Übersichtsarbeiten - OUP 02/2013

Injektionsbehandlungen an der Schulter

A. Schulz1, J. Jerosch2

Zusammenfassung: Die konservative Therapie von Schmerzen im Bereich der Schulter stellt aufgrund der komplexen Pathologien bzw. der meist vorliegenden kombinierten Pathologien eine große Herausforderung dar.
Gerade zur raschen Beschwerdereduktion – unabdingbar zur Einleitung und Durchführung weiterer Therapiemaßnahmen – ist eine alleinige orale Medikation oft unzureichend wirksam, sodass hier häufig die Indikation zur Injektionsbehandlung gestellt wird. Hierbei stehen uns insbesondere Lokalanästhetika, Kortikoide und Hyaluronsäuren zur Verfügung. Für diese Substanzen gibt es jedoch nur eine schwache, aber wachsende Evidenz.

Schlüsselwörter: Omarthrose, Bursitis subacromialis, Injektion, adhäsive Kapsulitis

Summary: Non-surgical treatment of shoulder pain remains a significant problem – based on complex and mainly mixed pathologies. Especially to achieve a fast onset pain relief which allows further treatments – intra-articular and subacromial injections are mandatory – although evidence and recommendations from societies are rare. Due to inefficacy of oral medication injections with local anaesthesia, corticosteroids and hyaluronic acid are used.

Keywords: gleno-humeral osteoarthritis, subacromial bursitis, injection, adhesive capsulitis

Neben der nicht invasiven konservativen Therapie stellen die intra- und subakromialen Injektionen an der Schulter einen maßgeblichen Anteil der nicht-operativen Therapieoptionen dar. Insbesondere bei akuten Schmerzen sind es häufig gezielte Injektionen, die a) unseren Patienten den Schmerz rasch nehmen und b) die Basis für die weitere konservative Therapie bilden.

Aufgrund der Komplexität des Gelenks und der benachbarten Strukturen, die zum größten Teil eine hohe Relevanz für die Schmerzsymptomatik haben, besteht die therapeutische Herausforderung darin, zunächst eine präzise Diagnose zu stellen und in der Folge neben der konservativen, nicht invasiven Therapie, sofern notwendig, eine oder gar mehrere gezielte Injektionen durchzuführen, um eine rasche und nachhaltige Schmerzlinderung erreichen zu können.

In dieser Übersichtsarbeit werden für die Indikationen subacromiale Bursitis, adhäsive Kapsulitis und Omarthrose neben den geeigneten Zugängen für die Injektionen und der zur Verfügung stehenden Medikation vor allem der zu erwartende Outcome und theoretische Überlegungen zur Platzierung der Injektion in Bezug auf den Behandlungserfolg vorgestellt und diskutiert.

Subakromiale Injektionen

Die subakromiale Injektion kann unter Berücksichtigung der anatomischen Landmarken durchgeführt werden, eine Bildgebung (z.B. Sonografie) ist nur im Ausnahmefall erforderlich. Die Injektion kann von anterior, lateral oder posterior durchgeführt werden, wobei in einer EBM Level I-Studie kürzlich gezeigt wurde, dass subakromiale Injektionen von anterior und lateral hinsichtlich der Präzision den Injektionen von posterior überlegen sind [1]. Es ist jedoch zu beachten, dass die subakromiale Injektion von anterior meistens „reges Interesse“ bei dem zu behandelnden Patienten auslöst und durch Reden oder auch Husten des Patienten die hygienischen Voraussetzungen hierdurch negativ beeinträchtigt werden können.

Die subakromiale Bursitis ist eine der häufigsten Schmerzursachen an der Schulter. In der Bursa subacromialis findet man eine hohe Dichte an Nozizeptoren, die für die Schmerzgeneration verantwortlich sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich eine gezielte Injektion eines Kortikoides und eines Lokalanästhetikums in die Bursa in zahlreichen klinischen Studien als Therapie der Wahl etabliert hat und auch in klinischen Studien anderen Therapiemaßnahmen, insbesondere im Short-term-Follow-up, überlegen ist [2]. Es ist jedoch zu beachten, dass eine subakromiale Injektion keine Stand-alone-Maßnahme darstellt, sondern mit anderen Maßnahmen, z.B. einem Physiotherapieprogramm oder angeleiteten Übungen durch die Patienten selbst zu kombinieren ist, um den längerfristigen Therapieerfolg sichernzustellen. So konnten Gasparre et al. bei Patienten mit adhäsiver subakromialer Bursitis zeigen, dass ergänzende Bewegungsübungen zu einer Injektion mit Lidocain und Methylprednisolon insbesondere im Verlauf von 3 Monaten zu einem zusätzlichen Benefit führen [3].

