Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021

Grenzen der arthroskopischen Arthrolyse – Alternative offene Arthrolyse
Welche Möglichkeiten gibt es?

Atesch Ateschrang, Ulrich Stöckle

Zusammenfassung: Konzentrische Bewegungseinschränkungen des Ellenbogens können sich sowohl auf dem Boden akuter, subakuter und chronischer Prozesse entwickeln. Betroffene Patienten und Sportler werden dabei erheblich beeinträchtigt, wobei eine erfolgreiche Behandlung anspruchsvoll sein kann. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Behandlungsstrategie ist die exakte Erfassung der zu Grunde liegenden Pathologie, um diese beheben zu können.
Die offene Arthrolyse ist ein bewährtes Vorgehen mit bekannten Nachteilen, insbesondere wenn die konservative Therapie nicht den gewünschten Erfolg bringt. Vor diesem Hintergrund wurde die arthroskopische Arthrolyse in den vergangenen 20 Jahren zunehmend entwickelt und stellt heute eine sichere Alternative dar. Um das ideale Vorgehen wählen zu können, sollte man beide Verfahren beherrschen. Insbesondere komplexe Fall-Konstellationen mit koinzidenten Instabilitäten machen zwei- und ggf. mehr-zeitige operative Interventionen notwendig, die offene und arthroskopische Techniken einschließen. Entscheidend für den Erfolg ist die suffiziente Erfassung der Pathophysiologie mit der daraus abzuleitenden Behandlungsstrategie.

Schlüsselwörter: Ellbogensteife, Arthrolyse, Narkosemobilisation, Arthroskopie, Ellbogen

Zitierweise: Ateschrang A, Stöckle U: Grenzen der arthroskopischen Arthrolyse – Alternative offene Arthrolyse. Welche Möglichkeiten gibt es? OUP 2021; 10: 008–013
DOI 10.3238/oup.2021.0008–0013

Summary: Elbow stiffness is a disabling condition that may be caused by acute, sub-acute or chronic entities. Affected individuals and athletes suffer from restrictions in the daily life, while a successful therapy still remains challenging. Basic requirements are a thorough analysis to rectify the pathophysiologic causes.
Open elbow arthrolysis is commonly recommended when conservative therapy has failed, knowing the disadvantages. Therefore, in the past 20 years the arthroscopic procedure has been developed and is meanwhile an accepted and save alternative procedure. It is mandatory to be skilled in both techniques for choosing the best surgical strategy. Especially complex case constellations may need a multi staged procedure including open or arthroscopic interventions. Paramount for a successful therapy is a detailed analysis to eliminate the identified pathophysiologic causes.

Keywords: stiff elbow, arthrolysis, manipulation under anesthesia, arthroscopy, elbow

Citation: Ateschrang A, Stöckle U: Limitations of arthroscopic arthrolysis and the alternative of open joint release. Which possibilities do we have? OUP 2021; 10: 008–013 DOI 10.3238/oup.2021.0008–0013

Atesch Ateschrang: Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Ev. Stift St. Martin, Akademisches Lehrkrankenhaus der Johannes Gutenberg Universität Mainz

Ulrich Stöckle: Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Campus Virchow-Klinikum (CVK)

Einleitung

Das Ellenbogengelenk ist nach Morrey besonders vulnerabel, um Bewegungseinschränkungen durch Traumata zu entwickeln [4]. Dabei wurde bisher eine Inzidenz zwischen 5 – 20 % angegeben [3, 5]. Eine aktuellere Arbeit, die auf Daten einer Versicherung basierten mit über 22 Mio. Personen ermittelte hierbei einen Wert von 8,3 % [8]. Morrey beschrieb für eine zufriedenstellende Ellbogenfunktion im Alltag einen Bewegungsumfang von 100°, der häufig als funktioneller Bewegungsbogen Einzug in die Literatur fand in Bezug auf Extension und Flexion. Hinsichtlich der Pro- und Supination wurden je 50° angegeben [4]. Einschränkungen der Beweglichkeit in Bezug auf die Extension werden eher toleriert als ein identischer Flexionsverlust. Zur präzisen Beschreibung der Funktionseinschränkung sollte von einem Flexions- oder Extensionsdefizit bzw. Mischformen (Flexions- /Extensionsdefizit) gesprochen werden [9–11].

