Originalarbeiten - OUP 04/2012

Die Behandlung der anteroinferioren Instabilität mit signifikanter Hill-Sachs-Läsion durch arthroskopische Remplissage – ein systematischer Review
Treatment of anteroinferior shoulder instability in the presence
of significa

M. von Knoch1, W. Schultz2

Zusammenfassung: Die anteroinferiore Instabilität der Schulter mit großer und einrastender Hill-Sachs-Läsion stellt eine therapeutische Herausforderung dar. Hier kann durch einen arthroskopischen Bankart-Repair zusammen mit einer arthroskopischen Tenodese der Infraspinatussehne in den Humerusdefekt hinein (=Remplissage) therapiert werden. Der vorliegende Artikel stellt eine systematische Literaturanalyse mit Metaanalyse von insgesamt 95 Fällen aus drei Level IV-Studien und einer Level II-Studie zur arthroskopische Remplissage dar. Für die vier gepoolten Studien betrug der Anteil von Eingriffen mit arthroskopischer Remplissage in Relation zu allen operierten Instabilitäten 28%. Die vorliegenden Studien erlaubten eine Bewertung hinsichtlich der zu erwartenden Bewegungseinschränkung, die in der Regel mit bis zu –13° für die Außenrotation mäßig ausfällt. Die vorliegenden Studien erlaubten eine Bewertung hinsichtlich der zu erwartenden Rezidivrate nach arthroskopischer Remplissage von 8,4%. Die vorliegenden Studien erlaubten eine eingeschränkte Bewertung hinsichtlich zu erwartender dorsaler Restbeschwerden nach arthroskopischer Remplissage von 33%. Die vorliegenden Studien erlaubten keine Bewertung der tatsächlichen stabilisierenden Wirkung der Remplissage. Die vorliegenden Studien erlaubten keine Bewertung der Langzeiteffekte auf Stabilität, Funktion und Vermeidung bzw. Induktion von arthrotischen Veränderungen des Glenohumeralgelenkes im mittleren bis Langzeitverlauf.

Schlüsselwörter: Schulter, Instabilität, Bankart-Repair, Remplissage, systematische Literaturübersicht

Abstract: Anteroinferior shoulder instability in combination with an engaging Hill-Sachs lesion constitutes a therapeutical challenge. Arthroscopic Bankart repair in combination with an innfraspinatus tenodesis into the humeral defect has been suggested and termed “remplissage”. This article provides a systematic review of the current literature related to arthroscopic remplissage and a metaanalysis of 95 cases of three level IV and one level II study. A remplissage was performed in 28% cases of all surgically treated shoulder instabilities. The published studies allowed for appraisal of expectable postoperative external rotation deficit of as much as –13°. The published studies allowed for appraisal of expectable instability recurrence rate of 8,4%. The published studies allowed for limited appraisal of expectable persisting dorsal shoulder pain in 33%. The published studies did not allow for appraisal of the true stabilizing effect of a remplissage procedure. The published studies did not allow for appraisal of expectable long-term effects of a remplissage procedure on stability, function and association with glenohumeral degeneration.

