Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Diagnostische Möglichkeiten der molekularen Histologie für rheumatologische und orthopädische Krankheitsbilder

Es wurden verschiedene Methoden entwickelt, die neben dem Nachweis neutrophiler Granulozyten in der Synovialflüssigkeit [4] auch die Quantifizierung dieser in der periprothetischen Membran enthalten [5]. Der Nachweis eines erhöhten Anteils neutrophiler Granulozyten in der periprothetischen Membran wird als diagnostisches Kriterium einer Infektion akzeptiert [6]. Daneben hat der molekulare Nachweis einer bakteriellen oder fungalen Infektion an Akzeptanz gewonnen. Am weitesten verbreitet ist die Amplifikation der 16S-rRNA mit anschließender Detektion des PCR-Produkts zum Nachweis bakterieller Nukleinsäuren [7]. Die Anwendung der PCR, die auf die Detektion konservierter Regionen des mikrobiellen Genoms zielt, speziell 16S-rRNA für Bakterien und 18S-rRNA für Pilze, ist ein breiter Ansatz, um nichtkultivierbare Pathogene bei Gelenkinfektionen schnell nachzuweisen [8]. Die PCR findet klinische Anwendung auch bei der Diagnostik septischer Arthritiden, da gezeigt werden konnte, dass falsch-negative Kulturen bei bis zu einem Viertel der Patienten auftreten [7].

Ferner existieren kommerziell erhältliche, auf molekularbiologischen Methoden basierte Sepsistests, die den größten Teil des Erregerspektrums von Gelenkinfektionen und Infektionen periprothetischer Membranen abdecken. Da diese Testsysteme Propionibacterium- und Corynebacterium-Spezies nicht enthalten, sollte die Diagnostik septischer Arthritiden und periprothetischer Infektionen durch eine PCR für diese Erreger ergänzt werden, wenn nicht primär eine Detektion der 16S-rRNA erfolgte [9, 10].

Einerseits haben sich bisher molekularpathologische Methoden trotz der höheren Sensitivität gegenüber mikrobiologischen Verfahren nicht in der Routinediagnostik durchgesetzt, da die Spezifität häufig ein Problem darstellt, andererseits haben zahlreiche Studien gezeigt, dass bei der mikrobiologischen Bakterienkultur gleichartige Probleme auftreten können [11].

So haben Untersuchungen zur PCR-Detektion ergeben, dass diese Methode eine Sensitivität von 71 % (Kultur 44 %) und eine Spezifität von 97 % (Kultur 94 %) aufweist und damit der Kultur überlegen ist. Trotz des Vorwurfs einer Detektion falsch-positiver Befunde zeigt sich, dass bei exakter Anwendung der modernen Methoden auch der negative und positive prädiktive Wert den der Kultur deutlich übersteigt [4].

Neben Techniken, die auf dem Nachweis von DNA und RNA beruhen, ist es auch möglich, periprothetische Infektionen durch proteomische Methoden zu detektieren [12]. Zunächst wurde ein Modell entwickelt, welches zwischen Arealen mit zahlreichen neutrophilen Granulozyten und solchen mit wenigen oder keinen neutrophilen Granulozyten unterscheiden kann (Abb. 2). Anschließend wurden den infizierten (granulozytenreichen Arealen) bestimmte Farben zugewiesen, die mehrere infektionsassoziierte Peaks zusammenschließen und als Summenpeak Indikator einer Infektion sind. Diesen Summenpeaks wurden bestimmte Farbkodierungen zugewiesen, die eine schnelle und zuverlässige Erkennung infizierter Areale ermöglichen (Abb. 3). Wir konnten zeigen, dass Proteine neutrophiler Granula (Calgranuline) mittels Massenspektrometrie (MALDI-Imaging) in der Synovialmembran nachweisbar sind [13]. Durch Standardisierung könnten so molekulare Signaturen entwickelt werden, die die Diagnose einer periprothetischen Infektion erlauben. Mit der Erhöhung der Massengenauigkeit sollte es in Zukunft auch möglich sein, eine Erregertypisierung im Gewebe durch diese Techniken vorzunehmen.