Die Ursache der konzentrischen Bewegungseinschränkung des Ellenbogens bzw. der Ellenbogensteife beinhaltet vielfältige Ursachen, die im Rahmen einer sorgfältigen Anamnese sowie klinischen und radiologischen Untersuchung erarbeitet werden müssen. Grundsätzlich kann die Ätiologie in traumatische und degenerative Entitäten eingeteilt werden, wobei eine Differenzierung nach akuten, subakuten und chronischen bzw. repetitiven Mikro-Traumatisierungen das Verständnis der Grundproblematik erleichtern kann.

Die anatomische Ursache der Funktionseinschränkung lässt sich als intra-artikuläre bzw. intrinsische und als extra-artikulär bzw. extrinsische oder gemischte Pathologie identifizieren [2, 4]. Intrinsische Ursachen beinhalten bspw. posttraumatische Gelenkinkongruenzen nach Frakturen, Osteophyten (z.B. bei repetitiver Mikro- oder Makro-Instabilität), freie Gelenkkörper, Gelenkkapselfibrosen bzw. synoviale Adhäsionen als auch sekundäre degenerative Veränderungen der Gelenkfläche (bspw. immunologische Arthropathien). Extrinsische Gelenkpathologien beinhalten Kontrakturen und/oder Adhäsionen der Muskulatur, der Sehnen ggf. mit unterschiedlicher Beteiligung der extra-artikulär liegenden Kollateralbänder. Hierzu gehören Zustände nach Operationen wie Osteosynthesen sowie extra-kapsuläre Fibrosierungen, bspw. nach Verbrennungen, als auch heterotope Ossifikationen. Implantate wie Plattenosteosynthesen, Prothesen oder bspw. Radiusköpfchen-Prothesen können zu Gelenkkapsel übergreifende Fibrosierungen führen und damit unangenehme Mischbilder darstellen.

Alternativ kann die Ursache rein deskriptiv nach degenerativen, traumatischen und eigenständigen Entitäten erfolgen.

Die klinische Klassifizierung der Funktionseinschränkung bzw. Beweglichkeit (Range of Motion = ROM) kann nach Mansat und Morrey [4] in 4 Stadien eingeteilt werden: Stadium I (milde) 90° ROM, Stadium II° (moderat) 60–90° ROM, Stadium III° 30–60° (schwer) ROM sowie Stadium IV° extrem schwer < 30°.

Falls sich unter konservativer Therapie keine Besserungsdynamik erzielen lässt, sollte die operative Arthrolyse angeboten werden. Die Behandlungsziele sind grundsätzlich ein schmerzfreies und stabiles Ellenbogengelenk mit einem Maximum an erzielbarer Beweglichkeit.

Die offene Arthrolyse stellt bis heute einen etablierten Standard dar [3, 5, 11]. Zahlreiche Studien konnten ein Bewegungsausmaß (ROM) von durchschnittlich 103° erzielen, wobei die Werte zwischen 85 bis 129° variieren können. Die mittlere Verbesserung betrug dabei 51° mit einer Komplikationsrate von durchschnittlich 23 % mit 0 – 59 % [1, 3, 5, 11].

Durch zunehmende technische Entwicklungen und Erweiterung der operativen Erfahrungen konnte sich mittlerweile die arthroskopische Ellenbogengelenksarthrolyse als konkurrierendes und für besondere Fallkonstellationen ergänzendes Verfahren etablieren [2, 4, 6, 9, 10]. Vorteile des arthroskopischen Vorgehens sind das deutlich reduzierte Weichteiltrauma, die damit verbundene geringere Induktion von Weichteilvernarbungen als auch heterotoper Ossifikationen. Mittlerweile wird die Arthroskopie für moderate Einschränkungen zunehmend favorisiert [2, 10].

Präoperative Diagnostik

Um die Hauptpathologie bzw. Ursachenanalyse möglichst komplett zu erfassen, empfehlen wir nicht zuletzt auch aus medico-legalen Gründen die großzügige Indikation zur Realisierung von konventionell radiologischer Bildgebung in mindestens 2 Ebenen.

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht neben der Gelenkbinnenbeurteilung von Knorpel auch eine Erfassung der Kapsel. Allerdings ist letztere nicht immer valide, da die Diskriminierung von Kapsel, Adhäsionen und Knorpel schwierig sein kann. Je nach Befundkonstellation kann eine ergänzende Arthro-MRT notwendig sein [3, 11]. Allerdings ist bei erheblichen Fibrosierungen diese nicht ohne weiteres möglich durch Verlötung des Gelenkbinnenraumes.

