Originalarbeiten - OUP 05/2012

Einfluss der Erfahrung des Operateurs auf die
Operationsdauer bei endoprothetischen Eingriffen
Influence of the surgeons’ experience on the operation time

Zunächst wurde die OP-Dauer wie folgt gruppiert:

Gruppe 1: < 40 min.

Gruppe 2: 40–69 min.

Gruppe 3: 70–89 min.

Gruppe 4: 90–119 min.

Gruppe 5: ≤ 120 min.

Verglichen wurde die Anzahl der Operationen und die OP-Dauer innerhalb der drei definierten Gruppen der Operateure über die erfassten 3 Jahre (Abb. 1).

Es zeigt sich, dass die durchschnittliche OP-Dauer in der Gruppe der erfahrensten Operateure um 18,8 min. geringer ist als in der Gruppe der erfahrenen Operateure (Fachärzte) und um 31,4 min. geringer als in der Gruppe der weniger erfahrenen Operateure (Assistenzärzte in der Weiterbildung). Das heißt: Mit steigender Anzahl der Operationen nimmt die durchschnittlich benötigte Operationsdauer des Operateurs ab (Tab. 1). Um diese Aussage zu untermauern, wurden nicht-parametrische Tests durchgeführt. Zunächst wurde mittels Kruskal-Wallis-Test überprüft, ob signifikante Unterschiede zwischen der OP-Dauer innerhalb aller drei Qualifikationsgruppen bestehen. Da das Ergebnis mit p < 0,001 eindeutig ausfiel, wurde im Anschluss mit Hilfe des Mann-Whitney-Tests untersucht, ob jeweils innerhalb der einzelnen Gruppen signifikante Unterschiede zwischen der OP-Dauer existieren. Die Berechnungen ergaben, dass signifikante Unterschiede in der OP-Dauer bereits zwischen den erfahrensten und erfahrenen Operateuren (p < 0,001) und ebenso zwischen den erfahrenen Fachärzten und den weniger erfahrenen Operateuren (p < 0,001) bestehen.

Diskussion

Das Ergebnis der Operation, speziell in der Endoprothetik großer Gelenke, kann sehr unterschiedlich ausfallen, je nach individuellen Voraussetzungen des Patienten, technischen Gegebenheiten, der Erfahrung des Operateurs und der OP-Dauer [5]. Komplikationen können eine sehr kostenintensive Nachbehandlung erforderlich machen und erhebliche Konsequenzen für den Patienten nach sich ziehen. Durch eine verlängerte Operationszeit in der Endoprothetik steigt die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen an [5]. In der vorliegenden Studie konnten wir zeigen, dass die Erfahrung des Operateurs signifikant die Operationsdauer beeinflusst. Daher ist zu diskutieren, ob sich Ärzte in Weiterbildung frühzeitig auf spezielle Eingriffe und Operationsgebiete in der Orthopädischen Chirurgie spezialisieren sollten. Im Zuge des zunehmenden Kostendrucks besteht die Gefahr, dass Ausbildungseingriffe nicht mehr bestätigt werden können oder von den Kliniken keine ausreichende praktische Ausbildung mehr angeboten wird. Seit einem Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts Oldenburg [11] ist durch den Krankenhausträger sicherzustellen, dass der Patient von einem Operateur persönlich behandelt wird, wenn dies vorher mit ihm abgesprochen ist. Der Patient wird sich vermutlich im seltenen Fall den Assistenzarzt als Operateur wünschen. Es bleibt abzuwarten, ob und wann eine spezielle Aufklärung über einen Ausbildungseingriff von den Patienten abgefragt und eingeklagt wird.

Eine gezielte Unterstützung der Weiterbildung im Entgeltsystem als Anreiz für die Ausbildungskliniken ist anzustreben, um eine praktisch-operative Ausbildung sicherzustellen. Dabei muss die Ausführung des Eingriffs unter qualifizierter Anleitung abgesichert sein. Es ist zu klären, ob jeder Arzt in Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie den gesamten Katalog bestimmter vorgegebener Eingriffe selbstständig durchzuführen hat – so auch Endoprothesen-Implantationen, obwohl die Mediziner später als Fachärzte nur in wenigen Fällen alle Eingriffe selbstständig ausführen werden. In der Zeit von Kostendruck und steigenden Qualitätsansprüchen der Patienten [12] sollten vor allem diejenigen Kollegen praktisch gezielt ausgebildet werden, d.h. schrittweise an endoprothetische Eingriffe herangeführt werden, welche in der späteren Berufspraxis auch tatsächlich die OP-Ausbildung benötigen. Die Weiterbildung sollte mit geringstmöglichen Risiken und Komplikationen und somit mit hoher Sicherheit für den Patienten ablaufen. Unter Umständen können QM-Maßnahmen, wie die Initiative Endocert [10], dazu beitragen, gezielte Weiterbildungskonzepte abzufragen und zu prüfen. Der darin definierte Hauptoperateur sollte dabei zu einer gezielten und qualitätssichernden Facharztausbildung beitragen.

Es sollte zudem überdacht werden, ob es sinnvoll ist, gerade die anspruchsvollen Eingriffe wie die Endoprothesen-Implantation über die gesamte Weiterbildungszeit zu verstreuen. Durch die aktuelle Notwendigkeit für zahlreiche junge Kollegen, die Weiterbildungsstätte über mehrere Rotationsstellen zu wechseln, werden diese ggf. mit verschiedenen Zugangswegen und Instrumentarien konfrontiert. Zudem muss hinterfragt werden, welcher tatsächliche Lehreffekt bei geringer Erfahrung und jährlicher Fallzahl des Ausbilders erzielt wird.

Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt noch offen, welchen konkreten Einfluss die OP-Dauer auf die Langzeitergebnisqualität der Hüft-Erstimplantation hat. Es ist zwar zu erwarten, dass mit einer größeren operativen Erfahrung des Operateurs eine bessere Ergebnisqualität erzielt werden kann. Aber auch das gesamte OP-Team sowie Vorbereitung und Nachbehandlung spielen eine wesentliche Rolle im Verfahren. Diese sind durch konsequente Prozessbeschreibung repräsentierbar einzubeziehen. Letztlich sind zur Sicherstellung dieser These prospektive Studien an verschiedenen Zentren der Schwerpunkt- und Regelversorgung zu klinisch-funktionellem Outcome und Versorgungsqualität bei Patienten nach Hüft-Erstimplantation erforderlich.

Korrespondenzadresse

Katrin Zenk

Orthopädische Klinik und Poliklinik

Universität Rostock

Doberaner Straße 142

18057 Rostock

E-Mail: katrin.zenk@med.uni-rostock.de

Literatur

1. Statistisches Bundesamt: Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) Operationen und Prozeduren der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern – Ausführliche Darstellung 2010, Erschienen am 12.10.11, 22

2. Statistisches Bundesamt: Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) Operationen und Prozeduren der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern – Ausführliche Darstellung 2007, Erschienen am 16.03.09, 24

3. Swedish Hip Arthroplasty Register Annual Report 2009. Hrsg: Göran Garellick, Johan Kärrholm, Cecilia Rogmark, Peter Herberts, Sahlgrenska University Hospital Oktober 2010 (http://www.shpr.se/)

4. Kurtz S, Mowat F, Ong K, Chan N, Lau E, Halpern M: Prevalence of primary and revision total hip and knee arthroplasty in the United States from 1990 through 2002. J. Bone Joint Surg. Am. (2005) 87, 1487–97.

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