Übersichtsarbeiten - OUP 03/2013

Gelenkerhaltende operative Maßnahmen bei der Gonarthrose

Die arthroskopische Entfernung von Debris, bestehend aus Gelenkknorpel-, Meniskus- und Synovialis-Fragmenten, kann nachgewiesenermaßen eine substantielle Verbesserung von Funktion und die Reduzierung von Symptomen bewirken [8]. Jedoch hängen Effektivität und Dauer der Verbesserung vom Schweregrad der degenerativen Veränderungen ab [9]. Klinische Studien bestätigen, dass der Grad der Symptomverbesserung mit der Art und dem Schweregrad intraartikulär vorhandener Binnenschäden korreliert. Je früher das Stadium der Arthrose ist, desto mehr kann arthroskopisch erzielt werden. Werden symptomatische einklemmende Meniskusrisse behandelt, ist der Effekt größer als beim Debridement asymptomatischer Knorpelschäden. Andere Studien weisen wiederum auf eine Verschlechterung der Ergebnisse durch exzessives Debridement hin [10]. Ergebnisse einer Übersichtsarbeit zeigen eine geringe Evidenz für den Nutzen
der arthroskopischen Gelenklavage [11]. Spülungen durch Kanülen zeigten überhaupt keinen Effekt. Ein vorübergehender positiver Effekt ließ sich nur bei erweiterten arthroskopischen Eingriffen, die symptomatische Pathologien an Meniskus (Risse, Einklemmungen) und Knorpel (freie Gelenkkörper, instabile Ränder) behandeln, nachweisen. Bei einer entzündlichen Synovialhypertrophie kann die kombinierte Synovektomie besonders bei einer rheumatischen Genese günstig beeinflussend wirken. Mit zunehmender Invasivität der Operationen steigt der messbare Effekt einer arthroskopischen Arthrose-Therapie. Mit zunehmendem Schweregrad der Arthrose wiederum reduziert sich die postoperative Erfolgsrate. Die Arthroskopie hat durch die Anwendung von Spülflüssigkeiten auch einen potenziell negativen Effekt auf die nützlichen viskösen Anteile der Gelenkflüssigkeit. In einer kontrollierten Arbeit wurde daher ein positiver klinischer Effekt durch die Substitution von Hyaluronsäure nach Arthroskopie gemessen [12]. Die postoperative Substitution von Hyaluronsäure intraartikulär zählt daher, neben der Physiotherapie, zu einer ergänzenden Behandlungsoption nach Arthroskopie.

Knorpeloperationen

Knorpelschäden können bereits in frühen Jahren durch Anprall, repetitive Belastung, Torsionskräfte, Achsfehlstellungen oder Fremdkörper im Gelenk verursacht werden. Aufgrund der fehlenden Schmerzrezeptoren bleiben Knorpelverletzungen anfangs asymptomatisch bis sekundäre Veränderungen und metabolische Entzündungsreaktionen auftreten. Typisch sind auch Schwellungen und Blockierungen des Gelenkes [13]. Durch Verlust der schützenden visko-elastischen Eigenschaften am Defekt sind die Gelenkflächen und angrenzenden Knorpelränder einer zunehmenden Destruktion ausgesetzt.

Zur Behandlung von Knorpelschäden stehen uns Knochenmark-stimulierende Verfahren wie Mikrofraktur und Abrasion zur Verfügung. Bei diesen Techniken entsteht durch die Eröffnung des subchondralen Knochenmarks eine Einblutung mit Bildung eines Fibrin-Gerinnsels. Mithilfe mesenchymaler Stammzellen entsteht ein Regenerat aus Faserknorpel. Faserknorpel enthält hauptsächlich Kollagen Typ I und hat eine geringere biomechanische Widerstandsfähigkeit als hyaliner Gelenkknorpel. Deshalb sind Knochenmark-stimulierende Techniken bevorzugt bei Defekten unter 4 cm2 zu empfehlen [14].

Als Knochenmarkstimulation der zweiten Generation kommt die autologe Matrix-induzierte Chondrogenese zum Einsatz, bei der in den mikrofrakturierten Defekt eine Kollagen-I/III-Membran eingenäht bzw. eingeklebt wird [15].

