Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Diagnostische Möglichkeiten der molekularen Histologie für rheumatologische und orthopädische Krankheitsbilder

Eine retrospektive Analyse bei 673 Kindern mit Kniemonarthritis zeigte, dass 19 % der Kinder septische Arthritiden, 51 % Lyme-Arthritis und 46 % andere Arthritiden aufwiesen [20]. Somit kann eine molekulare Untersuchung, die sowohl Sepsiserreger als auch Borrelien einschließt, bei 70 % der Patienten zu einer exakten Diagnose der Monarthritis führen. Die PCR in der Synovialflüssigkeit ist als Test zur Erhöhung der diagnostischen Sicherheit anerkannt [21]. Da der serologische Nachweis einer Borreliose erst mit Verzögerung möglich ist, spielen molekulare Techniken zunehmend eine Rolle, wobei auch der Erregernachweis in der Synovia und Synovialis möglich ist [22].

Molekulare Methodenzur
Differenzialdiagnose Arthose versus Rheumatoidarthritis

Die diagnostischen Kriterien für eine Rheumatoidarthritis (ACR-Kriterien) und für eine Arthrose sind bekannt und basieren im Wesentlichen auf klinischen Parametern, lediglich ergänzt durch serologische Marker [23, 24].

In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Arbeiten publiziert, die zumindest ergänzende diagnostische Möglichkeiten beschrieben, welche die Diagnose entsprechender Krankheitsbilder objektivieren können. Auch histopathologische und molekulare Methoden können bei adäquatem Einsatz sowohl zur Diagnose als auch zum ätiopathogentischem Verständnis rheumatologischer Krankheitsbilder beitragen. Bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen wurden micro-RNAs detektiert, die in Regulationsmechanismen eingreifen, die aber auch diagnostische und therapeutische Optionen beinhalten. Unterschiedliche micro-RNA-Muster wurden bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen und bei der Rheumatoidarthritis beschrieben [25]. Wir konnten zeigen, dass am Formalin-fixiertem Routinematerial micro-RNA`s effizient isoliert werden können, und dass ein Muster der Erhöhung der micro-RNA´s miR-146a, miR-155 und miR-223 zur Abgrenzung der Rheumatoid-Arthritis von anderen Synovialitiden beitragen kann. Vergleicht man das micro-RNA-Muster eines Patienten mit Rheumatoidarthritis oder mit Arthrose mit einen Pool von micro-RNAs von Patienten der entsprechenden Diagnosegruppen, kann eine sehr sichere Unterscheidung zwischen Rheumatoidarthritis und Arthrose an der Synovialmebran getroffen werden. Diese Einordnung wird durch ein entsprechendes morphologisches Bild mit erhöhtem Synovialitis-Score unterstützt [26].

In Synovialmembranen von Patienten mit Rheumatoid-Arthritis sind häufig neutrophile Granulozyten vorhanden. Diese sind zum einen im Randgebiet fibrinoider Nekrosen lokalisiert, zum anderen aber auch im synovialen Stroma. Während der Nachweis neutrophiler Granulozyten im Randgebiet fibrinoider Nekrosen kein morphologisches Korrelat einer Infektion ist, kann ein erhöhter Anteil neutrophiler Granulozyten in Synovialmembranen von Patienten mit Rheumatoid-Arthritis sowohl Ausdruck einer erhöhten entzündlichen Aktivität sein als auch auf eine Infektion hinweisen. Wenn allerdings keine Rheumatoid-Arthritis vorliegt, spricht der Nachweis neutrophiler Granulozyten für eine Infektion.

Die Kombination beider molekularer Techniken (micro-RNA-Technologie zur Unterstützung der Diagnose einer Rheumatoid-Arthritis- und PCR speziell 16S-rRNA für Bakterien und 18S-rRNA für Pilze) kann in schwierigen Fällen oder bei nicht eindeutigem mikrobiologischem Ergebnis, oder in Fällen in denen das morphologische Bild nicht eindeutig ist, zur Diagnose beitragen.

Daneben konnten wir zeigen, dass auch MALDI-Profiling oder Imaging in der Lage sind, aufgrund des Proteinmusters beide Krankheitsbilder (Arthrose versus Rheumatoidarthritis) zu unterscheiden [13].

