Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Diagnostik und Therapie der primären malignen Knochentumore

Es entstehen fast immer rekonstruktionsbedürftige Knochendefekte. Die typische epi- und metaphysäre Lage der Tumore erschwert die Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich. Grundsätzlich bestehen 2 Möglichkeiten der Defektrekonstruktion: biologische und endoprothetische Rekonstruktion (Abb. 1). Die modernen Tumorprothesen bieten zwar die Möglichkeit einer exakten anatomischen Rekonstruktion des Defekts, jedoch bringen sie langfristig weitere Probleme mit sich [13]. Daher sollte insbesondere bei jüngeren Patienten der biologischen Rekonstruktion der Vorzug gegeben werden (Abb. 2). Ist hier eine Ausheilung erreicht, besteht ein lebenslang stabiler Zustand. Die extremitätenerhaltende Resektion ist dabei in ca. 90 % der Fälle möglich.

Lässt sich der Tumor aufgrund der Ausdehnung nicht extremitätenerhaltend operieren, so muss eine Amputation in Erwägung gezogen werden. Auch die Umkehrplastik fällt in dieses Verfahren, erlaubt aber den partiellen Erhalt der Extremitätenfunktion.

Chondrosarkom

Chondrosarkome treten in verschiedenen Subtypen (Tab. 2) mit äußerst unterschiedlichem Verhalten auf, insgesamt sind sie die zweithäufigste Gruppe der primär malignen Knochentumore nach den Osteosarkomen. Ihre Gemeinsamkeit ist die Produktion einer chondroiden Matrix [10].

Der wichtigste Faktor für die Therapieentscheidung und Prognose ist das Grading des Tumors. Während die low-grade Chondrosarkome (z.B. atypische Chondrome) ein eher wenig aggressives Wachstum und selten eine Metastasierung zeigen, liegt die Überlebensrate der Patienten mit G3-Chondrosarkomen nur bei 30–50 % nach 10 Jahren. Die Besonderheit der Lokalrezidive der hochdifferenzierten Chondrosarkome ist das sogenannte „Upgrading“, bei denen in ca. 13 % der Fälle das Lokalrezidiv schlechter differenziert sein kann als der primäre Tumor [2, 4].

Besonderer Beachtung bedürfen die sekundären Chondrosarkome, die auf dem Boden bereits bestehender benigner chondroider Läsionen entstehen. Während bei solitären Läsionen das Risiko der Entartung für das gesamte Leben weit im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt, erreicht dieses Risiko bei Patienten mit M. Ollier (multiple Enchondromatose) oder Maffucci-Syndrom (zusätzlich multiple Weichteilhämangiome) 50 % [27, 20, 1]. Die stammnahen Tumore sollten engmaschiger beobachtet werden, da sie ein höheres Malignitätspotenzial aufweisen als die körperferneren Läsionen.

In der radiologischen Diagnostik sieht man häufig Osteolysen mit begleitenden Sklerosierungen und Kalzifikation der chondroiden Matrix. Endosteale Kortikalisarrosionen und extraossäre Tumoranteile können als Hinweise auf schlechter differenzierte Chondrosarkome dienen (Abb. 3). Liegt ein scheinbares Osteochondrom (kartilaginäre Exostose) vor, so ist eine Knorpelkappe mit der Dicke > 1,5–2 cm mit möglicher Kalzifikation ein Hinweis auf die Entartung des ursprünglich benignen Tumors [12, 7].

Die Standardtherapie eines Chondrosarkoms bleibt die weite Resektion. Bekannt ist eine schlechte Sensibilität gegenüber der systemischen Chemo- oder Immunotherapie sowie der lokalen Strahlentherapie. Einige Autoren weisen auf die Möglichkeit des intraläsionalen Vorgehens bei atypischen chondroiden Tumoren (oder Chondrosarkomen G1) hin. Die Anwendung von Adjuvantien kann hier das Risiko eines Lokalrezidivs reduzieren [18, 14].

Die Radiotherapie hat einen begrenzten Stellenwert bei grundsätzlich zellarmer Matrix mit niedriger Zellteilungsrate. Zusätzlicher Nutzen ist bei den dedifferenzierten, mesenchymalen und myxoiden Chondrosarkomen belegt, welche grundsätzlich als strahlensensibler gelten [6], nicht resektable Läsionen (Becken, Wirbelsäule) können z.B. mit einer Partikeltherapie behandelt werden.

Die dedifferenzierten und mesenchymalen Chondrosarkome sollten aufgrund ihres aggressiven Verhaltens auch einer systemischen Therapie zugeführt werden. So wird die Chemotherapie analog zum EURO-B.O.S.S.-Protokoll empfohlen. Patienten mit high-grade mesenchymalen Chondrosarkomen profitieren von der systemischen Behandlung auf der Basis von Ifosfamid und Doxorubicin und klassischen Protokollen der Weichteilsarkome [17, 5].

Osteosarkom

Osteosarkome sind die häufigsten primären malignen Knochentumore, die sich durch eine Osteoidproduktion auszeichnen. Auch die heterogene Familie der Osteosarkome beinhaltet eine Vielzahl an Subtypen, die sich in ihrem Verhalten stark unterscheiden (Tab. 3).

Ein typischer Osteosarkom-Patient ist ein männlicher Jugendlicher (2. Lebensdekade, Geschlechterverhältnis m:w 1,4:1), der mit kniegelenknahen Schmerzen und Schwellung auffällt, im Verlauf progredient. Circa 63 % aller Osteosarkome sind kniegelenknah lokalisiert, in über 90 % metaphysär [22]. Die primäre Symptomatik im Sinne einer pathologischen Fraktur ist selten.

In der radiologischen Abklärung zeigt sich normalerweise eine Osteolyse mit osteoblastischen Inseln und Destruktion der Kortikalis, extraossäre Tumoranteile können nachgewiesen werden. Jedoch liegen bei den unterschiedlichen Subtypen sehr differente Merkmale in der Diagnostik vor (Abb. 4–6).

Auch bei den Osteosarkomen unterscheidet man die primäre und sekundäre Form, z.B. die sekundäre Form, die auf dem Boden eines M. Paget oder einer vorausgegangenen Bestrahlung entstand. Diese Osteosarkome bedeuten ein schlechteres Therapieansprechen und daraus resultierend eine deutlich schlechtere Prognose [23].

Die Therapie erfolgt interdisziplinär in enger Abstimmung aller beteiligten Fachdisziplinen. Die Osteosarkome neigen zur frühen Metastasierung (bis zu 20 % zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nachweisbar, im Verlauf bis zu 80 %), daher gehört im typischem Fall die neoadjuvante Chemotherapie zwingend zum Standard der Behandlung. Jüngeren Patienten bis 40 Jahre werden aktuell analog EURAMOS-1 behandelt, ältere Patienten nach EURO-B.O.S.S.-Protokoll.

Die Resektion des Osteosarkoms ist häufig eine Herausforderung, da die extraossären Anteile der Tumore eine massive Ausdehnung erreichen können und Kontakt zu Gefäßen und Nerven besteht. Die OP-Planung muss sorgfältig durchgeführt werden, eine kompromisslose Radikalität mit dem Ziel einer sicheren R0-Resektion ist unabdingbar und für das Überleben der Patienten entscheidend.

Unter der multimodalen Therapie und bei vollständiger Tumorresektion liegt die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten ohne primäre Metastasierung bei aktuell über 70 %. Die Prognose ist dabei stark vom Ansprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie abhängig.

Ewing-Sarkom

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