Übersichtsarbeiten - OUP 04/2014

Gibt es eine Indikation für ein schenkelhalsteilerhaltendes Kurzschaftsystem (MiniHip) bei Patienten mit avaskulärer Femurkopfnekrose?

Patientengut: Im Rahmen einer prospektiven Untersuchung wurden 186 Patienten nach Implantation einer MiniHip-Endoprothese jährlich nachuntersucht. Das Alter der Patienten betrug im Durchschnitt 59,3 Jahre (32 bis 82 Jahre).

Aus diesem Gesamtkollektiv fanden sich 18 Patienten mit einer avaskulären Nekrose. Diese Patienten hatten ein Durchschnittsalter von 36,2 Jahren (32 bis 38 Jahre). Bei allen Patienten lag ein Osteonekrosegrad im ARCO-Stadium III bis IV vor (s. Abb. 1, 2). Die Implantation der Endoprothese erfolgte zwischen 2008 und 2010. Der minimale Nachuntersuchungszeitraum betrug 3 Jahre. Bei den AVN-Patienten handelt es sich in 10 Fällen um Männer und in 8 Fällen um Frauen. In 2 Fällen erfolgte eine bilaterale Versorgung. Die identifizierbare Ursache für die Osteonekrose war in 4 Fällen eine Glucocorticoid-Therapie und in 3 Fällen ein Alkoholabusus. In den übrigen Fällen konnten keine spezifischen Risikofaktoren aufgedeckt werden.

Operationstechnik

Die Patienten wurden über einen anterioren oder anterolateralen minimal-invasiven (ALMI) Zugang operiert [12]. Auf der acetabulären Seite wurde eine Pressfit-Pfanne mit Keramikinlay verwendet, auf der femoralen Seite die MiniHip-Kurzschaft-Prothese (Fa. Corin), ebenfalls mit einem Keramikkopf. Im Rahmen der Nachbehandlung wurde dem Patienten eine schmerzadaptierte Vollbelastung erlaubt.

Nachuntersuchungskriterien

Die klinische Evaluation erfolgte prä- und postoperativ durch den Oxford Hip Score sowie den Hip Dysfunction and Osteoarthritis Outcome Score. Zusätzlich wurde postoperativ der EQ-5D-Score verwendet, ein postoperativer, subjektiver Score zur Beurteilung der Lebensqualität.

Die Nachuntersuchungen erfolgten alle durch einen unabhängigen Untersucher. Radiologisch erfolgten standardisierte PA und axiale Röntgenaufnahmen. Es wurden Hypertrophie und Atrophie in unterschiedlichen Grünzonen (G 1 bis G 14) sowie auch Lysezonen > 1 mm in den Grünzonen (G 1 bis G 14) dokumentiert. Daneben erfolgte die Dokumentation von heterotopen Ossifikationen nach der Brooker-Klassifikation. Daneben wurden Änderungen in der Schaftposition von > 2 mm dokumentiert.

Ergebnisse

Klinische Ergebnisse

Der HOOS zeigte sowohl in der Gesamtgruppe als auch in der AVN-Gruppe eine signifikante Verbesserung bereits innerhalb des ersten Jahres. In der Gesamtgruppe betrug der HOS präoperativ 29,91. Im ersten postoperativem Jahr stieg der HOS auf 91,1; im 2. Jahr auf 92,79; im 3. Jahr auf 93,72; im 4. Jahr auf 94,6 (s. Abb. 3).

In der AVN-Gruppe betrug der HOOS präoperativ 44,4 und stieg auf 93,9 im ersten Jahr, auf 94,8 im 2. Jahr, auf 95,9 im 3. Jahr und auf 96,2 im 4. Jahr. Es zeigte sich zwischen dem präoperativen und postoperativen HOOS ein signifikanter Unterschied in beiden Gruppen, jedoch kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen zu allen Zeitpunkten. Es fiel insgesamt auf, dass der HOOS in der AVN-Gruppe etwas besser war, dieses führen wir auf das deutlich jüngere Patientengut zurück.

Ein vergleichbarer Trend zeigte sich beim OHS. Dieser betrug in der Gesamtgruppe präoperativ 17,63; in der AVN-Gruppe 24. Im ersten Jahr postoperativ betrug der Oxford Hip Score in der Gesamtgruppe 44,2; im 2. Jahr postoperativ 45,2; im 3. Jahr postoperativ 45,8 und im 4. Jahr 56,1. Auch hier zeigten sich bessere Werte in der AVN-Gruppe. Im ersten Jahr betrug der Wert in der AVN-Gruppe 46,1, im 2. Jahr 47,1, im 3. Jahr 47,4 und im 4. Jahr 47,1. Auch hier führten wir den besseren OHS in der AVN-Gruppe auf das jüngere Patientengut zurück (Abb. 4).

Radiologisch fand sich in den kritischen Regionen keine Auffälligkeit. Ebenso fand sich radiologisch bis zum 4. Jahr in Grünzone 6 und 7 kein Knochenverlust. Im Bereich der lateralen Femurbegrenzung fanden sich ebenfalls keine kortikalen Reaktionen. Lediglich im Bereich der Prothesenspitze, die im distalen Bereich hoch poliert sind und keine Oberflächenstruktur haben, befanden sich reaktive Linien in den Grünzonen 4 und 5 (Abb. 5).

Komplikation

Bei den 18 AVN-Patienten fand sich keine Luxation, kein Infekt und keine Thrombose. Auch fand sich keine Lockerung des Implantats und es lagen keine sonstigen implantatunabhängigen Auffälligkeiten vor.

Diskussion

Bei der Behandlung einer sekundären Coxarthrose aufgrund einer avaskulären Nekrose besteht nach wie vor ein gewisser therapeutischer Konflikt. Es handelt sich hier in der Regel um junge Patienten, sodass ein knochensparendes Implantat unter dem Blickwinkel der späteren Revisionsbedürftigkeit zu favorisieren wäre, andererseits vertrauen gerade zementfreie knochensparende Kurzschaftprothesen naturgemäß auf eine gute Knochenqualität. In der Literatur werden hier bisher unterschiedliche Konzepte verfolgt. Diese reichen von der totalen Hüftendoprothese über Hemiarthroplastik, dem Oberflächenersatz bis zu Kurzschaftprothesendesigns [12, 13, 14, 15, 6, 7, 8].

Ein durchgängiges Konzept ist bisher in der Literatur somit nicht zu erkennen. Es gibt nur wenige Arbeiten bei diesem speziellen Patientengut, bei denen die langfristige Implantation von Standardschäften überprüft wurden. Viele neuere Prothesendesigns, wie z.B. Oberflächenersatz oder Kurzschaftprothesen, haben naturgemäß nur eine kurze Nachuntersuchungszeit aufzuweisen.

Floerkemeier et al. [16] berichten über 73 METHA-Hüften bei 64 Patienten, bei denen nach einer sekundären Arthrose aufgrund einer avaskulären Nekrose eine METHA-Prothese implantiert wurde. Die Autoren messen den Harris Hip Score und die Visuelle Analog Skala (VAS) und sie sowie dokumentieren radiologische Ergebnisse bei einem mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 34 Monaten. Die VAS verbesserte sich von präoperativ 7,8 auf postoperativ 1,7; der HHS verbesserte sich von 41,4 auf 90,6.

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