Übersichtsarbeiten - OUP 09/2017

Die Wertigkeit von diagnostischen Parametern in der Abklärung von periprothetischen Infektionen

Die Anwendung von BSG und CRP dient als kosteneffiziente Screening-Maßnahme. Es ist erforderlich, dass diese Tests eine größtmögliche Sensitivität aufweisen, wenn auch mit geringerer Spezifität. Blutsenkungsgeschwindigkeit und CRP können durch extra-artikuläre infektiöse und nicht-infektiöse Erkrankungen erhöht werden [6, 11, 17, 22, 24, 33]. Die BSG weist eine Sensitivität von 75 % und Spezifität von 70 % auf. Ähnlich zeigt das CRP eine Sensitivität von 88 % und eine Spezifität von 74 %.

Die Kombination dieser beiden Entzündungsparameter ist ein zuverlässigerer Prädiktor einer PPI als die Einzelwerte [17, 22, 39].

Die BSG und das CRP zeigen postoperativ einen Anstieg und erreichen einen Gipfel um den 3. postoperativen Tag, die Werte normalisieren sich in der Regel bis zum 10. postoperativen Tag. Ein persistierend hoher Wert ist verdächtig auf das Vorliegen eines Frühinfekts. Die BSG hat keinen diagnostischen Nutzen innerhalb der ersten 6 Wochen nach Operation.

Diagnostik aus dem Gelenk

Synoviale Zellanalyse

Die Gelenkpunktion und Analyse der Zellzahl, Bestimmung des Granulozytenanteils und die Anlage einer Kultur stellt einen wesentlichen Bestandteil der Diagnostik dar. Allgemein gesprochen, ist ein Punktat mit erhöhtem Proteingehalt, mit niedrigen Glukosewerten, hoher Leukozytenzahl mit vermehrtem Anteil an neutrophilen Granulozyten für das Vorliegen eines PPI hinweisend.

Trampuz et al. empfehlen als Grenzwert der Leukozyten eine Anzahl von > 1700/ml bei einem Anteil von mehr als 65 % neutrophilen Granulozyten (Sensitivität 97 % und Spezifität 98 %) [45].

Mason et al. empfehlen einen Grenzwert von 2500/ml und einen Anteil von neutrophilen Granulozyten von über 60 % [29]. Niedriger angesetzte synoviale Leukozytenzahlen (1100/ml) haben zwar eine höhere Sensitivität (91 %), jedoch bei geringerer Spezifität (88 %); und höher angesetzte Leukozytenzahlen (4200/ml) haben eine niedrigere Sensitivität (84 %) bei höherer Spezifität (93 %) [3, 18, 39, 45].

Mikrobiologische Diagnostik

Die Indikation besteht bei jedem Verdacht auf Protheseninfektion, da nur ein bakteriologischer Nachweis des Infekterregers die Diagnose festigen und über ein Antibiogramm eine zielgerichtete antibiotische Therapie ermöglichen kann. Der Test hat eine Sensitivität zwischen 86 % und 92 % und eine Spezifität zwischen 82 % und 97 % [26, 39, 42].

Das Bebrüten der Kultur sollte zwischen 5 und 14 Tagen erfolgen. Zur Differenzierung zwischen Kontamination und Infekt werden 5–6 Proben als ausreichend angesehen [2]. Die Anwendung von Antibiotika erhöht die Wahrscheinlichkeit von negativen Kulturergebnissen. Daher wird vor Anlage einer Kultur die Pausierung der antibiotischen Therapie für 2 Wochen empfohlen [34]. In 2 prospektiven Studien hat sich gezeigt, dass die prophylaktische präoperative Antibiotikagabe die Sensitivität der intraoperativen Kultur nicht beeinflusst [10, 19, 43]. Lediglich in Fällen, bei denen präoperativ die Kultur negativ geblieben ist, aber der Verdacht auf Infektion besteht, soll auf die präoperative Prophylaxe verzichtet werden [52].

Sonikation

Die Sonikation hat gezeigt, dass die Keime aus explantiertem Material gewonnen werden können [46, 47]. Die Sonikation sollte nur durchgeführt werden, wenn die präoperative Kultur negativ geblieben ist, eine antibiotische Therapie 2 Wochen vor Operation durchgeführt wurde oder der hochgradige Verdacht auf niedrig-pathogene Keime besteht.

Histologie

Trotz uneinheitlicher diagnostischer Definitionen, hat sich die Anwendung histologischer Kriterien als tauglich erwiesen [48]. Kriterien wurden unter anderem von Mirra et al. festgelegt [30, 31]. Diese beruht auf einer Auswertung von mindestens 5 High-power-fields (HPFs – entspricht einer 40-fachen Vergrößerung). Hierzu ist eine Auszählung der neutrophilen Granulozyten im Gewebe erforderlich. Nicht gezählt werden neutrophile Granulozyten in Fibrin. Eine akute Inflammation ist definiert als 5–10 Granulozyten in 5 HPFs und ein starker Prädiktor einer kultur-positiven PPI [48].

Die Gewebeproben sollen scharf disseziert werden und nicht mit dem Elektrokauter, um falsch positive Befunde durch thermische Artefakte zu vermeiden. Ein intraoperativer Gefrierschnitt und die permanente Histologie müssen differenziert bewertet werden. Eine intraoperative Gramfärbung hat nur eine geringe Sensitivität.

Weitere synoviale
Analysemöglichkeiten

Leukozytenesterase

Die Leukozytenesterase (LE) ist ein Enzym in der Synovialflüssigkeit und kann durch einen Urinstreifentest bestimmt werden. Die LE hat eine hohe diagnostische Aussage und Meta-Analysen zeigen eine Sensitivität von 81–93 % bei einer Spezifität von 87–100 % [35, 49]. Der Nachteil der LE ist, dass Blutbeimengungen im Punktat Farbunterschiede maskieren können. Um dies zu vermeiden, wird ein Zentrifugieren des Punktats bei 6600 Umdrehungen über 2–3 Minuten empfohlen, um die roten Blutzellen zu separieren [1].

C-reaktives Protein

Die Bestimmung des CRP aus der Gelenkflüssigkeit hat eine Sensitivität von 85 % und eine Spezifität von 95 % [35]. Die Genauigkeit kann geringer sein bei weniger pathogenen Organismen wie z.B. Staphylococcus epidermidis [15]. Das Labor muss auf die Messung des CRP aus der Synovia geeicht sein.

Alpha-Defensin Test

Der einzige Biomarker, der kommerziell verfügbar ist, ist der Alpha-Defensin-Test [14, 16]. Alpha-Defensin ist ein anti-mikrobielles Peptid, wird von neutrophilen Granulozyten freigesetzt und zerstört die Zellmembran des pathogenen Keims. Die Sensitivität wird nicht durch Antibiotikagabe beeinflusst. Es zeigt eine gepoolte Sensitivität von 100 % bei einer Spezifität von 96 % [51]. Nachteilig ist der hohe Preis des Tests von ca. 500–1000 Euro.

Weitere Biomarker aus dem Serum

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