Übersichtsarbeiten - OUP 11/2017

Die Anzahl der Fadenanker bei der arthroskopischen Stabilisierung der Bankart-Läsion der Schulter
Ein systematischer ReviewA systematic review

Marius von Knoch1, Stephan Frosch2, Wolfgang Lehmann2

Zusammenfassung: Die Anzahl der Fadenanker bei der Stabilisierung der vorderen Instabilität der Schulter erlaubt dem Chirurgen eine individuelle Antwort auf die
Befunde. Die Anzahl muss ausreichen, um die Schulter zu stabilisieren. Darüberhinausgehende Fadenanker würden Zusatzkosten bedeuten. Die hier vorliegende Arbeit analysiert anhand eines systematischen Reviews die Assoziation der Anzahl der Fadenanker bei der arthroskopischen Stabilisierung der vorderen Instabilität der Schulter mit der Reluxationsrate.

Aus 44 Treffern in der Datenbank PubMed der U.S. National Library of Medicine/National Institutes of Health mit den Suchwörtern „shoulder“, „arthroscopy“, „instability“, „number“ und „anchor(s)“ wurden 6 Artikel mit arthroskopischen Fallserien mit der Refixation des vorderen Labrums als Hauptprozedur in englischer Sprache identifiziert, die sich auch mit der Anzahl der Fadenanker und der Assoziation mit der postoperativen Stabilität beschäftigten. Der Evidenzlevel lag in allen Arbeiten bei IV. Während in der ältesten Arbeit davon ausgegangen wurde, dass > 3 Fadenanker zu einer größeren Stabilität führen, konnte eine ausreichende Stabilität in jüngeren Arbeiten mit einem Fadenanker erreicht werden, sofern ein vertikaler Kapselshift Teil der Operation war. Dies war mit nichtresorbierbaren und resorbierbaren Fäden zu erreichen.

Schlüsselwörter: Schulter, Arthroskopie, Instabilität, Anzahl
Fadenanker, Kapselshift

Zitierweise
von Knoch M. Frosch S, Lehmann W: Die Anzahl der Fadenanker bei der arthroskopischen Stabilisierung der Bankart-Läsion der Schulter. Ein systematischer Review.
OUP 2017; 11: 524–528 DOI 10.3238/oup.2017.0524–0528

Summary: The number of suture anchors in stabilizing the anterior instability of the shoulder allows the surgeon an individual response to individual findings. The number of suture anchors must be sufficient to stabilize the shoulder. In contrast, the costs for the implants should also be considered. The present work analyzes the association of the number of suture anchors for arthroscopic stabilization of anterior instability of the shoulder with the reluxation rate.

From 44 hits in the database PubMed with the search terms „shoulder“, „arthroscopy“, „instability“, „number“ and „anchor(s)“, 6 articles written in English with arthroscopic refixation of the anterior labrum as the main procedure were identified, which specifically investigated the number of suture anchors and the possible association with postoperative stability. The evidence level was IV in all studies. While the oldest analyzed article concluded that > 3 suture anchors lead to greater stability, in more recent studies sufficient stability could be achieved with a single suture anchor. This could be achieved with non-resorbable and resorbable sutures.

Keywords: shoulder, arthroscopy, instability, number of suture anchors, capsular shift

Citation
von Knoch M. Frosch S, Lehmann W: The number of suture anchors in arthroscopic Bankart-repair of the shoulder. A systematic review OUP 2017; 11: 524–528 DOI 10.3238/oup.2017.0524–0528

Einleitung

Die traumatische anteroinferiore Instabilität der Schulter hat häufig als pathoanatomisches Korrelat eine Bankart-
Läsion. Hierbei ist das vordere Labrum teilweise oder ganz vom Glenoid abgerissen. Die arthroskopische Refixation dieser Labrumläsion ist ein etabliertes Standardverfahren. Üblicherweise werden mindestens 3 Fadenanker für die Durchführung empfohlen [1]. Eine 2013 unter deutschen Schulterchirurgen durchgeführte Umfrage ergab aber, dass bereits 41 % der teilnehmenden Operateure eine klassische Bankart-Läsion ohne Begleitverletzungen mit nur 2 Fadenankern versorgen – also im Widerspruch zu der klassischen Empfehlung vorgehen [2].

Die hier vorliegende Arbeit analysiert anhand eines systematischen Reviews die zu empfehlende Anzahl der Fadenanker für die Durchführung eines Bankart-Repairs. Analysiert wird hierbei die Assoziation zwischen der Anzahl der Fadenanker und der Rezidivinstabilitätsrate.

Material und Methode

Im August 2016 wurde eine systematische Durchsicht der U.S. National Library of Medicine/National Institutes of Health (PubMed) Datenbank durchgeführt. Als Suchwörter dienten „shoulder“, „arthroscopy“, „instability“, „number“ und „anchors“. Hiermit konnten 43 Treffer generiert werden. Anhand der Durchsicht der Abstracts konnten 6 Artikel [1, 3–7] mit rein arthroskopischen Fallserien mit der Refixation des vorderen Labrums als Hauptprozedur und einem Evidenzlevel von mindestens IV in englischer Sprache identifiziert werden, die sich spezifisch auch mit der Anzahl der Fadenanker und der möglichen Assoziation mit der postoperativen Stabilität beschäftigten. Ein weiterer Artikel konnte durch das Suchwort „anchor“ statt anchors“ hinzugewonnen werden [3]. Die verbliebenen 6 Artikel wurden weitergehend inhaltlich analysiert (Tab. 1). Alle Studien hatten ein Evidenzlevel von IV. Die Fallzahl lag zwischen 37 und 114. Wegen der heterogenen Patientenkollektive wurde auf eine detaillierte quantitative statistische Analyse im Sinne einer Metaanalyse verzichtet. Es wurde lediglich qualitativ deskriptiv analysiert.

Originalarbeiten

Instabilität

Boileau et al. veröffentlichten 2006 eine retrospektive Studie (Level IV) mit 91 konsekutiven Fällen, bei denen ein arthroskopischer Bankart-Repair mit Fadenankern und resorbierbaren Fäden bei rezidivierender vorderer Instabilität in Knotentechnik durchgeführt wurde [1]. Es wurden zwischen 2 und 7 Fadenanker verwendet (Mittelwert 4,3). Bei einem mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 36 Monaten traten in 14 Fällen (15,3 %) erneute Instabilitätsereignisse auf. Erneute Instabilitätsereignisse waren mit einem knöchernen Glenoiddefekt oder einer großen Hill-Sachs-Läsion, inferiorer oder vorderer Hyperlaxizität assoziiert. Bei Fällen mit glenoidalem Knochenverlust und inferiorer Laxizität trat ein erneutes Instabilitätsereignis in 75 % der Fälle auf. Fälle, bei denen 3 oder weniger Fadenanker verwendet worden waren, erlitten signifikant häufiger (p = 0,03) ein erneutes Instabilitätsereignis.

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