Auch bei der adhäsiven Kapsulitis stellt eine subakromiale Injektion eines Kortikoides in Kombination mit einem Physiotherapieprogramm eine valide Therapieoption dar, die der oralen NSAR-Gabe in Kombination mit einem Physiotherapieprogramm insbesondere in den ersten Monaten der Behandlung signifikant überlegen ist. Die Überlegenheit vs. der oralen Medikation zeigt sich dabei insbesondere bei der Beurteilung der Schmerzen (VAS) und der Patientenzufriedenheit. 6 Monate nach Behandlungsbeginn werden jedoch vergleichbare Ergebnisse zwischen der Injektionstherapie und der oralen Medikation beobachtet. Die Verbesserung der Range-of-motion des behandelten Gelenks erfolgt ebenfalls rascher bei den Patienten, denen subakromial Lidocain und Triamcinolon injiziert wurde, als bei den Patienten, die über 6 Wochen hinweg ein orales NSAR eingenommen haben [4]. Interessanterweise zeigte diese Arbeit auch, dass es bei der Behandlung der adhäsiven Kapsulitis zwischen einer glenohumeralen Injektion und einer subakromialen Injektion bzw. der Kombination beider Injektionen keinen Unterschied hinsichtlich des Patienten-Outcomes gibt. Sodass hier eine alleinige subakromiale Injektion ausreichend zu sein scheint und eine zusätzliche intra-artikuläre Injektion nicht erforderlich ist.

Glenohumerale Injektionen

Die glenohumerale Injektion kann ebenfalls Landmarken-gestützt erfolgen. Hierbei stellen das dorso-laterale Akromion und der Processus Coracoideus die wesentlichen Bezugspunkte dar. Die Injektion kann sowohl von ventral als auch von dorsal erfolgen, wobei sich die Injektion von dorsal über den arthroskopischen Zugangspunkt (2–2,5 cm medial und 2–2,5 cm distal der dorso-lateralen Akromionkante) in Richtung auf den Processus coracoideus in das glenohumerale Gelenk als sehr praktikabel und auch „treffsicherer“ erwiesen hat [5].

Intra-artikuläre Injektionen des glenohumeralen Gelenks erfolgen meist zur symptomatischen Therapie der Omarthrose. Häufig eingesetzte Substanzen sind hier Lokalanästhetika, Kortikosteroide und Hyaluronsäuren. Dabei stützt sich das Behandlungsregimen auf einzelne klinische Studien, da einzig von der AAOS eine aktuelle Leitlinie erstellt wurde , die insgesamt 16 verschiedene Therapieoptionen der Omarthrose beurteilt – oder dieses zumindest versucht. In diesen Guidelines wurden meisten Behandlungsoptionen aufgrund ihrer inhomogenen Ergebnisse nicht abschließend beurteilt, einzig der operative Gelenkersatz wurde bei gegebener Indikation empfohlen. Die Behandlung der gleno-humeralen Arthrose mit Hyaluronsäuren (HS) wurde als mögliche Therapieoption mit einer bisher schwachen Evidenz beschrieben, der Einsatz von intra-artikulären Kortikosteroiden wurde weder positiv noch negativ beschieden. Grund für die wenig hilfreichen Empfehlungen der AAOS war die dünne Studienlage und die schwachen Evidenzlevel der vorliegenden Studien [6].

In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit von Hyaluronsäure bei Patienten mit Schulterschmerzen untersucht. Die Autoren differenzierten hier Patienten mit glenohumeraler Arthrose von den Patienten, die keine manifesten radiologischen Veränderungen zeigten. Bei den Omarthrose-Patienten bestand in 66 % der Fälle eine partiale/vollständige Rotatorenmannschettenruptur oder eine adhäsive Kapsulitis. Dabei untersuchten die Autoren die Wirksamkeit von je 3 und 5 wöchentlichen glenohumeralen Injektionen einer niedermolekularen Hyaluronsäure vs. Placebo bei 456 Patienten (ITT) über 26 Wochen. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Beschwerdelinderung beider HS-Behandlungsregimen vs. Placebo nach 26 Wochen bei den Patienten mit Omarthrose, die Wirksamkeit von 5 vs.3 Injektionen zeigte keinen signifikanten Unterschied. In der Gruppe der Patienten ohne Omarthrose wurde kein signifikanter Unterschied der Behandlungsgruppen bezüglich der Schmerzlinderung festgestellt [7]. Silverstein et al. (2007) untersuchten die Wirksamkeit von 3 Hylan-Injektionen bei 27 Patienten mit Omarthrose Grad I–III ohne Rotatorenmannschettenruptur. Über den Untersuchungszeitraum von 26 Wochen zeigte sich eine signifikante Reduktion der Schulterschmerzen und eine Verbesserung des Nachtschlafes bei der Mehrzahl der Patienten, eine Korrelation zwischen dem radiologischen Befund und dem Therapieergebnis wurde jedoch nicht beobachtet [8].