Molekulare Diagnostik granulomatöser Synovialitiden

Die Diagnose einer granulomatösen Synovialitis kann histomorphologisch gestellt werden. Diese beinhaltet verschiedene Entitäten, wie die tuberkulöse Synovialitis, die Sarkoidose, granulomatöse Reaktionen im Rahmen von Pilzinfektionen, aber auch Fremdkörpergranulome [14]. Die moderne molekulare Diagnostik ist geeignet, mykobakterielle Infektionen im Gewebe nachzuweisen und den Erreger zu identifizieren. Der DNA-Isolierung folgt eine PCR, deren Produkt entweder durch Sequenzierung, oder durch Strip- und Chip-Techniken (Hybridisierung) detektiert werden kann. Diese Techniken sind zum einen sehr sensitiv, zum anderen hochspezifisch. Mykotische Infektionen können im Gewebe mittels histochemischer Techniken (PAS oder Grocott-Reaktion) diagnostiziert werden. Die definitive Einordnung kann heute aus Synovialflüssigkeit oder synovialem Gewebe durch molekulare Techniken erfolgen.

Diagnose sogenannter unspezifischer Oligoarthritiden

Reaktive Arthritiden sind entzündliche Gelenkerkrankungen, die durch eine genetische Suszeptibilität (HLA-B27) des menschlichen Wirtes begünstigt werden und Tage oder Wochen nach einer gelenkfernen Infektion in einem oder mehreren Gelenken auftreten, ohne dass sich der auslösende Erreger aus der Synovialflüssigkeit oder aus der Synovialmembran anzüchten lässt [15]. Es treten 2 Typen bezüglich der Primärinfektion auf, der post-venerische und der post-enterische Typ. Während zu den enterischen Erregern, die Arthritiden triggern, Salmonellen, Shigellen, Campylobacter und Yersinien zählen, sind Chlamydien der definitive Auslöser des postvenerischen Typs [16]. Letztgenannte Autoren konnten zeigen, dass 50 % aller reaktiven Arthritiden nach einer genitalen Infektion durch C. trachomatis und 12 % nach einer Infektion mit C. pneumoniae auftraten. Oligoarthritiden (1–4 Gelenke sind betroffen) werden in der Klinik immer wieder als undifferenzierte Oligoarthritis eingeordnet. Mit molekularbiologischen Methoden kann hier in einem großen Teil der Fälle jedoch eine Chlamydieninfektion nachgewiesen werden. Wir konnten Chlamydien-DNA nicht nur bei Patienten mit high-grade Synovialitis (Synovialitis-Score: > 4) sondern auch bei Patienten mit low-grade Synovialitis (Synovialitis-Score: < 4) detektieren. Aus diesem Grund kann auch der Einsatz molekularpathologischer Methoden in diesen Fällen sinnvoll sein. Ebenso sind Testsysteme erhältlich, die eine molekulare Testung der krankheitsrelevanten HLA-B27-Subtypen erlauben.

Allerdings sind Patienten mit Rheumatoid-Arthritis, Morbus Reiter, Psoriasis-Arthritis und juveniler Arthritis mit Enthesitis ebenfalls vermehrt HLA-B27 positiv [17].

Enteropathische Arthritiden treten in Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) auf. Einige Untersucher denken, dass die langandauernde Entzündung des Darmtrakts diesen so schädigt, dass neben Lymphozyten intrazellulär persistierende Bakterien in Makrophagen zu den Gelenken gelangen und dort eine immunologisch-getriggerte Antwort auslösen [18]. Bezüglich einer molekularen Diagnostik im Gelenk existieren keine gesicherten Daten. Anders dagegen beim Morbus Whipple, der ebenfalls als enteropathische Arthritis eingeordnet werden kann. Die Diagnose der Whipple Arthritis ist durch molekulare Analyse mittels PCR aus der Synovialflüssigkeit oder der Synovialmembran möglich [19].

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