Originalarbeiten - OUP 09/2012

Ergebnisse mit CT-gezielter Thermoablation in der Behandlung des Osteoidosteoms
Results with computed tomography guided thermoablation in treatment of osteoid osteoma

T. Fingernagel1, S. Funk1, T. Muhr1, D. Ullmann1, S. Hofstätter1, K. Trieb1

Zusammenfassung

Das Osteoidosteom ist der häufigste (11%) gutartige Knochentumor des Kindesalters und jungen Erwachsenenalters und wurde früher in den meisten Fällen radikal
chirugisch behandelt. Dabei muss mit einer Rezidivrate von durchschnittlich 10% gerechnet werden.

Dem Trend zur minimal-invasiven Behandlung folgend
haben wir in den letzten Jahren 3 Patienten mittels CT-
gezielter Thermoablation in kurzer Allgemeinnarkose behandelt. Der Eingriff war mit ca. 30 min im Vergleich zur operativen Sanierung deutlich kürzer und das Gewebetrauma war durch die verwendete Punktionsnadel gering.

Durch die Punktionsnadel (12G) war es möglich, ein Präparat zur histologischen Aufarbeitung zu gewinnen und diese anschließend als Führungskanal für die Thermoablationsnadel zu verwenden.

Unter CT-Kontrolle (2 mm Schichtdicke) wurde die korrekte Lage der Thermoablationsnadel im Nidus dokumentiert, um das umliegende Gewebe möglichst wenig zu traumatisieren. Schließlich wurde die Sonde für ca. 10 Minuten bis zu 90 °C erwärmt.

Postinterventionell konnten die Patienten voll belasten, die Gesamtdauer des stationären Aufenthalts betrug durchschnittlich 24–36 Stunden.

Mit einer postoperativen Verlaufskontrolle am Tag nach
Intervention, sowie 3 und 6 Monate nachher wurde die
erzeugte Nekrose mittels 3 Tesla-MR dokumentiert. In
unserem 3-Jahres-Follow-up haben wir kein Rezidiv und bei den nunmehr jährlich MRT-Kontrollen einen weitgehend
unaufälligen Knochen dokumentiert. Die subjektive Patientenzufriedenheit war bis dato 100%.

Die CT-gezielte Thermoablation ist eine komplikationsarme, wenig traumatisierende Behandlungsmethode mit hoher
Effizienz und Patientenzufriedenheit, die in den überwiegenden Fällen einer aufwendigen operativen Sanierung vorzuziehen ist

Schlüsselwörter: Osteoidosteom, CT-gezielte Thermoablation

Abstract

Osteoid osteoma is the most common (11%) benign bone tumor found in children and young adults. Radical surgical excision formerly used to be the treatment of choice in most cases, with an expected recurrence rate of 10%.

Following the recent trend of minimally invasive treatment, we treated 3 patients with CT-guided thermoablation under short general anesthesia over the last 3 years.

Compared to classical surgical treatment, the intervention performed within an average of 30 min, took a significant shorter amount of time, while simultaneously inflicting less tissue damage. A hard bone biopsy set was used to drill a 12G channel and take histological samples. Next, the exact placement of the cooled tip needle at the center of the nidus was confirmed by 2 mm CT-slices, in order to minimize the damage to the surrounding tissue. Finally, the cooled tip needle was heated to approximately 90 °C over 5–10 min.

After the intervention, patients were allowed to bear weight without restriction. The overall duration of the hospitalization was 24–36 hours.

With 3-Tesla-MRI, the necrosis was documented on the first day after the intervention and subsequently after 3 and 6 months.

In 3 years of follow-up we found no evidence of recurrence, every patient was absolutely pain free beginning with the first day after the procedure.

Conclusion: CT guided thermoablation is a safe, efficient
tissue sparing procedure and in most cases superior to the classical surgical treatment.

Keywords: osteoid osteoma, computed tomography guided thermoablation

Das Osteoidosteom ist ein gutartiger Knochentumor, welcher typischerweise im Kindesalter bzw. jungen Erwachsenenalter auftritt. Es macht etwa 11% der gutartigen Knochentumoren aus, mit einem Anteil von 5% aller primären Knochentumoren. Klinisch imponiert typischerweise ein starker lokaler Schmerz mit nächtlicher Betonung und einem üblicherweise guten Ansprechen auf nichtsteroidale Antiphlogistika. Prädilektionsstellen sind die langen Röhrenknochen mit kortikal gelegenen Tumoren, wobei sich dort rund-ovale und in der Regel scharf begrenzte Herde, Nidus genannt, zeigen. Diese Nidi sind meist kleiner als 1 cm im Durchmesser, mit einer Untergrenze von 1 mm.