Vergleicht man Kortikoide mit Hyaluronsäuren/Hylanen bei der symptomatischen Behandlung der Omarthrose, so zeigt sich bei den mit 3 Methylprednisolon-Injektionen behandelten Patienten, wie zu erwarten, eine rasche Beschwerdelinderung, diese lässt jedoch schnell wieder nach, während die mit 3 Hylaninjektionen behandelten Patienten eine signifikante Reduktion der Beschwerden über 6 Monate hinweg erfuhren [9]. In der Praxis hat sich im Therapiealgorithmus zur schnellen Beschwerdereduktion bei Omarthrosepatienten eine Kombination von einem Kortikoid und einer Hyaluronsäure bei der ersten Injektion der Hyaluronsäuretherapie bewährt, wie sie auch am Kniegelenk schon beschrieben wurde [10].

Auch bei konservativen Omarthrosebehandlung ist es essenziell, einen Therapieplan für die Patienten zu erstellen, der neben einer ggf. indizierten intra-artikulären Injektion physiotherapeutische Maßnahmen, eigenständige Übungen durch den Patienten selbst, eine Anpassung des Lebenswandels der Patienten (z.B. Unterlasen problematischer Sportarten) und auch eine supportive orale Medikation umfasst.

Interessenkonflikt: Dr. Axel Schulz arbeitet neben der Tätigkeit in der orthopädischen Praxis für Sanofi-Aventis.

Korrespondenzandresse

Dr. med. Axel Schulz

Praxis für Orthopädie

Brenscheiderstraße 71

58515 Lüdenscheid

as@arthrosemanagement.de

Literatur

1. Marder R, Kim S, Labson J et al.: Injection of the subacromial bursa in Patients with rotator cuff syndrome. J Bone Joiint Surg Am 2012; 94: 1442–1447

2. Johansson K, Oberg B, Adolfsson L et al.: A combination of systematic review and clinicians’ beliefs in interventions for subacromial pain. Br J Gen Pract 2002; 52: 145–152

3. Gasparre G, Fsaro I, Galletti S et al.: Effectivness of ultrasound-guided injections combined with shpulder exercises in the treatment of subacromial adhesive bursitis. Musculoskelet Surg 2012; 96: 57–61

4. Shin SJ, Lee SY: Efficacies of corticoid injection at different sites of the shoulder for the treatment of adhesive capsulitis. J Shoulder Elbow Surg 2012 (published online first, article in press)

5. Daley E, Bajaj S, Bisson L et al.: Improving Injection Accuracy of the Elbow, Knee, and Shoulder : Does Injection Site and Imaging Make a Difference? A Systematic Review Am J Sports Med 2011; 39: 656–662

6. Izquierdo R, Voloshin I, Edwards S et al.: The Treatment of glenohumeral Joint Osteoarthritis J Bone Joint Surg Am 2011; 93: 203–205

7. Blaine T, Moskowitz R, Udell J et al.: Treatment of persistent shoulder pain with sodium hyaluronate: a randomized, controlled trial. A multicenter study. J Bone Joint Surg Am 2008; 90: 970–979

8. Silverstein E, Leger R, Shea KP: The use of intra-articular hylan G-F 20 in the treatment of symptomatic osteoarthritis of the shoulder: a preliminary study; Am J Sports Med 2007; 35: 979–985

9. Merolla G, Sperling JW, Paladini P et al.: Efficacy of Hylan G-F 20 versus 6-methylprednisolone acetate in painful shoulder osteoarthritis: a retrospective controlled trial.; Musculoskelet Surg 2011; 95: 215–224

10. DeCampos G, Rezende M, Pailo A et al.: Adding Triamcinolone Improves Viscosupplementation: A Randomized Clinical Trial Clin Orthop Relat Res 2012; (published online first)

Fussnoten

Praxis für Orthopädie, Lüdenscheid

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Johanna-Etienne Krankenhaus, Neuss

DOI 10.3238/oup.2013.0066–0068

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