Originalarbeiten - OUP 07-08/2014

Implantatfreie, anatomische MPFL-Plastik
Klinisches Outcome und Patientensicherheit nach einem mittleren Follow-up von 23 MonatenClinical outcome and patient safety with a mean follow-up of 23 months

L.V. von Engelhardt1,2, T. Fuchs1,2, M. Lahner3, J. Jerosch1

Zusammenfassung: Zur Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) werden eine
Vielzahl an Techniken beschrieben, die typischerweise recht unterschiedliche Verankerungsmaterialien verwenden. Als Komplikationen werden Implantatlockerungen und/oder Frakturen mit oder ohne Luxationsrezidiv, ein chronisches anteriores bzw. ein antero-mediales Schmerzsyndrom und/oder ein anhaltendes Bewegungsdefizit beschrieben. Neben Problemen mit der Tunnelplatzierung wird eine fehlerhafte Transplantatspannung als Ursache diskutiert. Unsere Technik der implantatfreien, anatomischen Rekonstruktion erlaubt
eine einfache intraoperative Austestung der Graftspannung beim Durchbewegen des Gelenks. Hierdurch hoffen wir, das Risiko einer Überspannung mit den entsprechenden Komplikationen zu reduzieren. In dieser Studie wurden 16 fortlaufende Patienten im Mittel 23 Monate postoperativ untersucht. Neben einer standardisierten klinischen Untersuchung wurde der Kujala-Score sowie ein Fragebogen zur Patientenzufriedenheit und zu den Möglichkeiten einer Rückkehr in den Sport verwendet. Der Kujala-Score zeigte eine signifikante Verbesserung mit guten Ergebnissen im Vergleich zur
Literatur. Auch die Häufigkeit von Komplikationen war vergleichsweise niedrig. Entsprechend dieser Ergebnisse war auch die Patientenzufriedenheit in unserem Kollektiv als hoch anzusehen, sodass z.B. alle Patienten in die gleiche Sportart und, sofern dies zuvor kompetitiv betrieben wurde, auch in den gleichen Wettkampfsport zurückkehren konnten.

Schlüsselwörter: Patella, Luxation, mediales patellofemorales Ligament, vorderer Knieschmerz

Zitierweise
von Engelhardt LV, Fuchs T, Lahner M, Jerosch J: Implantatfreie, anatomische MPFL-Plastik. Klinisches Outcome und Patientensicherheit nach einem mittleren Follow-up von 23 Monaten.
OUP 2014; 7: 346–351 DOI 10.3238/oup.2014.0346–0351

Abstract: For the reconstruction of the medial patellofemoral ligament (MPFL) a large number of procedures have been described which typically use diverse anchoring materials. Frequently described complications are implant loosening with or without fractures, recurrent luxation, and a chronic anterior or antero-medial pain syndrome, with or without lasting deficits in knee motion. Besides difficulties with correct tunnel placement, an incorrect graft tensioning is discussed as a reason for these complications. Our technique of an implant-free, anatomical reconstruction allows a simple intra-operative testing of the graft tensioning while the knee is moved. Using this technique, we expect to reduce the risks of an overconstraint of the graft with its corresponding complications. In this study, 16 consecutive patients were evaluated after a mean post-operative follow-up of 23 months. Besides a standardized clinical examination, the
Kujala score and a questionnaire were used to evaluate patient satisfaction as well as the patients’ return to sports. The Kujala score showed a significant improvement with good results compared to the literature. Complications were also noted with a relatively low incidence. According to these results, a correspondingly high level of patient satisfaction was noticed, so that all patients were able to return to the same type of sport, and if it was done before, to the same competitive sport.

Keywords: patella, dislocation, medial patellofemoral ligament, anterior knee pain.

Citation
von Engelhardt LV, Fuchs T, Lahner M, Jerosch J: Implant-free, anatomical MPFL plastic: Clinical outcome and patient safety with a mean follow-up of 23 months.
OUP 2014; 7: 346–351 DOI 10.3238/oup.2014.0346–0351

Einleitung

In der Literatur wird die Patellaluxation mit einer Inzidenz von 5,8/100.000 als eine häufige Kniegelenkverletzung beschrieben [10, 16]. Die patellofemorale Stabilität des Kniegelenks wird von statischen und passiven Faktoren beeinflusst. Zu den statischen Faktoren gehören Genum valgum, Trochleadysplasie, Patella alta und/oder auch ein erhöhter Abstand zwischen Tuberositas tibiae und Trochlear groove (TT-TG). Der wichtigste passive Stabilisator ist das mediale patellofemorale Ligament (MPFL), das bei Beugegraden zwischen 0 und 45° angespannt ist [2, 14]. Eine Ruptur des MPFL oder eine Elongation kann demnach maßgeblich eine patellofemorale Instabilität verursachen [3, 15, 27].

Es existieren zahlreiche minimalinvasive Techniken zur Rekonstruktion des MPFL [1, 5, 6, 11, 20, 21, 22, 25, 30]. Größtenteils werden in der Literatur Rekonstruktionen mittels synthetischer Verankerungsmaterialien wie z.B. Knochenanker oder Interferenzschrauben beschrieben. Entsprechend der Literatur können hierbei implantatspezifische Komplikationen wie eine Implantatlockerung bzw. ein Implantatversagen, aber auch Frakturen mit/oder ohne Luxationsrezidiv auftreten [4, 9, 12]. Zudem wird ein chronisches anteriores bzw. ein anterio-mediales Schmerzsyndrom und/oder eine Gelenksteife mit einem Bewegungsdefizit als eine typische Komplikation der MPFL-Rekonstruktion beschrieben [2, 13, 28, 37, 38]. Neben Problemen mit der Platzierung der femoralen Bohrtunnel wird eine fehlerhafte Transplantatspannung als Ursache diskutiert [32, 39].

Mit unserer Technik einer anatomischen, implantatfreien MPFL-Rekonstruktion wird, bis auf die armierenden Fäden, die Einbringung von Fremdmaterialien vollständig vermieden, was in diesem eher jungen Patientengut sicherlich von Vorteil ist. Vor der dauerhaften Transplantatfixierung erlaubt unsere Methode eine Austestung und Einstellung der Graftspannung unter Durchbewegung des Gelenks. Möglicherweise lässt sich so das Risiko einer Überspannung mit den Folgen eines anterioren oder anterio-medialen Knieschmerzes, eines Bewegungsdefizits, eines Transplantatversagens oder von Frakturen reduzieren. Bei den Frakturen werden zumeist Querfrakturen der Kniescheibe beschrieben, sodass hier neben einer Überspannung auch horizontale Knochenbohrungen von Bedeutung sein könnten [7, 18, 24, 26, 40]. Bei der von uns beschriebenen Technik werden horizontale Bohrungen an der Patella vermieden, sodass hiermit dem Auftreten von Frakturen möglicherweise zusätzlich vorgebeugt wird.

In dieser Follow-up-Studie soll die Frage geklärt werden, ob sich die Ergebnisse unserer Methode hinsichtlich dem klinischen Outcome unterscheiden und ob sich hiermit die Patientensicherheit erhöhen lässt.

Material und Methode

Patienten

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