Das Repertoire der Behandlungsformen umfasst einerseits die medikamentöse, symptomatische Therapie mit Aspirin, wobei die chronischen Schmerzen und die damit verbundenen sekundären Beschwerden wie Schlaflosigkeit oder die Nebenwirkungen der verwendeten Medikamente oft die offene
chirurgische Resektion erfordern.

Das chirurgische Vorgehen ist einerseits erschwert durch die meist geringe Größe der Tumoren, sowie durch die schwierige intraoperative Abgrenzbarkeit derselben, welche in weiterer Folge oft eine ausgedehnte Resektion auch gesunden Knochengewebes erfordert. Darüber hinaus kann die Operation durch eine ungünstige Lage der Tumoren in schwer zugänglichen Körperbereichen kompliziert werden.

Die wichtigsten Komplikationen der chirurgischen Resektion umfassen Hämatombildung, postoperative Infektionen und die Frakturgefahr. Dabei ist auch bei komplikationslosem Verlauf mit einer längeren Hospitalisierungsdauer zu rechnen, sowie – in Abhägigkeit der Lokalisation der Läsion – mit einer längeren Nachbehandlung mit zunächst Schonung und damit einhergehendem temporären Verlust der Funktion des betreffenden Köperteils, schließlich zunehmender Mobilisierung unter gegebenenfalls physiotherapeu-
tischer Anleitung.

Schließlich ist bei chirurgischem Vorgehen erfahrungsgemäß von einer Rezidivrate von durchschnittlich 10% auszugehen.

Aufgrund dieser nicht zu unterschätzenden Nachteile wurden alternative, bildgestützte Verfahren entwickelt, wobei sich in den letzten Jahren ein Trend zur minimal-invasiven Behandlung mittels CT-gezielter Thermoablation der Tumore zeigt [1, 2]. Hierzu liegen bereits Verlaufsdaten bei größeren Patientenkollektiven vor [3].

Ermutigt von den berichteten Erfolgen haben wir in den Jahren 2008–2010 3 Patienten minimalinvasiv mittels CT-gezielter Thermoablation in kurzer Allgemeinnarkose behandelt.

Es handelte sich um 3 männliche Patienten im Alter von 23, 14 und 8 Jahren zum Behandlungszeitpunkt, bei denen keine relevanten Vorerkrankungen vorlagen. Die Lokalisation der Tumoren war rechter Femur, linke Tibia und rechter Femur.

Alle Patienten berichteten über eine starke nächtlich betonte Schmerzsymptomatik ohne Traumaanamnese mit gutem Ansprechen auf Aspirin. In jedem Fall erfolgte eine radiologische Abklärung zur Diagnosesicherung mit konventionellem Röntgen (s. Abb. 1), Kernspintomographie, Computertomographie und Szintigraphie. Bei klinisch und radiologisch gesicherter Diagnose erfolgte schließlich die stationäre Aufnahme zur Durchführung der Thermoablation. Als Behandlungsparameter diente der subjektiv erlebte Schmerz.

Die Eingriffe wurden nach umfangreicher Aufklärung der Patienten bzw.
deren Angehörigen in interdisziplineller Zusammenarbeit mit der Radiologie standardisiert in Allgemeinnarkose durchgeführt (s. Abb. 2). Als Thermoablationsgerät diente das Modell Covidien Cool Tip RF Ablation System E Series.

Zunächst wurde nach Einbringen der Punktionsnadel (12G) und Verifizierung der korrekten Lage derselben ein Stanzzylinder für die weitere histologische Aufarbeitung gewonnen. Die Punktionsnadel diente anschließend als Führungskanal für die Thermoablationsnadel (Covidien Cool Tip RF Ablation Remote Temp Probe E Series 17G). Schließlich wurde die Radiofrequenztherapie unter größtmöglicher Schonung des umliegenden Gewebes über 7, 5 bzw. 10 min durchgeführt, wobei innerhalb der Tumore eine Maximaltemperatur von 90 °C erreicht wurde. Nach Rückzug der Sonde wurden 3 ml Mepinaest 1% in den Stichkanal injiziert, abschließend wurde die kleine Eintrittswunde vernäht. Die Gesamtdauer des Eingriffes umfasste jeweils ca. 30 min, sämtliche Schritte erfolgten unter CT-Kontrolle (s. Abb. 3).

