Übersichtsarbeiten - OUP 04/2021

Die Rolle von PRP

Zu den bisher nachgewiesenen Effekten von PRP gehören somit die Rekrutierung von regenerierenden Zellen, Gewebeproliferation, Angiogenese, Reduktion von kritischen Regulatoren inflammatorischer Prozesse und die Senkung der Expression von inflammatorischen Enzymen [35]. Darüber hinaus konnten positive Effekte bei der Chondrogenese und Proliferation von mesenchymalen Stammzellen nachgewiesen werden [16]. Daraus ergeben sich Synergien bei der regenerativen Behandlung von isolierten Knorpelschäden mittels Knochenmarkstimulation oder Chondrozyten-Transplantation, insbesondere in Kombination mit einer Matrix. Bei der Behandlung der Gonarthrose konnte nachgewiesen werden, dass PRP Synovialzellen, Endothelzellen und Makrophagen infiltrieren und positive Effekte auf die anabole bzw. katabole Reaktionen haben und somit die Progression der Arthrose positiv beeinflussen kann [1]. Diese Kombination von positiven Effekten unterstützt den Einsatz von PRP zur additiven konservativen Behandlung von Knorpelschäden und bei frühen Formen der Gonarthrose.

Klinische Anwendungen von PRP

In der Sportmedizin hat sich die PRP-Therapie als vielversprechendes Verfahren zur Behandlung von Tendopathien an der Patellarsehne, der Achillessehne [24] und bei Muskelverletzungen etabliert. Bei akuten Muskel- und Sehnenverletzungen konnten bisher jedoch noch keine überzeugenden Studien abgeschlossen werden, die eine Überlegenheit von PRP zu Plazebo-Injektionen zeigen [6, 8, 18, 13, 22, 32].

Bei der Arthrose-Therapie hingegen scheinen intraartikuläre PRP-Injektionen die Knorpelregeneration zu stimulieren und die entzündlichen Symptome der Arthrose zu reduzieren. Durch eine zunehmende Zahl klinischer Studien kann die PRP als sicheres und kurzfristig wirkendes konservatives Therapieverfahren bei der Arthrose-Therapie befürwortet werden [20]. Wegen seiner autologen Beschaffenheit ist die intraartikuläre PRP-Therapie als frei von allergischen Reaktionen und medikamentösen Nebenwirkungen einzustufen. Die einfache Herstellung und Anwendbarkeit von PRP hat in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verbreitung dieser Therapiemethode geführt. Klinische Studien konnten Effekte bei Schmerzreduktion und Gelenkfunktion nachweisen [7, 17]. Auch randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit Placebo-Injektionen und Hyaluronsäure-Injektionen konnten bessere klinische Ergebnisse zeigen [11]. Zu ähnlichen Ergebnissen konnten Reviews [29] und Meta-Analysen kommen. In einem Übersichtsartikel [9] wurden in-vivo Studien mit insgesamt 908 Probanden zu PRP versus HA bei milden Formen der OA in einer Metaanalyse untersucht und zeigten statistisch signifikant gebesserte klinische Ergebnisse (Schmerz, Funktion, Bewegung) für die PRP-Therapie. Ob eine einzige PRP Injektion (Single-Shot) mit 10 ml Inhalt bei der Gonarthrose ausreicht, hat eine prospektive einarmige Studie aus 2019 untersucht und gezeigt, dass 82 % der Probanden 6 Monate nach Injektion signifikante Verbesserungen im Schmerz-Score und im klinischen Score aufwiesen [12]. Eine weitere Studie untersuchte den Effekt nach der subchondralen Infiltration des Knochenmarks mit PRP [33], konnte keine effektiven klinischen Ergebnisse zeigen. Als zusätzliche Indikation ist die PRP Injektion bei mechanisch stabilen Meniskusschäden [3], als Augmentation nach Meniskusnaht [2] oder bei primären kreuzbanderhaltenden Operationen [4] beschrieben worden [35], ohne jedoch hochsignifikante Ergebnisse nachweisen zu können. O’Connell und Mitarbeiter konnten in einem Review feststellen, dass besonders bei milden Formen der OA mit PRP im Vergleich zu HA und Placebo erfolgversprechende Ergebnisse nachgewiesen wurden [29]. Die vorgenannten Studien verdeutlichen, dass frühe Formen der Arthrose und Knorpelschäden zu den am meisten erforschten Anwendungsgebieten von PRP aus dem Gebiet der muskuloskelettalen Therapie zählen.

