern die gelenkerhaltenden Eingriffe, so besteht immer noch die Möglichkeit des Rückzugs auf eine Resektionsarthroplastik oder Arthrodese. Keinesfalls sollte leichtfertig von den Standardverfahren abgewichen werden, wenn noch Entzündungen bestehen. Da jede Operation für die Patienten eine erhebliche Belastung bedeuten, sollten diese in so geringer Zahl wie möglich angewendet werden. Operationen, die den Patienten lediglich ein halbes oder ein Jahr Besserung erbringen, sollten unbedingt vermieden werden.

Fazit für die Praxis

Moderne Verfahren der degenerativen und posttraumatischen Fußchirurgie sind beim Rheumatiker in Vollremission anwendbar.

Standardverfahren für entzündete Gelenke sind Resektionsarthroplastiken und Arthrodesen.

Die Schuhversorgung ist genauso differenziert und individuell anzuwenden wie die operative Therapie.

Die Fußbettung soll stützend aber mit einem weichen Überzug erfolgen.

Korrigierende Einlagen sollten nicht verwendet werden.

Eine Korrektur der Beinachsen durch Keile an der Schuhsohle sollte beim Polyarthritiker keinesfalls durchgeführt werden, da diese stets auf mehrere Gelenke einwirkt und damit zur Dekompensation noch nicht geschädigter Gelenke beitragen können.

Die differenzierte konservative und operative Therapie des rheumatischen Fußes gehört in die Hände eines orthopädischen Rheumatologen mit besonderer Expertise für rheumatische Fußfehlstellungen und deren Behandlung.

Die Destruktion durch die Arthritis schreitet unter Immunsuppression mit Biologika und JAK-Antagonisten deutlich langsamer voran und ist häufig schmerzfrei, sodass die Gefahr besteht, dass sich therapeutische Fenster schließen und letztendlich nur noch Rettungsoperationen angewendet werden.

Die orthopädisch-rheumatologische Jahresuntersuchung (ORJ) hilft Entzündungen und beginnende Fehlstellungen frühzeitig zu erkennen und größere Schäden von den Patienten fernzuhalten.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis
zu diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Ralph Gaulke MHBA

Stellvertretender Direktor der
Unfallchirurgischen Klinik

Sektionsleiter Obere Extremität,
Fuß- und Rheumachirurgie

Medizinische Hochschule Hannover (MHH)

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

gaulke.ralph@mh-hannover.de

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