Keywords: shoulder, instability, Bankart repair, remplissage, systematic review

Die arthroskopische Versorgung der anteroinferioren, traumatischen Instabilität durch einen Bankart-Repair stellt heutzutage ein Standardverfahren dar. Die Reluxationsrate nach arthroskopischem Bankart-Repair variiert in der Literatur stark. Burkhart und De Beer stellten fest, dass ein arthroskopischer Bankart-Repair in Fällen mit Knochensubstanzdefekten sowohl auf glenoidaler als auch auf humeraler Seite problematisch ist. Sie schlugen vor, dass Hill-Sachs-Läsionen im Rahmen der Arthroskopie als „engaging“ (=einhakend, einrastend) oder „non-engaging“ klassifiziert werden sollten. Eine einrastende Hill-Sachs-Läsion liegt vor, wenn in einer Funktionsstellung ein Einrasten der Hill-Sachs-Läsion am vorderen unteren Glenoidrand zu beobachten ist. Typischerweise gilt dies für ein Einrasten bei 90° Abduktion und Außenrotation oder weniger. Für diese Situation haben Burkhart und De Beer einen offenen Coracoid-Transfer nach Latarjet zur Stabilisierung der Schulter vorgeschlagen, da ein arthroskopischer Bankart-Repair hier häufig nicht ausreichend ist [1]. Im Bestreben, diese Problemfälle auch arthroskopisch zu lösen, wurde dann im Verlauf der arthroskopische Coracoid-Transfer nach Latarjet propagiert [2]. Technisch ist dieser Eingriff recht kompliziert. Aus diesem Grund hat die arthroskopische Infraspinatustenodese in den humeralen Kopfdefekt hinein zusätzlich zum arthroskopischen Bankart-Repair eine beginnende Aufmerksamkeit während der letzten zwei Jahre gefunden [3]. Diese Technik wird auch als Remplissage bezeichnet, abgeleitet vom dem französischen Wort für Auffüllen. Der hier vorliegende Artikel untersucht die aktuelle Literatur zur arthroskopischen Remplissage zur Behandlung von klinisch relevanten Hill-Sachs-Läsionen. Eine mögliche Operationstechnik wird anhand der Abbildungen dargestellt (Abb. 1–8). Die folgenden zu beantwortenden Punkte wurden als Forschungsfragen formuliert: 1. Wie hoch ist der Anteil von arthroskopischen Schulteroperationen mit zusätzlicher arthroskopischer Remplissage in typischen Patientenkollektiven? 2. Wie groß ist der Verlust an Außenrotation durch eine Remplissage? 3. Wie häufig kommt es zu Instabilitätsrezidiven nach Remplissage? 4. Wie häufig treten dorsale Schulterbeschwerden nach Remplissage auf?

Methodik

Es wurde im Oktober 2011 eine systematische Durchsicht der PubMed Datenbank durchgeführt. Als Suchwörter dienten „Shoulder“ und „Remplissage“. Mit diesen Suchworten ergaben sich 10 Treffer mit Arbeiten, die zwischen Juni 2008 und September 2011 erschienen sind. Für das Jahr 2008 fanden sich zwei Treffer, für das Jahr 2009 ein Treffer, für das Jahr 2010 drei Treffer und für das Jahr 2011 vier Treffer. Trotz der noch geringen Zahl an Publikationen zu diesem Thema zeigt die steigende Tendenz innerhalb von drei Jahren, dass die Technik der Remplissage von steigendem Interesse ist. Von den 10 Treffern bei PubMed waren zwei Publikationen Übersichtsarbeiten. Eine weitere Publikation behandelte die offene Remplissage zur Behandlung der Hill-Sachs-Läsion. Alle drei Publikationen stammten aus dem Jahr 2010 und wurden nicht weiter analysiert. Die verbliebenen sieben Publikationen zeigten für die Jahre 2008 und 2009 einen niedrigen Evidenz-Level. Hier lagen zwei Technische Noten und ein Fallbericht vor. Diese Publikationen wurden in die eigene qualitative Analyse einbezogen. Der Evidenz-Level der vier Publikationen aus dem Jahr 2011 betrug Level IV in drei Fällen (Fallserien) und Level II in einem Fall (prospektive, komparative Kohortenstudie). Diese vier Arbeiten wurden in die quantitative Analyse (Metaanalyse) einbezogen. Die Fälle aus allen vier Arbeiten wurden gepoolt, um die statistische Aussagekraft zu erhöhen. Hiernach wurden die Mittelwerte bzw. Bereiche für den Follow-up (vier Studien), die Häufigkeit der Remplissage (vier Studien), den Verlust an Außenrotation (zwei Studien) und die Rezidivhäufigkeit (vier Studien) bestimmt.

Qualitative Analyse

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