Histopathologische Beurteilung von Meniskuspräparaten

In der diagnostischen Bewertung von Meniskusläsionen ist der Pathologe gefordert, zum Ausmaß der Degeneration Stellung zu nehmen und die Frage zu beantworten, inwieweit morphologische Zeichen einer akuten oder länger zurückliegenden Rissbildung vorliegen. Die Beantwortung dieser Fragen hängt zum einen von der Erfahrung des Untersuchers ab, zum anderen muss der morphologische Befund eng mit klinischen Daten korreliert werden. Junge Menschen haben physiologisch weniger degenerative Veränderungen als ältere. Ein bestimmtes Ausmaß an Degeneration kann somit in einem höheren Lebensalter als physiologisch angesehen werden, während bei jungen Menschen ein gleichartiger Befund als Degeneration eingeordnet werden kann. Wir haben versucht, durch Massenspektrometrie die Erhebung der Daten zur Degeneration und zur Frage akute oder zurückliegende Rissbildung zu objektivieren [27].

Dazu wurden Meniskusproben mit der Konsensusdiagnose einer schweren Degeneration mittels MALDI-Imaging untersucht. Es konnten zahlreiche Masse/Ladungsverhältnisse und damit Peptide ermittelt werden, die nur in Menisken mit schwerer Degeneration auftreten. Umgekehrt waren auch proteomische Muster vorhanden, die ein intaktes, nicht degenerativ verändertes Meniskusgewebe kennzeichnen. Den Summenspektren wurde in den Schnittpräparaten eine Farbe für schwere Degeneration und eine Farbe für nicht veränderte „gesunde“ Menisken zugeordnet (Abb. 4).

Mit der gleichen Technik wurden akute und chronische Rissbildungen untersucht, auch hier wurden spektrale Muster ermittelt, die nur bei akuten Rissbildungen auftreten und solche, die nur bei chronischen Rissbildungen auftreten. Die objektivierte Diagnostik von Meniskusveränderungen hilft dem Pathologen bei der exakten Einordnung der Meniskusläsionen, wenn er zu Veränderungen des Meniskus im Rahmen von Gutachten bezüglich berufsgenossenschaftlicher Fragen Stellung nehmen muss. Eine exakte klinisch-pathologische Korrelation ist jedoch Grundlage jeder suffizienten Stellungnahme.

Bezüglich der Bedeutung von Amyloidablagerungen, die im Meniskus im Verlauf des Lebens zunehmen, besteht keine Einigkeit, jedoch wurden in den vergangenen Jahren Arbeiten publiziert, die zeigen, dass zwischen Amyloidablagerung und Degeneration ein enger Zusammenhang besteht. Während in einer älteren Studie an Menisken, die bei der Obduktion entnommen wurden, keine Korrelation zwischen arthrotischen Veränderungen und Amyloiddeposition nachgewiesen werden konnte [28], setzt sich heute die Erkenntnis durch, dass die Arthrose mit verschiedenen Arten von Amyloidablagerungen im Meniskus assoziiert ist [29]. Diese amyloidogenen Proteine stellen Transthyretin und Apolipoprotein A-I dar. Während die Häufigkeit von Thransthyretin-Amyloidablagerungen mit dem Alter zunahm, war die von Apolipoprotein A-I reduziert.

Erste Untersuchungen am Meniskus zum massenspektrometrischen Nachweis von Amyloid (Apolipoprotein A-I) wurden 2006 von Solomon et al. publiziert [30]. Wir konnten mittels MALDI-Imaging bestätigen, dass verschiedene Proteine, wie Vitronektin und Apoprotein A-I immer mit Amyloidablagerungen assoziiert auftreten [31]. In zahlreichen Arbeiten wird der Nachweis von Hämosiderinablagerungen im Meniskusgewebe als morphologisches Korrelat eines schweren Traumas angesehen. Deshalb gehört die Berliner Blau-Reaktion zum diagnostischen Routinepanel zur Beurteilung von Meniskusläsionen. Wir konnten zeigen, dass Hämosiderinablagerungen Ferritinketten enthalten, die ebenso massenspektrometrisch mittels MALDI-Imaging sicher detektiert werden können (Abb. 5) [32].

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