Postoperativ erhielten die Patienten bei Bedarf eine orale Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika und durften nach der Behandlung schmerzorientiert voll belasten, einzig sportliche Aktivitäten wurden für 2 Wochen postoperativ untersagt. Neben einer konventionellen radiologischen Aufnahme erfolgte am ersten postinterventionellen Tag eine MR-Kontrolle mittels 3 Tesla-MR zur Dokumentation der Nekrosezone und des umgebenden Ödems sowie eines allfälligen Hämatoms.

Bei allen Patienten kam es bereits am Tag nach der Intervention bei einem komplikationslosen Verlauf zu einer vollständigen und dauerhaften Schmerzfreiheit. Insgesamt betrug die Dauer des stationären Aufenthaltes im Durchschnitt 2 Tage.

Die histologische Aufarbeitung des gewonnenen Materials bestätigte die
Diagnose, nur in einem Fall konnte kein diagnostisch verwertbares Zellmaterial gewonnen werden.

Weitere Nachsorgeuntersuchungen wurden nach 3 und 6 Monaten anberaumt, dabei erfolgte eine klinische Evaluierung sowie eine MR-Kontrolle mit 3 Tesla-MR. Bei allen Patienten konnte subjektiv eine dauerhafte vollständige Schmerzfreiheit dokumentiert werden, sämtliche Alltagsaktivitäten, insbesondere auch sportlicher Natur, wurden wieder aufgenommen. Kernspintomographisch zeigte sich eine Rückbildung des postinterventionellen Knochenödems, radiologische Veränderungen im Sinne von reparativen Vorgängen waren deutlich.

Bei einem Patienten kam es ein Jahr nach der Intervention zum Auftreten eines malignen Hodentumors, ein kausaler Zusammenhang mit dem Osteoidosteom war nicht ersichtlich. Bezüglich des behandelten Osteoms bestand weiterhin Beschwerdefreiheit.

In unseren mittlerweile 3 Jahre umfassenden Kontrollen haben wir kein Rezidiv, und bei den nunmehr jährlich stattfindenden MR-Kontrollen einen unaufälligen Knochen dokumentiert (s. Abb. 4). Weiterhin besteht bei allen Patienten eine subjektive Beschwerdefreiheit.

Diskussion

Im Vergleich zur chirurgischen Sanierung und der damit einhergehenden längeren Aufenthaltsdauer und Nachbehandlung ist die CT-gezielte Thermoablation mit der deutlich kürzeren Behandlungszeit und dem minimalen Gewebetrauma ein großer Vorteil für den Patienten. Unsere Ergebnisse bestätigen die positiven Erfahrungen anderer Gruppen mit einer maximalen subjektiven Patientenzufriedenheit, wobei die Beschwerdefreiheit bereits am ersten Tag nach Intervention zu vermerken war. Auch in Hinblick auf die Ressourcen des Gesundheitssystems ist diese Methode dem chirurgischen Vorgehen überlegen.

Zusammenfassend stellt die CT-gezielte Thermoablation eine sehr komplikationsarme, minimal traumatisierende Behandlungsmethode mit hoher Effizienz und Patientenzufriedenheit dar, die in den meisten Fällen einer aufwendigen operativen Sanierung vorzuziehen ist.

Bezüglich der Rezidivrate bleiben die Langzeitergebnisse noch abzuwarten, wobei eine höhere Rezidivrate als nach operativer Sanierung, wie auch aus anderen Patientenkollektiven ersichtlich ist, nicht zu erwarten ist.

Korrespondenzadresse

Dr. Thomas Fingernagel

Wallfahrtstraße 2

A-4609 Thalheim bei Wels

thomas.fingernagel@hotmail.com

Literatur

1. Ghanem I, Collet LM, Kharrat K et a., Percutaneous radiofrequency coagulation of osteoid osteoma in children and adolescents. J Pediatr Orthop B. 2003; 12: 244–252.

2. Woertler K, Vestring T, Boettner F et al., Osteoid osteoma: CT-guided percutaneous radiofrequency ablation and follow-up in 47 patients. J Vasc Interv Radiol. 2001; 12: 717–722.

3. Vanderschueren GM, Taminiau AH, Obermann WR et al., Osteoid osteoma: clinical results with thermocoagulation. Radiology. 2002; 224: 82–86.

Fussnoten

1Klinikum Wels-Grieskirchen

DOI 10.3238/oup.2012.0352–0355

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