Übersichtsarbeiten - OUP 03/2021

Einsatz der Strahlentherapie zur Analgesie bei orthopädischen Erkrankungen
Welche Indikationen sind sinnvoll und erfolgversprechend?

Die verschiedenen Entitäten wurden bis vor ca. 10 Jahren unter der jetzt unzulässigen Bezeichnung „Periarthropathia humeroscapularis“ zusammengefasst und in den Publikationen meistens zusammen betrachtet. Retrospektive Studien zeigen eine Schmerzfreiheit zwischen 33 und 75 % sowie zusätzlich eine Schmerzlinderung bei 14–41 % der Patienten nach Strahlentherapie [29]. Die randomisierte Studie von Ott et al. [21] ergab eine Schmerzfreiheit bei 20–28 % der Patienten sowie eine Schmerzlinderung bei weiteren 53–64 %, auch hier konnte die äquivalente Wirksamkeit der beschriebenen Dosislevels gesichert werden.

Arthrosen

Retrospektive Untersuchungen ergaben eine vollständige Schmerzfreiheit bei 11–63 % sowie eine Schmerzlinderung bei 20–65 % der Patienten mit Arthrosen der großen Gelenke (Hüfte, Knie und Schulter) [29]. Über die kleinen Gelenke, z.B. der Hand, finden sich kaum verlässliche Aussagen. Eine retrospektive Arbeit von Jacob et al. zeigte, dass 75 % der Patienten von einer Strahlentherapie profitieren [10].

Neuere retrospektive Studien (Hautmann et al. [6, 8], Koc et al. [11] und Donaubauer et al. [2]) ergaben eine deutliche Schmerzlinderung, wobei diese über die Zeit (meistens zwischen 3 Monaten und 1 Jahr) abnimmt.

Retrospektiv wurde auch die Wirksamkeit einer Re-Radiatio nach ungenügendem Ergebnis der ersten Serie positiv beurteilt [7].

Zwei relativ kleine aber qualitativ sehr hochstehende randomisierte Doppelblind-Studien aus den Niederlanden [13, 17] konnten keinen Unterschied im Ausmaß der Schmerzlinderung zwischen Verum (Strahlentherapie) und Placebo (Scheinbestrahlung) nachweisen. Diese Studien werden derzeit intensiv diskutiert [24]. Eine Studie aus der Homburger und der Regensburger Klinik, bei der eine Strahlentherapie von Arthrosen der Hände und der Kniegelenke mit einer gewöhnlichen Dosis von 3 Gy mit einer sehr geringen Dosis von 0.3 Gy verglichen wurde, ist abgeschlossen. Die Publikation der Daten wird gerade vorbereitet. Anlässlich des Kongresses der DEGRO im Jahre 2019 konnten wir von einer Zwischenanalyse berichten, dabei ergab sich ebenfalls kein Unterschied zwischen den Therapiearmen [18].

Nebenwirkungen und Risiken

Eine vorübergehende Schmerzverstärkung während und einige Wochen nach Strahlentherapie wird nach unserer Erfahrung relativ häufig beobachtet. Akute Hautreaktionen (Rötung) sind überaus selten, Strahlenspätfolgen wurden unserer Kenntnis nach nie berichtet.

Bei jungen Patienten sollte die Gonadendosis berücksichtigt werden – unsere Physiker haben sie mehrfach mit TLD (Thermolumineszenz-Dosimetern) gemessen und sehr niedrige Werte von wenigen mGy gefunden.

Das onkogene Risiko hängt davon ab, ob die bestrahlte Region blutbildendes Knochenmark enthält oder nicht. Insgesamt liegt das onkogene Risiko im Sub-Promillebereich und wird gewöhnlich überschätzt [1, 14]. In den letzten fast 40 Jahren wurde eine Tumorentstehung an unserer Klinik nicht berichtet.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Marcus Niewald

Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum des Saarlandes

Kirrberger Str. 100

66424 Homburg

marcus.niewald@uks.eu

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