Übersichtsarbeiten - OUP 02/2015

Injektionsbehandlungen bei Coxarthrose

A. Schulz1

Zusammenfassung: Die konservative Therapie der symptomatischen Coxarthrose ist im Vergleich zu der Behandlung der Gonarthrose mit einer geringen Evidenz
belegt. Leitlinien zur Therapie der symptomatischen Coxarthrose sind meist von denen der Gonarthrose abgeleitet oder ein Teil davon. Neben der Anpassung des Lebenswandels, Patientenschulungen, der Sporttherapie, Physiotherapie und der medikamentösen oralen Therapie werden auch intra-artikuläre Injektionen durchgefüht, insbesondere dann, wenn die nichtinvasiven Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg führen. Hierbei stehen uns neben den Kortikoiden mit den Hyaluronsären oder dem Platelet-Rich-Plasma (PRP) neuere Substanzen zur Verfügung, die meist in nicht randomisierten, nicht kontrollierten Studien erste erfolgversprechende klinische Ergebnisse zeigen. Insbesondere hier gilt es, in der Zukunft eine solide Evidenz zu schaffen, die eine abschließende Beurteilung der jeweiligen Substanzen erlaubt. Injektionsbehandlungen an der Hüfte müssen in ein individuelles Therapiekonzept eingebunden sein, um im Sinne eines multi-modalen Therapieansatzes einen möglichst guten Therapieerfolg erreichen zu können. Neben der symptomatischen Behandlung der Coxarthrose werden Injektionen auch im Rahmen der peri-operativen Analgesie eingesetzt, auch hier gibt es erste erfolgversprechende klinische Ergebnisse.

Schlüsselwörter: Coxarthrose, Injektion, peri-operative
Analgesie, Injektionstechniken

Zitierweise
Schulz A. Injektionsbehandlungen bei Coxarthrose.
OUP 2015; 02: 082–084 DOI 10.3238/oup.2015.0082–0084

Summary: Non-surgical treatment of symptomatic hip OA shows still a lack of evidence. Treatment guidelines are adapted mainly from the knee or are a part of such. Beside patient-education, exercise and oral analgetics intra-articular injections are promising options, but evidence of RCTs is still missing up to now. In order to achieve the best possible outcome precise intra-articular injection into the hip joint is mandatory. Injections play also a role during intra- and post-operative pain management with positive impact on analgetic-consumption within the first hours/days of total hip replacement.

Keywords: hip osteoarthritis, injections, pain management

Citation
Schulz A. Intra-articular injections for patients with symptomatic hip OA. OUP 2015; 02: 082–084 DOI 10.3238/oup.2015.0082–0084

Neben der nichtinvasiven konservativen Therapie stellen die intra-artikulären Injektionen an der Hüfte einen maßgeblichen Anteil der nicht-operativen Therapieoptionen dar.

Aufgrund der Komplexität des Hüftgelenks und der benachbarten Strukturen, die neben der symptomatischen Coxarthrose ebenso eine hohe Relevanz für die Schmerzsymptomatik haben können, besteht die therapeutische Herausforderung darin, zunächst eine präzise Diagnose zu stellen und in der Folge neben der konservativen, nichtinvasiven Therapie, sofern erforderlich, gezielte Injektionen durchzuführen, um eine rasche und nachhaltige Schmerzlinderung erreichen zu können.

Im Folgenden greift diese Übersichtsarbeit neben den geeigneten Zugängen für die Injektionen, die zur Verfügung stehenden Substanzen und die Implementierung von intra-artikulären Injektionen in ein individuelles Coxarthrosemanagement auf.

Intra-artikuläre Injektion des
Hüftgelenks

Vorbemerkung

Injektionen von anterior: Lagerung des Patienten: Der Patient wird in Rückenlage gelagert, unter die Kniegelenke sollte ein Rolle gelegt werden um eine diskrete Hüftbeugung zu erreichen, 10–20° Innenrotation des Beins.

Leitstrukturen: Trochanter Majus, spina iliaca anterior superior, Symphyse, A femoralis und Patella.

Vorbemerkung: Vor der Injektion in das Hüftgelenk sollte das p.a.-Röntgenbild betrachtet werden, um etwaige Anomalien (Coxa vara/valga) berücksichtigen zu können. Die i.a.-Injektion des Hüftgelenks sollte möglichst kontrolliert (Sonografie/Bildwandler) erfolgen. Die landmarkengestützte Injektion sollte dem erfahrenen Injektor vorbehalten sein. Eine Injektion von Lokalanästhetika muss aufgrund der Nähe zum N. femoralis und der damit verbundenen Möglichkeit der Sturzgefahr aufgrund einer passageren Parese streng intra-artikulär erfolgen bzw. nach der Injektion entsprechend überwacht werden.

