Übersichtsarbeiten - OUP 04/2014

Gibt es eine Indikation für ein schenkelhalsteilerhaltendes Kurzschaftsystem (MiniHip) bei Patienten mit avaskulärer Femurkopfnekrose?

An Komplikationen berichten die Autoren über 2 traumatische Femurschaftfrakturen mit einer tiefen Infektion. Die radiologische Analyse zeigt ein gutes Knocheneinwachsverhalten bei allen Patienten trotz der zugrunde liegenden Arthrose.

Kritiker einer derartigen Versorgung weisen auf das erhöhte Lockerungspotenzial einer derartigen Versorgung bei schlechten Knochen hin. Insbesondere, wenn nekrotische Knochensubstanz nicht nur den Kopf-, sondern auch den Halsbereich erfasst. Hierzu gibt es durchaus auch histologische Untersuchungen, die nahelegen, dass nicht nur der Kopf, sondern durchaus auch der Hals vom Osteonekroseprozess erfasst wird [17].

Tingart et al. [18] analysierten die Knochenmatrix und die travikuläre Mikroarchitektur in der femoralen Metaphyse bei Patienten mit einer avaskulären Nekrose. Sie zeigten auf, dass bei diesen Patienten durchaus mit einer Veränderung des Knochenmetabolismus und der Mikroarchitektur zu rechnen ist, was theoretisch für eine höhere Lockerungsrate bei einer hüftendoprothetischen Versorgung hinweisen würde.

Klinisch scheint dieses bei einer schenkelhalsteilresezierenden Kurzschaftprothese keine Rolle zu spielen. Es muss in diesem Zusammenhang auch nochmals auf den Verankerungsmechanismus aufmerksam gemacht werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine spongiöse Verankerung derartiger Prothesensysteme, sondern insbesondere im axialen Strahlengang um eine sog. 3-Punkt-Fixation (PAP-Fixation, posterior-anterior-posterior). Hierdurch kommt es primär bereits zu einer stabilen Verankerung der Prothese mit kortikaler Abstützung. Ein derartiges Fixationsprinzip scheint auch durchaus bei unzementiertem Prothesendesign im osteoporotischen Knochen zu funktionieren [19].

Es stellt sich deshalb die Frage, ob man bei Patienten mit einer avaskulären Nekrose unbedingt eine Kernspintomografie fordern muss, um die Knochensituation auch im Femurhals zu erkennen, die Literatur kommt zu keinen eindeutigen Ergebnissen. [16].

In der Literatur zeigen sich nur wenige Studien, die die Überprüfung von knochensparenden Prothesen bei der Hüftkopfnekrose durchgeführt haben. Zeh et al. [17] untersuchten die mittelfristigen Ergebnisse von 26 Mayo-Schäften in 21 Patienten, welche bei der Indikation „Hüftkopfnekrose“ implantiert wurden. Die Autoren fanden keine Migration und keinen Tilt des Mayo-Schafts in dieser Patientengruppe.

Karatosun et al. [20] untersuchten 19 Druckscheibenprothesen bei 15 Patienten nach Hüftkopfnekrose. 12 Monate postoperativ fanden sie eine Zunahme des Harris Hip Scores von 53 auf 97. Innerhalb des ersten Jahres war keine Revision notwendig. Vergleichbare Ergebnisse präsentierten Yasunaga et al. [21] bei ihren 31 Druckscheibenprothesen in 27 Patienten. Eine mechanische Lockerung fand sich ein Jahr postoperativ bei einem Patienten, bei 4 weiteren fand sich ein I.° iges Stress-Shielding.

Deutlich schlechtere Ergebnisse fanden Fink et al. [22] bei 72 Druckscheinprothesen in 63 Patienten. Der Harris Hip Score betrug präoperativ 50 Punkte, postoperativ nach 3 Monaten bereits 79,8, und innerhalb des ersten Jahres stieg dieser weiter auf 86,8 Punkte. Eine Revision war bei diesen Patienten gut, jedoch in 8,3 % notwendig (6 Patienten). Bei 3 dieser Patienten fand sich eine aseptische Lockerung des Implantatss. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Druckscheibenendoprothese bei einer Kopfnekrose nach Nierentransplantation und Ausbreitung der nekrotischen Areale auf den Schenkelhals eine Kontraindikation für dieses Implantat darstellen.

Wang et al. [23] berichten über Ergebnisse der CFP-Prothese bei 9 Patienten aufgrund einer Hüftkopfnekrose. Der Harris Hip Score stieg präoperativ von 42,8 zu postoperativ 92,8 nach 18,1 Monaten. Die Autoren berichten keine Lockerungs- oder Osteolysezeichen.

Betrachtet man die Ergebnisse von Standardprothesen, die bei der Indikation sekundärer Coxarthrose bei Hüftkopfnekrose implantiert wurden, so zeigen Garino et al. [24] eine 96 %ige Überlebensrate nach 55 Monaten. In die Nachuntersuchung wurden 123 zementierte und Hybridhüftendoprothesen aufgenommen. Kim et al. [15] berichten eine 98 %ige Überlebensrate nach 22 Monaten bei 100 Patienten nach Implantation in einer zementierten Prothese mittels 2. und 3. Generationszementiertechnik.

Berichtet wurde über Implantationen von 38 Mayo-Hüften bei primären und sekundären Arthrosen. In 17 Fällen fand sich eine avaskuläre Arthrose, und es fand sich auch bei diesen Autoren keine auffällige Prothesenmigration oder Lockerung innerhalb eines Nachuntersuchungszeitraumes von 24,2 Monaten.

Neben der reinen Überlebenszeit der Prothese gilt es gerade bei diesem jungen Patientengut natürlich, auch die Rekonstruktionsmöglichkeiten der Biomechanik mit dem vorliegenden Design zu bedenken. Wir konnten mit einer vergleichenden Untersuchung mit 9 unterschiedlichen Kurzschäften darstellen, dass mit schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftdesigns ein hohes Maß der Rekonstruktionsfähigkeit der individuellen Biomechanik (Offsets, Beinlänge) möglich ist [25].

Zusammenfassend ist festzustellen, dass aufgrund der eigenen Erfahrung und der Literaturlage ein schenkelhalsteilerhaltendes Kurzschaftsystem durchaus eine valide Option für den jüngeren Patienten mit einer sekundären Arthrose nach Hüftkopfnekrose darstellt. Die vorliegenden Daten lassen erwarten, dass die Ergebnisse durchaus vergleichbar sind zu anderen Standardprothesen.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna Etiennne Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41452 Neuss

J.Jerosch@ak-neuss.de

Literatur

1. Cornell CN, Salvati EA, Pellicici PM. Long-term follow-up of total hip replacement in patients with osteonecrosis. Orthop Clin North Am 1985; 16: 757–769

2. Ortiguera CJ, Pulliam IT, Cabanela ME (1999) Total hip arthroplasty for osteonecrosis: matched-pair analysis of 188 hips with long-term follow-up, J Arthroplasty 1999; 14: 21–28

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