Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Diagnostik und Therapie der primären malignen Knochentumore

Das Ewing-Sarkom ist ein meist ossär lokalisierter maligner Tumor mit in der HE-Färbung kleinen blauen runden Zellen, die durch die Expression der EWS/ETS-Transkriptionsfaktoren charakterisiert sind. Es ist der häufigste Vertreter der Familie der Ewing-Tumore, zu denen unter anderen auch der Primitive neuroektodermale Tumor (PNET) oder der Askin-Tumor gehören. Diese Tumore weisen eine primär mesenchymale Differenzierung auf, aber auch endotheliale, neuroektodermale, chondro- und osteozytäre Differenzierungen wurden beschrieben [19].

Die Tumore sind vor allem bei Kindern und Jugendlichen in der zweiten Lebensdekade anzutreffen, das männliche Geschlecht ist mit der Häufigkeit 1,5 zu 1 präferiert. Die Verteilung der Tumorlokalisationen ist deutlich homogener als bei anderen Knochensarkomen. Häufig sind flache und kurze Knochen, wie zum Beispiel das Becken betroffen, gefolgt von den langen Röhrenknochen der unteren Extremität [22].

Im Gegensatz zum Osteosarkom zeigen die Läsionen beim Ewing-Sarkom einen permeativen mottenfraßähnlichen, osteolyischen Befall mit häufig erheblicher extraossärer Tumorkomponente, in der sich zusätzlich zwiebelschalenartige Kalzifizierungen durch das periosteale Wachstum zeigen können (Abb. 7).

Ist die Diagnose gesichert, wird unverzüglich eine multimodale Systemtherapie eingeleitet. Die Chemotherapie ist wesentlicher Baustein in der Behandlung der Erkrankung, da generell von einer Systemerkrankung auszugehen ist. Die Behandlung der Patienten erfolgt aktuell im Rahmen des Euro-Ewing-2012-Studienprotokolls. Die Behandlungsplanung ist im adjuvanten Setting von mehreren Faktoren abhängig und sehr komplex. Die Ergebnisse der Auswertung der Vorgängerstudie EURO-Ewing 99 zeigten je nach Randomisierung bei primär fehlenden Metastasen ein Gesamtüberleben bis zu 78 % [28]. Sollte es zu einem Rezidiv der Erkrankung kommen, so korreliert es sehr häufig mit einer systemischen Metastasierung. In diesem Fall ist die Lebenserwartung und Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten stark eingeschränkt [3].

Die Strahlentherapie wird in der Regel in das Behandlungskonzept integriert. Es liegen keine klaren Daten vor, ob die lokale Bestrahlung im neo- oder adjuvanten Setting (in Relation zur Tumorresektion) vorteilhaft ist. In Fällen, in denen die Tumorresektion eine große funktionelle Einschränkung mit sich bringt, kann die alleinige Strahlentherapie zur definitiven lokalen Kontrolle diskutiert werden. Die meisten publizierten Studien zeigen allerdings, dass durch die Kombination von Resektion und Strahlentherapie das beste Ergebnis im Sinne der lokalen Kontrolle erreicht werden kann [16]. Bei knappen Resektionsabständen zeigt die zusätzliche Radiatio klare Vorteile in Bezug auf das Lokalrezidivrisiko, die sich aber bei weiten Resektionen verlieren [26].

Die Therapie der Ewing-Sarkome ist komplex und hat in enger interdisziplinärer Abstimmung in einem spezialisierten Zentrum zu erfolgen. Eine weite Tumorresektion ist auch hier in den allermeisten Fällen entscheidend für die Prognose des Patienten. Kann eine R0-Resektion nicht sicher oder gerade am Becken nur mit hohen Funktionsverlusten erreicht werden, so sollte eine definitive Bestrahlung diskutiert werden.

Nachsorge

Die Nachsorge zur Früherkennung eines systemischen Progresses oder eines Lokalrezidivs ist wichtig für eine frühzeitige Änderung des Therapieregimes. Es existieren jedoch bei den allermeisten Tumorentitäten weder einheitliche Vorgaben zur Durchführung der Nachsorge noch klare Studien zur Wertigkeit einer solchen [9].

Die lokale Nachsorge sollte mittels der MRT erfolgen, auch bei lokal einliegenden Metallimplantaten. Maligne Knochentumore zeigen fast ausschließlich eine hämatogene Metastasierung, daher ist die Lunge der primäre Metastasierungsort, gefolgt von ossären Läsionen. Seltene Lokalisationen wie zerebral, weichteilig oder viszeral sind aber ebenfalls möglich.

In unserer Klinik verfahren wir beispielhaft wie folgt:

Hochmaligne Tumoren

CT Thorax in den ersten beiden Jahren halbjährlich, dann jährlich.

Lokale MRT in Jahren 1 und 2 alle 3 Monate, in Jahren 2–5 alle 6 Monate, anschließend jährlich.

Niedrigmaligne Sarkome

CT Thorax in den ersten beiden Jahren halbjährlich, dann jährlich.

Lokale MRT in Jahren 1 und 2 alle 6 Monate, anschließend jährlich.

Zusammenfassung

Die Behandlung der primär malignen Knochentumore ist eine interdisziplinäre Herausforderung. Es handelt sich sehr häufig um junge Patienten, bei denen die sachgerechte, zügige Diagnostik und Therapie für die Prognose entscheidend sind. Die Behandlung dieser Patienten sollte deshalb nur in einem oder in sehr enger Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Zentrum erfolgen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Alexander Klein

Schwerpunkt Tumororthopädie

Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation

Klinikum der Universität München

Campus Großhadern

Marchioninistraße 15

81377 München

alexander.klein@med.uni-muenchen.de

Literatur

1. Albregts AE, Rapini RP: Malignancy in Maffucci‘s syndrome. Dermatol Clin 1995; 13: 73–8

2. Angelini A, Guerra G, Mavrogenis AF, Pala E, Picci P, Ruggieri P: Clinical outcome of central conventional chondrosarcoma. J Surg Oncol 2012; 106: 929–37

3. Barker LM, Pendergrass TW, Sanders JE, Hawkins DS: Survival after recurrence of Ewing‘s sarcoma family of tumors. J Clin Oncol 2005; 23: 4354–62

4. Björnsson J, McLeod RA, Unni KK, Ilstrup DM, Pritchard DJ: Primary chondrosarcoma of long bones and limb girdles. Cancer 1998; 83: 2105–19

5. Dantonello TM, Int-Veen C, Leuschner I et al.: CWS study group; COSS study group: Mesenchymal chondrosarcoma of soft tissues and bone in children, adolescents, and young adults: experiences of the CWS and COSS study groups. Cancer 2008; 112: 2424–31

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