Im eigenen Vorgehen empfehlen wir insbesondere bei komplexen Fallkonstellationen eine ergänzende Computer-Tomographie (CT), um die dreidimensionale Deformität möglichst komplett zu erfassen. Hierdurch ist die Evaluierung knöcherner Deformitäten gut möglich, um diese im Rahmen der Operation gezielt zu adressieren. Beispielhaft kann man Abbildung 1 eine besonders ausgeprägte intrinsische Ursache mit Osteophyten und daraus resultierender Gelenkinkongruenz entnehmen. Hier bestehen derart ausgeprägte osteophytäre Ausmauerungen, sowohl der Fossa cubitalis und olecrani, die durch die konventionell radiologische Bildgebung nicht so deutlich zu erfassen wäre. Die postoperative CT-Kontrolle ist grundsätzlich zu empfehlen zur Qualitätssicherung und Ausschluss von verbliebenen Restpathologien (Abb. 2). Diese helfen unter Umständen auch, ein mehrzeitiges Vorgehen zu rechtfertigen, falls Restbeschwerden oder Einschränkungen bestünden.

Die neurologische Untersuchung ist lediglich bei präoperativ suspekten Befunden zu initiieren, um die simultane Dekompression insbesondere des N. ulnaris zu indizieren. Liegen keine Auffälligkeiten vor, ist keine spezifische neurophysiologische Diagnostik wie die Ermittlung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) oder Elektromyographie (EMG) erforderlich.

Arthroskopische Arthrolyse (AA)

Zahlreiche klinische Studien konnten die Sicherheit und Reproduzierbarkeit guter klinischer Ergebnisse für das arthroskopische Vorgehen zeigen [1, 3, 6, 9–11]. Vorteile arthroskopischer Techniken sind das minimierte Weichteiltrauma, die damit verbundene schmerzärmere Rehabilitation als auch ein gezieltes operatives Vorgehen zur Behebung der Bewegungseinschränkung. Die arthroskopische Ellenbogen-Arthrolyse ist im Kontext bzw. Vergleich zu anderen Gelenkinterventionen eine verhältnismäßig anspruchsvolle Operation, da die topographische Nähe zu Gefäß-Nervenstrukturen sehr eng ist. Im eigenen Vorgehen favorisieren wir die Bauchlagerung, wobei auch die Seitlagerung eine Alternative darstellt. Wichtig sind die Planung und die Erfassung der zu erwartenden Hauptpathologie.

Etablierung arthroskopischer Portale

Ein standardisiertes Vorgehen mit Anzeichnung der knöchernen Landmarken ist die wesentliche Grundvoraussetzung zur korrekten Platzierung der Arthroskopieportale und Schonung der neuro-vaskulären Strukturen. Nach Lagerung und Abdeckung des Armes mit einer konsequenten elasto-kompressiven Wickelung des Armes werden die Gelenkorientierungspunkte (Olecranon, Radiuskopf, Epicondylus radialis und ulnaris) als auch der Verlauf des N. ulnaris markiert (Abb. 3). Häufig genügen 5 – 6 Zugänge, um die anterioren und posterioren Gelenkabschnitte zu erreichen, zu beurteilen und die notwendige Intervention realisieren zu können.

