Übersichtsarbeiten - OUP 10/2015

Ergebnisse ambulanter orthopädischer Rehabilitation
Ergebnismessung mittels Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken, Constant-Score, Harris-Hip-Score und Knee-Society-ScoreOutcome measurement by Funktionsfragebogen Hannover Rücken, Constant Score, Harris Hip Score and Knee Society Score

Marcus Müller1, Isabelle Gunselmann2

Zusammenfassung: Die ambulante orthopädische Rehabilitation hat sich in Deutschland im letzten Jahrzehnt rasant entwickelt sowohl hinsichtlich der Anzahl der Einrichtungen und behandelter Patienten als auch bzgl. der Qualität der abgegebenen Therapie. Die vorliegende Studie dokumentiert deutliche Verbesserungen im Rehabilitationsverlauf für die häufigsten Indikationen und die dafür verwendeten Assessments Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken,
Constant-Score, Harris-Hip-Score und Knee-Society-Score. Bei insgesamt 1261 Patienten wurden für alle Scores signifikant positive Veränderungen nachgewiesen. Die mittlere Score-Differenz betrug bei den Rücken-Patienten 20,7 Punkte, 24,4 Punkte für die Schulter-Patienten, 23,9 bei den Hüft-Patienten und 19,7 für den Knie-Score bzw. 26,0 für den Knie-Funktions-Score. Damit zeigt diese Untersuchung deutlich positive Effekte ambulanter orthopädischer Rehabilitation.

Schlüsselwörter: Rehabilitation, ambulant, Orthopädie, Scoring

Zitierweise
Müller M, Gunselmann I. Ergebnisse ambulanter orthopädischer
Rehabilitation. Ergebnismessung mittels Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken, Constant-Score, Harris-Hip-Score und Knee-Society-Score. OUP 2015; 10: 487–492 DOI 10.3238/oup.2015.0487–0492

Summary: German outpatient orthopedic rehabilitation has developed rapidly in the last decade both in terms of number of rehablitation facilities and treated patients as well as with respect to therapeutic quality. The present study provides significant improvements in the rehabilitation process for the most common indications and the used assessments Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken, Constant Score, Harris Hip Score und Knee Society Score. A total of 1261 patients showed significantly positive changes for all scores. The mean score difference was 20.7 points for back-patients, 24.4 points for shoulder-patients, 23.9 for hip-patients, 19.7 for the knee score and 26.0 for the knee function score. Thus, this study shows positive effects of outpatient orthopedic rehabilitation.

Keywords: rehabilitation, outpatient, orthopedics, scoring

Citation
Müller M, Gunselmann I. Results of orthopaedic outpatient rehabilitation. Outcome measurement by Funktionsfragebogen Hannover Rücken, Constant Score, Harris Hip Score and Knee Society Score.
OUP 2015; 10: 487–492 DOI 10.3238/oup.2015.0487–0492

Seit Beginn der 2000-er Jahre zeigt sich in Deutschland, gestützt durch die gesetzliche Forderung „ambulante vor stationäre Behandlung“, ein deutlicher Trend hin zur ambulanten Rehabilitation. Die Daten aus den Qualitätsberichten der Kostenträger belegen, dass zwischen stationärer und ambulanter Rehabilitation inhaltlich keine relevanten Unterschiede bestehen [3]. Beide Versorgungsformen sind in gleichem Maße wirksam, wobei die ambulante jedoch einen deutlichen Kostenvorteil aufweist [16].

Entwicklung der ambulanten Rehabilitation

Die Anfänge ambulanter Rehabilitation reichen zurück ins Jahr 1989. Seinerzeit führte die Verwaltungsberufsgenossenschaft die Besonders indizierte Therapie (Bi-Th) ein. Diese war zunächst für Profisportler konzipiert, die schnell wieder leistungsfähig werden sollten. 1991 wurde dieses Konzept als Erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP) auch von den weiteren Berufsgenossenschaften eingeführt und 1994 von den Privaten Krankenversicherern übernommen. Die Gesetzlichen Krankenversicherungen etablierten parallel die Ambulante Orthopädisch-Traumatologische Rehabilitation (AOTR). Mit den 2000 in Kraft getretenen Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) wurden verbindliche, einrichtungsübergreifende Kriterien für die Prozess- und Strukturqualität der ambulanten Rehabilitation etabliert. Seit 2001 besteht mit der Verabschiedung des Neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX) die rechtliche Gleichstellung von ambulanter und stationärer Rehabilitation. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der ambulanten Rehabilitation der Jahre 2005–2013. Insbesondere in den urbanen Ballungsräumen konnten sich ambulante Einrichtungen zuletzt zunehmend etablieren [3].