Landmarkengestützte i.a.-Injektion des Hüftgelenks von anterior

Palpation von prox. Trochanter major und Symphyse, Ziehen einer horizontalen Verbindungslinie mit einem entsprechenden Stift. Dann vertikale Linie zwischen der Spina iliaca anterior Superior und der Patellamitte ziehen. Der Kreuzungspunkt der beiden Linien entspricht bei normaler Anatomie dem Injektionspunkt. An diesem Punkt wird die Kanüle in einem Winkel von 50–60° eingestochen und in Richtung leicht nach medial (etwa 5°) bis zum „Knochenkontakt“ unter Aspiration vorangeschoben.

Sonografisch kontrollierte
anteriore Injektion

Der Eintrittspunkt der Injektionskanüle kann sonografisch z.B. unter Zuhilfenahme einer zu einem „U“ gebogenen Büroklammer bestimmt werden. Die unter dem Schallkopf platzierte Büroklammer führt dabei zu einem senkrechten Schallschatten, der so platziert wird, dass er auf dem lateralen oberen Quadranten des Femurkopfs, > 2 cm lateral der A. femorais zu liegen kommt. Nach entsprechender Einstellung wird dann die Kreuzungsstelle von Schallkopfmitte und der gebogenen Büroklammer als Eintrittspunkt für die Injektionskanüle (mind. 70 mm Länge) markiert. Ebenso erlaubt dieses Verfahren ein Ausmessen der Injektionstiefe, hierbei gilt es, den Druck, der mit dem Schallkopf auf die Haut ausgeübt wird bzw. die daraus resultierende Tiefe zu berücksichtigen. Nach Entfernen des Ultraschallkontaktgels erfolgt die Desinfektion der Injektionsstelle und anschließend die Injektion, bei der die Injektionskanüle senkrecht unter ständiger Aspiration bis zum „Knochenkontakt“ vorgeschoben wird, bis nach Passage der harten Gelenkkapsel häufig Synovialflüssigkeit aspiriert werden kann.

Neben der landmarkenorientierten und sonografisch gestützten Injektion ist auch die Injektion unter fluoroskopischer sowie CT-Kontrolle möglich.

Intra-artikuläre Injektion des Hüftgelenks von lateral

Eignet sich nicht für sehr adipöse Patienten, da hier häufig eine Distanz von > 6 cm zu überwinden ist, bevor die Injektionskanüle intra-artikulär zu liegen kommt.

Vorgehen: Die laterale Injektion kann unter Bildwandlerkontrolle (Einstellung p.a.) mit einer langen Nadel (70 mm) erfolgen. Dabei wird die Injektionsnadel proximal des Trochanter majors eingestochen und unter ständiger Aspiration in Richtung des Trochanter majors der kontralateralen Seite bis zum „Knochenkontakt“ vorgeschoben.

Bei beiden Injektionsverfahren ist es empfehlenswert, sich vor der Injektion das vorhandene p.a. Röntgenbild anzusehen und sich die individuelle anatomische Begebenheit vor Augen zu führen. Bei der Durchführung der intra-artikulären Injektion am Hüftgelenk weisen erfahrene Injektoren eine Erfolgsquote von durchschnittlich 77,1 % auf, diese Erfolgsrate steigt auf 88 % an, wenn der BMI der behandelten Patienten < 30 liegt [1].

Darüberhinaus bieten die Bildwandler- und CT-gestützten Injektionen gute Optionen, die Injektion sicher intra-artikulär durchzuführen.

Substanzen zur
intra-artikulären Injektion bei Coxarthrose

Lokalanästhetika

Insbesondere bei der differenzialdiagnostischen Abklärung eines Hip-Spine-Syndroms ist die Injektion von Lokalanästhetika in das Hüftgelenk sehr sinnvoll. Hierzu stehen uns verschiedene Präparate zur Verfügung, die sich hinsichtlich des Zeitpunkts, des Wirkeintritts und der Wirkdauer unterscheiden. Aufgrund der in zahlreichen Arbeiten diskutierten Chondrotoxizität von Lokalanästhetika ist eine geringere Konzentration der Wirkstoffe zu bevorzugen, ebenso ist eine häufig Wiederholung von i.a Lokalanästhetikanjektionen zu vermeiden [2, 3, 4].

Kortikosteroide

Häufig wird ein möglicher Zusammenhang zwischen einer Kortikosteroidinjektion und einem etwaig erhöhten Risiko für einen Infekt nach HTEP Implantation diskutiert. Wang et al. [5] konnten in einer aktuellen Metaanalyse hierfür keinen direkten Zusammenhang zwischen einer vorherigen Kortikosteroidinjektion und dem Auftreten eines oberflächlichen oder tiefen Infekts nach HTEP finden. Ravi et al. [6] beschrieben hingegen eine Häufung von Revisionen nach HTEP bei Patienten, bei denen in den letzten 12 Monaten vor der Hüft-TEP-Implantation eine Injektion mit Kortikosteroiden durchgeführt wurde.