Im eigenen Vorgehen favorisieren wir zunächst das Zugehen in die ventralen Gelenkabschnitte, um bei noch nicht geschwollener Weichteilqualität der ventralen Gelenkabschnitte die notwendigen arthrolysierenden Schritte zu realisieren. Nach Auffüllen des Gelenkes mit einer Kanüle werden ca. 30 – 50 ml je nach Größe des Gelenkes bzw. Patientengeschlechts als auch der bestehenden Kapselschrumpfung injiziert. Nicht selten ist allerdings keine adäquate Flüssigkeitsauffüllung möglich, so dass man vereinzelt stumpf mit einer Präparationsschere oder einem Wechselstab in Richtung Fossa coronoidea eingeht. Im Rendezvous-Prinzip wird anschließend der ventro-ulnare Zugang angelegt. In Extremfällen werden erst die Instrumente bzw. der Shaver mit Kontakt zur Arthroskopie-Optik platziert, um von hier aus mit humeralem Knochenkontakt die Fossa coronoidea bei verlötetem Gelenk schrittweise darzustellen. Dieses beschriebene Szenario kann bei völlig vernarbter bzw. aufgehobener Gelenkkapsel notwendig werden, wobei ein solches operationstaktisches Vorgehen die Grenzen der Arthroskopie darstellt und daher nur erfahrenen bzw. versierten Arthroskopeuren vorbehalten sein sollte. Bei solchen Befundkonstellationen drohen neurovalskuläre Komplikationen durch Verlust oder mangelnde Orientierung, so dass man akzidentiell Gefäß-Nerven-Läsionen verursachen kann. Lässt sich ein solches kontrolliertes arthroskopisches Vorgehen nicht realisieren, ist die sofortige Konversion zum offenen Vorgehen zu empfehlen, da eine verlängerte arthroskopische Manipulation trotz geschlossener Blutsperre und angepasstem Spüldruck (mit ca. 40 – 50 mmHg) zu flüssigkeitsbedingten Schwellungen führen kann. Diese wiederum erschweren den späteren spannungsfreien bzw. -armen Weichteilverschluss. Letztere kann die notwendige postoperative sofortige Beübung sogar verhindern, trotz Nutzung aller technischer Hilfsmittels wie die CPM (Motorstuhl). Ist eine systematische Darstellung der ventralen Gelenkabschnitte arthroskopisch möglich, kann und wird in Einzelfällen die komplette Resektion der Vernarbungen einschließlich der Gelenkkapsel notwendig. Dabei wird die ventral hiervon liegende Muskulatur sichtbar, die unbedingt geschont werden sollte (Abb. 4). Zusätzlich ist unbedingt darauf zu achten, dass die Kollateralbandstrukturen nicht iatrogen de-stabilisiert werden. Anschließend ist eine konsequente arthroskopische Analyse der knöchernen Gelenkfläche mit Darstellung der Osteophyten notwendig, gefolgt von der kompromisslosen Resektion. Da man insbesondere bei mangelnder Erfahrung häufig zu wenig reseziert, kann die intraoperative Assistenz des Bildwandlers (BV) notwendig werden. Intra-operativ ist die dynamische Untersuchung hilfreich, wird jedoch mit zunehmender Operationszeit durch die Weichteilschwellung immer anspruchsvoller. Durch die Beugung kann die Fossa coronoidea als auch der humero-radiale Gelenkabschnitt auf ein bestehendes Impingement geprüft werden. Nach Objektivierung der ausreichenden Resektion knöcherner sowie weichteiliger Ursachen, können die dorso-radialen Gelenkabschnitte adressiert werden. Nach Darstellung der Fossa olecrani (Optik im hohen dorso-radialen Portal, Shaver/Elektrode im trans-trizipitalen Portal) können Osteophyten und Adhäsionen hier abgetragen werden. Der ulnare Rezessus sollte dabei konsequent überprüft und arthrolysiert werden, wobei die topographische Beziehung zum N. ulnaris eine relevante Gefahr darstellt. Durch ein systematisch-taktisches Vorgehen kann allerdings dieser Gelenkabschnitt gut einsehbar identifiziert und arthrolysiert werden. Mangelndes Ausräumen dieses Abschnittes kann die Ergebnisse beeinträchtigen. Die Abbildung 5 zeigt beispielhaft wie sogar seitliche Auskragungen des Olecranons arthroskopisch konsequent abgetragen werden können. Letztere sind vor allem für die Streckung im Ellengelenk bzw. das konfliktfreie Eintauchen des Olecranons in die Fossa olecrani essentiell. Ansonsten kommt es hier zum knöchernen Konflikt bzw. Impingement mit den Folgen der Bewegungseinschränkung und/oder Heraushebeln der Trochlea durch diese Hypomochlion-ähnliche Wirkung. Gerade das Vorliegen von extensiven Osteophyten stellen somit die Grenzbereiche der arthroskopischen Behandlungsmöglichkeiten dar. Dies ist auch die Ursache, warum das arthroskopische Vorgehen unter Berücksichtigung der klinischen Studienergebnisse noch für anatomisch moderate Befunde empfohlen wird [9]. Experten können durchaus extreme Befundkonstellationen, die intrinsischer Genese sind, beherrschen.

Bestehen relevante extrinsische Ursachen, wie heterotope Ossifikation oder wird die Entfernung von Platten notwendig, so ist ein rein arthroskopisches Vorgehen nicht sinnvoll. Für solche Konstellationen ist die offene Arthrolyse zu empfehlen, um die Komplikationswahrscheinlichkeit und insbesondere neuro-vaskuläre Zwischenfälle auszuschließen.