Diskussion und
Schlussfolgerungen

PRP stellt in der Behandlung von milden Formen der Gonarthrose, bei Knorpelschäden, seltener bei Meniskusschäden und Sehnen-Band-Schäden, ein erfolgreich angewendetes orthobiologisches Verfahren dar. Untersuchungen zeigen eine erhöhte Prävalenz bei der Anwendung von autologen Blutprodukten wie PRP, um Wachstumsfaktoren und Mediatoren an den Ort des Geschehens zu bringen. PRP stellt ein technisch einfaches, minimal invasives und von den Kosten überschaubares Verfahren zur Bereitstellung von Wachstumsfaktoren dar. Die meisten klinischen Studien zeigen, dass die PRP-Therapie als aufeinanderfolgende Injektionsbehandlung mit 2–4 Anwendungen pro Serie durchgeführt wird. Die 2 bis 3malige wiederholte PRP Injektion wird aufgrund des kumulativen Effektes favorisiert. Als Injektions-Abstand werden für eine Therapie-Serie üblicherweise Zeiträume von 1–3 Wochen in einem Zeitraum von 2–3 Monaten beschrieben. Bisherige Studie konnten kurz- und mittelfristige Verbesserungen der klinischen Scores über 6–12 Monate zeigen (Tab. 4). Ein Problem stellt die Standardisierung und Definition von PRP als therapeutisches Produkt dar, weil Plättchen-Konzentration, Gerinnungsfaktoren und der Anteil entzündlicher Leukozyten, je nach Individuum, Zeitpunkt und Herstellungsmethode variieren können. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Anwendung als ergänzende Therapie bei isolierten Knorpelschäden und lediglich bei frühen Formen der Gonarthrose zu favorisieren ist. Dabei sollte auf eine objektiv zurückhaltende Aufklärung der Patienten geachtet werden, ohne falsche Versprechungen zum ohnehin geschwächten Regenerationspotential degenerativer Erkrankungen zu machen. Die Patientenauswahl für die Indikationen (Tab. 3) sollte unter den oben genannten Aspekten sorgfältig und restriktiv erfolgen - besonders wenn Risikofaktoren (Adipositas, non-compliant, Achsendeformitäten, Bandinstabilitäten, subtotale Meniskusresektionen) vorhanden sind, die eine schnelle Progredienz der OA sorgen.

Bei der Durchführung von Studien wird in Zukunft mehr berücksichtigt werden, dass PRP aufgrund seiner variablen Zusammensetzung nicht mit einem pharmazeutischen Produkt gleichzusetzen ist. Mautner und Mitarbeiter [27] forderten daher eine standardisierte Klassifikation für PRP, welches sich an der Zusammensetzung und den wichtigen Charakteristiken orientiert. Für den besseren Nachweis der Therapieeffizienz müsste das individuelle Produkt PRP genauer auf Bestandteile wie Leukozyten, Erythrozyten und idealerweise Wachstumsfaktoren untersucht sowie klassifiziert werden. So wird in der jüngeren Literatur bereits zwischen Leukozyten-reichen (LR-PRP) und Leukozyten-armem (LP-PRP) PRP unterschieden [21]. Außerdem fordern weitere Autoren mehr auf die Konzentration einzelner Wachstums-Faktoren, im Besonderen TGF-?1, PDGF-AB, PDGF-BB, VEGF EGF, und ihre Bedeutung einzugehen. Zukünftige größer angelegte RCT müssen die vorgenannten Ergebnisse bestätigen und stärker auf das Problem der unterschiedlichen Herstellungsmethoden, die individuell unterschiedlichen Beschaffenheit (Variabilität) bei jeder Herstellung und auf die stark variierenden Anwendungsalgorithmen (Anzahl der Injektionen und Zeitabstände) eingehen.

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