Der Transfer autologer osteochondraler Zylinder bietet den Vorteil eines sofort belastbaren Reparaturgewebes mit hyalinem Knorpel [16]. Wegen der Entnahmemorbidität ist das Verfahren für kleine und mittlere chondrale und osteochondrale Defekte geeignet. Kontraindikationen sind großflächige degenerative und bipolare Knorpelschäden.

Die autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT) ist ein regenerierendes Verfahren mit in-vitro expandierten autologen Chondrozyten. In der ersten Generation wurden die Chondrozyten in den mit Periost abgedeckten Defekt instilliert [17]. In der zweiten Matrix-gestützten Generation der ACT (MACT oder MACI) kommen Membranen aus bioresorbierbaren Materialen als Zellträger und Deckelung zum Einsatz [18]. Das Regeneratgewebe wird wegen seines Kollagen-Typ-II-Anteils hyalinähnlich bezeichnet und höherwertiger eingestuft. Die ACT/MACT ist bei der Gonarthrose gemäß aktueller Richtlinien kontraindiziert [19]. Studien im Bereich von Grenzindikationen („salvage procedures“) zeigen bereits, dass auch multiple degenerative Defekte mit der ACT behandelt werden können [20], sofern korrekte Achsen, intakte Menisken, stabile Bandführung und keine korrespondierenden Defekte („kissing lesions“) vorhanden sind.

Abtragung von Osteophyten

Neben der Gelenkspaltverschmälerung und subchondraler Sklerose sind Osteophyten ein typisches Zeichen bei Arthrosen. Es sind knöcherne Sporne, die mit Faserknorpel überzogen sind und häufig am Rand der Gelenkknorpelzone infolge einer periostalen Reaktion entstehen. Nach wie vor ist jedoch die Ursache für die Entstehung von Osteophyten nicht genügend geklärt. Auch ohne Knorpelschäden können sich mit zunehmendem Alter Osteophyten bilden [21]. Os-
teophyten können Ursachen für Schmerzen und Funktionsstörungen darstellen. Sie können zu einem Impingement – insbesondere im Bereich der Kollateralligamente und der interkondylären Notch – führen. Am Patella-Rand erzeugen sie manchmal sichtbare Schleifspuren im korrespondierenden Trochlea-Knorpel. Abgebrochene Osteophyten können sich zu symptomatischen freien Gelenkkörpern entwickeln. Eine Stenose der interkondylären Notch kann zu einer mukoiden Hypertrophie des vorderen Kreuzbandes mit Streckhemmung und sekundärer Instabilität führen. Die arthroskopische Entfernung von Osteophyten und die Notch-Erweiterung haben sich daher in der Arthrosebehandlung mit signifikanter Schmerzreduktion und Extensionsverbesserung bewährt [22].

Operationen am Meniskus

Der Verlust des Meniskus durch Verletzung oder Degeneration hat eine progrediente Gonarthrose zu Folge [23, 24]. Die Teil-Resektion von symptomatischen Meniskusrissen degenerativer Genese weist in der Literatur überwiegend exzellente und gute Resultate im mittleren Zeitverlauf auf [25]. Die Behandlung von symptomatischen Meniskusschäden durch die arthroskopische Teilresektion reduziert in systematischen Literaturanalysen [26] langfristig die Symptome, wobei es dennoch nach 8 bis 16 Jahren zu radiologischen Zeichen einer Arthrose kommt [27]. Je mehr Meniskusgewebe entfernt werden muss, desto höher ist das Risiko für die Entstehung einer Gonarthrose. Der symptomatische degenerative Riss stellt daher auch im höheren Stadium der Arthrose eine korrekte Indikation zur Arthroskopie dar [28]. Der Erhalt des Meniskusgewebes durch eine Naht zeigt bessere Ergebnisse als eine Resektion [29]. Degenerative horizontale Risse neigen zur Progredienz in Richtung der Gelenkkapsel und können schmerzhafte Ganglien oder Zysten bilden. Um den instabilen Meniskus nicht bis zur Kapsel resezieren zu müssen, wird heute auch bei dieser Riss-Form eine All-inside-Naht nach Anfrischen der Rissflächen empfohlen. Der Erfolg einer Meniskusnaht nimmt dennoch bei Zunahme von Degeneration und Patientenalter ab [30].

Behandlung von
Bandinstabilitäten

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