Offene Arthrolyse (OA)

Die OA kann operationstechnisch grundsätzlich von ventral, lateral, medial und dorsal erfolgen. Entscheidend hierfür sind vorbestehende Zugänge und die zu erwartende Hauptpathologie einschließlich der Frage, inwieweit Neurolysen erfolgen müssen. Ventrale Zugänge sind mit höheren Inzidenzen von Gefäß-Nerven-Komplikationen belastet, die im eigenen Vorgehen daher nur in Ausnahmefällen realisiert werden.

Die isolierte laterale Vorgehensweise hat sich in der Vergangenheit bewährt und wird von vielen Kollegen empfohlen. Diese wurde von Mansat und Morrey als Säulenprozedur bezeichnet, da die Kapseladhäsionen entlang der radialen Säule abgelöst werden [4]. Eine rein isolierte laterale Vorgehensweise kann bei ausgeprägten Pathologien ungenügend sein, wie beispielsweise bei vorliegenden heterotopen Ossifikationen. Insbesondere ausgeprägte osteophytäre Formationen an unterschiedlichen Stellen und/oder einliegende Plattenosteosynthesen können eine ausgedehnte Vorgehensweise erfordern. Für diese Fallkonstellationen sollte ein kombiniertes mediales und laterales Vorgehen oder ein posteriorer Zugang erwogen werden.

Das isolierte posteriore Vorgehen ermöglicht eine gute Übersicht, wobei diese zu Lasten einer ausgedehnten epi-faszialen Präparation erkauft wird. Wundheilungsstörungen, Hämatome und zu starke Spannung bei Beugung des Ellenbogens stellen bekannte postoperative Probleme dar [3, 11]. Allerdings ist dies bei einliegender dorsaler Plattenosteosynthese alternativlos. O’Driscoll empfiehlt vorzugsweise ein kombiniert medial und laterales Vorgehen, wobei die laterale Inzision für die ventrale Adhäsiolyse empfohlen wurde und die mediale Inzision für die dorsale Präparation gedacht ist [1]. Allerdings kann ein isoliertes laterales Vorgehen für die Arthrolyse in geeigneten Fällen durchaus reichen. Im eigenen Vorgehen bevorzugen wir den isolierten radialen Zugang, empfehlen jedoch keine Kompromisse einzugehen, da sämtliche knöcherne oder weichteilige Ursachen suffizient adressiert werden müssen.

Alternativen:
Mehrzeitiges Vorgehen
und Narkosemobilisation

Insbesondere im Zuge posttraumatischer Fallkonstellationen mit einliegenden Plattenosteosynthesen sollte die Metallentfernung mit offener Arthrolyse kombiniert werden [3, 5, 11]. Diese führen bekanntermaßen als eine ihrer Nachteile durch große Wundflächen wiederum zu großflächigen Adhäsionen und einem Rezidiv mit persistierenden Bewegungseinschränkungen. Vereinzelt kann zwar die Beweglichkeit verbessert werden, aber Betroffene sind häufig nicht zufrieden. Hierbei wäre eine zwei-zeitige Intervention durch eine arthroskopische Arthrolyse sinnvoll. Beachten sollte man die zeitliche Planung, wobei nach offenen oder arthroskopischen Arthrolysen im Vorfeld eine Zeit von gut 6 Monaten nicht unterschritten werden sollte. Zum einen sollte man der konservativen Therapie eine adäquate Zeit zum Erzielen des Erfolgs einräumen und zum anderen sind die Remodelling-Prozesse der Weichteile so weit abgeschlossen, dass eine weniger adhärente und derbe Narbenqualität den Ellenbogen umgibt.

Weiterhin sollte man insbesondere nach offenen Eingriffen die OP-Berichte sichten, um bspw. bei Transpositionen des N. ulnaris atypische Verläufe zu identifizieren, um Läsionen durch die Portal-Anlagen zu vermeiden. Ansonsten sind die Prinzipien des endoskopischen Vorgehens identisch.

Für ein gutes Ergebnis nach einer offenen oder arthroskopischen Arthrolyse ist eine gut geplante postoperative medikamentöse Einstellung und Physiotherapie evident. Neben einer großzügigen Analgesie, die für mindestens 2 bis 6 Wochen zu empfehlen ist, muss eine Ossifikationsprophylaxe für 2 Wochen angeschlossen werden.