In einer Reihe von Studien konnte in den letzten Jahren nachgewiesen werden, dass zwischen ambulanter und stationärer orthopädischer Rehabilitation keine entscheidenden Unterschiede hinsichtlich der soziodemografischen Patientenmerkmale, der Patientenzufriedenheit, des klinischen Ergebnisses und des sozialmedizinischen Verlaufs bestehen [3, 14, 16].

Hintergrund und
Fragestellung

Der Anteil ambulant durchgeführter Rehabilitationsmaßnahmen betrug nach Angaben der DRV Bund im Jahr 2012 13 % [6]. Morfeld sieht das Potenzial aber noch nicht ausgeschöpft und verweist auf Expertenschätzungen für einen Bedarf an ambulanter Rehabilitation von bis zu 40 % [16]. Trotz der vorliegenden positiven Daten und der gesetzlichen Forderung „ambulant vor stationär“ besteht bei Patienten, ärztlichen Zuweisern und Leistungsträgern offensichtlich noch immer Zurückhaltung gegenüber der ambulanten Rehabilitation. Um die Effektivität der geleisteten Arbeit zu belegen, bleiben auch in Anbetracht des im gesamten Gesundheitswesens zunehmenden Legitimationsdrucks wissenschaftliche Analysen der Ergebnisse nach ambulanter Rehabilitation unerlässlich. Gleichzeitig wird mit dieser Studie auch den Anforderungen des Gesetzgebers und der Leistungsträger nach Maßnahmen zur Qualitätssicherung Rechnung getragen [10].

Studiendesign und
Untersuchungsmethoden

Über einen Zeitraum von 24 Monaten (11/2010–10/2012) wurden alle orthopädischen Patienten der ambulanten Rehabilitationseinrichtung saludis in Bamberg aus den Indikationsbereichen Rücken, Schulter, Hüfte und Kniegelenk zu Rehabeginn und -ende mit etablierten Scores untersucht. Um den Bezug zu den klinischen Zuweisern zu gewährleisten, wurden nicht in der Rehabilitationsmedizin typischerweise verwendete funktionsorientierte Scores gewählt, sondern in der Akutmedizin weithin verbreitete Assessments verwendet.

Ausgewählt wurde der patientenseitig zu beantwortende Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken für Rückenpatienten. Die übrigen Scores wurden ärztlicherseits erhoben: der Constant-Score für Schulterpatienten, der Knee-Society-Score für Kniepatienten und der Harris-Hip-Score für Hüftpatienten. Andere Indikationen wurden keinem Scoring unterzogen.

Constant-Score

Der Constant-(Murley-)Score [4] ist der am meisten verbreitete Score zur Evaluation von Behandlungsergebnissen bei Einschränkungen der Schulterfunktion. Er ist validiert und wird von der Europäischen Gesellschaft für Schulter- und Ellenbogenchirurgie empfohlen. Berücksichtigt werden Schmerzen, Beweglichkeit, Kraft und funktionelle Einschränkungen.

Funktionsfragebogen-
Hannover-Rücken

Der Funktionsfragebogen-Hannover-Rücken (FFbH-R) ist die Rückenschmerz-Version des Funktionsfragebogens-Hannover (FFbH) [13]. Dieser dient zur Messung der durch Wirbelsäulenbeschwerden eingeschränkten Funktionskapazität bei Alltagstätigkeiten. Der Fragebogen kann in klinischen Untersuchungen, in der Routinedokumentation oder als Screeningverfahren eingesetzt werden. Er ist so konstruiert, dass damit bereits leichte bis mäßige Funktionseinschränkungen mit hoher Validität abgebildet werden können.

Harris-Hip-Score

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