Insbesondere bei einer Exzerbation von Coxarthroseschmerzen kann die Injektion von Kortikosteroiden sinnvoll sein. Aufgrund der anti-inflammatorischen Potenz ist es möglich, die zugrundeliegenden Reizzustände schnell zu adressieren. Ebenso haben klinische Studien neben der Reduktion der Schmerzen auch eine Verbesserung der Funktion und Reduktion der Steifigkeit gezeigt. Die Dauer dieser positiven Effekte ist jedoch auf Wochen bzw. Monate begrenzt [7, 8]. Hinsichtlich der Dosierung ist die einmalige höherdosierte Injektion einer Mehrfachgabe vorzuziehen. Die Anzahl der Kortikosteroidinjektionen ist aufgrund postulierter negativer Effekte auf den Gelenknorpel möglichst gering zu halten.

Hyaluronsäuren

Hyaluronsäuren haben neben der Injektion bei der symptomatischen Gonarthrose auch bei der Behandlung der symptomatischen Coxarthrose und bei Versagen der initial eingeleiteten nichtinvasiven Therapie eine valide Berechtigung [9]. Bezüglich der Anzahl und der Frequenz der i.a. Hyaluronsäureinjektionen an der Hüfte besteht bei den meisten Präparaten keine klare Empfehlung bzw. die Hersteller übernehmen die Empfehlungen, die für die Behandlung der Gonarthrose gegeben sind.

Platelet-Rich-Plasma (PRP)

Neben ersten, erfolgversprechenden, kontrollierten Arbeiten über die Wirksamkeit von PRP im Vergleich zu niedermolekularer Hyaluronsäure im Rahmen der symptomatischen Gonarthrosetherapie liegen nur sehr wenige kontrollierte Arbeiten zu dieser Substanz an der Hüfte vor. Battaglia et al. [10] konnten in einer randomisierten Arbeit zeigen, dass es zwischen einer Injektionsbehandlung mit PRP und Hyaluronsäure keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des therapeutischen Outcomes gab.

Im Rahmen der konservativen Therapie der symptomatischen Coxarthrose stehen uns mit den intra-artikulären Injektionen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die, eingebettet in ein individuelles Arthrosemanagement, eine sinnvolle Ergänzung darstellen.

Interessenkonflikt: Der Autor arbeitet neben der Tätigkeit in der orthopädischen Praxis für die Össur B.V. und hat neben der Tätigkeit in der orthopädischen Praxis bis 03/2013 für die Sanofi-Aventis GmbH gearbeitet.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Axel Schulz

Brenscheider Straße 71

58515 Lüdenscheid

orthoschulz@web.de

Literatur

1. Singh J et al. Do We Need Radiological Guidance for Intra-Articular Hip Injections? The Open Orthopaedics Journal 2014; 8: 114–117

2. Karie JC, Chu CR. Lidocaine exhibits dose- and time-dependent cytotoxic effects on bovine articular chondrocytes in vitro.Am J Sports Med. 2007; 35: 1621–7

3. Ravnihar K, Barlic A, Drobnic M. Effect of intra-articular local anesthesia on articular cartilage in the knee. Arthroscopy 2014; 30: 607–12

4. Yazdi H, Nimavard BT, Shokrgozar M et al. An evaluation of the delayed effect of intra-articular injections of lidocaine (2 %) on articular cartilage: an experimental study in rabbits. Eur J Orthop Surg Traumatol. 2014; 24: 1557–61

5. Wang Q et al. Joint infection following THA/ TKA after previous intra-articular steroid injection; Med Sci Monit 2014; 20: 1878–1883

6. Ravi B et al. Intra-articular hip injection and early revision following total hip arthroplasty: A retrospective cohort study Arthritis Rheumatol 2014; Sep 23. doi: 10.1002/art.38886. [Epub ahead of print]

7. Lambert R et al. Steroid injection for osteoarthritis of the hip: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arthritis Rheum 2007; 56: 2278–87

8. Kullenberg B. Intra-articular corticosteroid injection: pain relief in osteoarthritis of the hip? J Rheumatol 2004; 31: 2265–8

9. Van den Bekerom M. What is the evidence for viscosupplementation in the treatment of patients with hip osteoarthritis? Systemic review of the literature. Arch Orthop Trauma Surg 2008; 128: 815–23

10. Battaglia M, Guaraldi F, Vannini F et al. Efficacy of ultrasound-guided intra-articular injections of platelet-rich plasma versus hyaluronic acid for hip osteoarthritis. Orthopedics 2013; 36: e1501–1508

Fussnoten

1 Praxis für Orthopädie, 58515 Lüdenscheid

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