Manuelle Anwendungen sind zur Quengelung und Sicherung des Operationsergebnisses ein wesentlicher Bestandteil, wobei unterstützend Orthesen mit zusätzlicher Quengelfunktion sowohl für residuelle Streck- und Beugedefizite hilfreich sein können. Zur Abschwellung sollte die Physiotherapie vorzugsweise mit manueller Lymphdrainage kombiniert werden. Die Anwendung von Motorschienen kann vereinzelt sehr hilfreich sein und sollte auf die individuelle Fallkonstellation abgestimmt sein.

In diesem Kontext wird häufig der Nutzen der Narkosemobilisation (NM) diskutiert, wobei die diesbezügliche Datenlage als insgesamt dünn anzusehen ist. Die Studien- als auch die Patientenzahlen sind in diesem Kontext sehr gering. Ein wesentliches Problem der NM konnte vor allem durch die Studie von Spitler et al. herausgearbeitet werden, die insgesamt 45 Patienten retrospektiv analysiert haben [7]. In dieser Arbeit wurden ausschließlich posttraumatische Fälle eingeschlossen und recht systematisch aufgearbeitet hinsichtlich des Timings der NM nach der ursprünglichen Traumaversorgung. Naturgemäß kann nach komplexen Frakturen die Narkosemobilisation (NM) erst nach adäquater knöcherner Konsolidierung erfolgen, so dass diese frühestens 8 bis 10 Wochen nach operativer Versorgung möglich wäre. Dementsprechend konnten die Kollegen 2 Gruppen identifizieren: Patienten mit NM innerhalb (frühzeitige NM) von 12 Wochen und 12 Wochen nach initialer Trauma-Versorgung (späte NM). Es zeigte sich ein nachhaltiger und damit ein signifikanter Effekt für die frühzeitige NM sowohl im Vergleich zur präinterventionellen Beweglichkeit als auch im Vergleich zu der Gruppe mit später NM [7]. Der limitierte Effekt der späten NM zeigte sich im mittelfristigen Verlauf derart deutlich, dass zusammenfassend keine relevante Besserung erzielt werden konnte.

Obwohl die pathophysiologischen Ursachen der Ellenbogengelenksarthrofibrose multifaktorieller Genese sind, wird durch diese Studie die Relevanz der intrinsischen Komponente sehr deutlich. Die NM kann durch die manuelle Dehnung vor allem extrinsische Verklebungen lösen, aber intrinsische Ursachen nicht beheben. Entwickeln sich bei frischeren posttraumatischen Fällen Gelenkadhäsionen, die frühzeitig gelöst werden, können fixierte intrinsische Probleme zumindest graduell vermieden werden, die sich damit durch die Studienergebnisse von Spitler et al. zeigen. Die späte NM hatte keinen funktionellen Benefit, sondern sogar nur die Möglichkeit von Komplikationen, wie bspw. eine N. ulnaris Affektion.

Fazit für die Praxis

Die Pathogenese der Ellenbogensteife ist multifaktoriell. Daher sollte die Therapie individuell angepasst werden. Grundsätzlich sollte der konservativen Therapie mit einer Behandlungszeit von ca. 3 bis 6 Monaten der Vorzug gegeben werden. Zeigt sich bei posttraumatischen Fällen eine konzentrische Bewegungseinschränkung, so kann für diese Fallkonstellation, vorausgesetzt die knöcherne Stabilität erlaubt dies, die NM als Sonderindikation innerhalb von 12 Wochen gestellt werden. Nach dieser Zeit ist die NM nicht zu empfehlen.

Kann durch eine konsequente Physiotherapie, einschließlich Manueller Therapie, keine adäquate Funktion erzielt werden, so sollte man den Betroffenen die Arthrolyse als Therapie der Wahl anbieten. Die OA ist in erster Linie für Fälle mit ausgedehnten Befunden wie heterotope Ossifikationen oder einliegender Osteosynthese zu empfehlen. Die AA stellt durch das minimal invasive Vorgehen eine gute Alternative dar, die sowohl als primäre und sekundäre Intervention realisiert werden kann. Grenzen der AA sind ausgedehnte heterotope Ossifikationen mit topographischer Gefäß-Nerven-Beziehung, wobei solche Fallkonstellationen ein sequentielles mehrzeitiges Vorgehen von zunächst OA und sekundärer AA erforderlich machen können.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Atesch Ateschrang
Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie
und Sporttraumatologie
Ev. Stift St. Martin
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Johannes Gutenberg Universität Mainz
Johannes-Müller-Straße 7
56068 Koblenz

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