Originalarbeiten - OUP 01/2013

Klinische Ergebnisse mit dem b-Trikalziumphosphat BETAB"SE

M. Lühmann1, R. Osadnik2, JAK Ohnsorge1, S. Andereya2, C. Herren3, U. Maus1

Zusammenfassung: In dieser klinischen, prospektiven Anwendungsstudie wurde das BETAB"SE -Granulat (b-Trikalziumphosphat) der Firma BIOVISION mit seiner mikro- und makroporösen interkonnektierenden Struktur im
klinischen Einsatz getestet.

Es wurden 34 Patienten, davon 21 Frauen und 13 Männer im Alter von 7–72 Jahren untersucht, bei denen das Material während der Operation eingesetzt wurde. Der Anwendungszeitraum betrug 18 Monate. Dabei waren die Operationsverfahren, die Lokalisation des Einbaus und die Defektgrößen unterschiedlich. Die Auswertung erfolgte klinisch und radiologisch mit angefertigten Röntgenbildern in 2 Ebenen vor und nach der Operation sowie im weiteren Heilungsverlauf.

Das Material erwies sich als unkompliziert im Umgang und bei der Verarbeitung. Die Auffüllung der Knochendefekte war komplikationslos. Bei allen Patienten kam es zu einer Ausheilung der Knochendefekte mit unterschiedlicher Resorptionszeit. Dabei haben Defektgröße, Defektlokalisation, Menge des verwendeten Granulates, Größe der Kontaktfläche zum Knochen, Alter des Patienten sowie die individuelle Regenerationsdynamik des Patienten Einfluss auf die Resorptionszeit.

Aufgrund seiner makro- und mikroporösen Struktur besitzt das BETAB"SE Granulat osteokonduktive Eigenschaften. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass das verwendete Material eine Alternative zu den bekannten klinisch angewendeten Knochenersatzstoffen darstellt.

Schlüsselwörter: Knochenersatzstoffe, ß-Trikalziumphosphat, Biomaterialien, Knochendefekte

Abstract: In this present clinical trial we implant BETAB"SE granulate, a b-tricalcium phosphate developed by Biovision Co., with its micro- and macroporous interconnected
structure to find out whether bone ingrowth could be further enhanced.

We implant the granulate material into critical size defects of overall 34 patients during operation; thereof 21 women and 13 men, aged between 7–72 years. The period of application was 18 months. During the process the operation method, the localisation and the bone defect dimension were different. We performed x-ray images pre- and postoperative moreover in the further healing process.

The application and the handling of the material was uncomplicated, so that the filling of the bone defects was easy and practicable. After implantation all critical bone defects were filled by spongious bone during the study period. The healing up of the critical size defects was good radiologically. Neither irritation, overt inflammation nor soft tissue reaction was observed at the implantation sites. Also defect size, defect localisation, the amount of used granulate, the bone-implant-surface-area and finally the patients age has a bearing on the bone ingrowth and the consolidation after implantation.

BETAB"SE granulate with its major and minor porosity shows osteoconductive properties. In summary, the material can be a good alternative to the known bone substitutes.

Keywords: bone substitutes, ß-tricalcium phosphate, biomaterials, bone defect

Einleitung

Insbesondere im Bereich der Revisionsendoprothetik, Wirbelsäulenchirurgie, operativen Traumatologie und Tumororthopädie sowie bei korrigierenden Eingriffen der orthopädischen Gelenkchirurgie stellt sich immer häufiger das Problem größerer Knochendefekte, welches es zu überwinden gilt. Bisher ist die autologe Spongiosaplastik der „Goldstandard“, da es einerseits aufgrund der Integration in den umgebenden Knochen zu einer zügigen knöchernen Durchbauung kommt und es andererseits dem körpereigenen Remodeling unterliegt, wobei sich ein belastungsadäquater körpereigener Knochen bildet.

Ein Nachteil ist die begrenzte Menge und Qualität des zu gewinnenden Materials, insbesondere dann, wenn es sich um ältere oder multimorbide Patienten handelt. Ferner ist zur Entnahme der Spongiosa in der Regel ein 2. Eingriff mit möglichen Komplikationen wie Blutung, Hämatombildung, Infektion und Schmerzen notwendig [1]. Aufgrund von Komplikationen werden beispielsweise bei der Entnahmestelle am Beckenkamm bis zu 2,8 % Revisionseingriffe durchgeführt bei einer Gesamtkomplikationsrate von bis zu über 40 % [1, 2].

Um diese Nachteile zu vermeiden ist alternativ die Verwendung von Fremdspongiosa möglich. Aber auch hier gibt es spezielle Probleme, beispielsweise ein Infektionsrisiko für den Empfänger, u.a. mit HIV [3], welches nur durch eine genaue Spenderauswahl und sorgfältigste Sterilisierung gesenkt werden kann [4, 5]. Leider führen Sterilisationsverfahren zu einer Abnahme von Osteoinduktivität und zur Abnahme der mechanischen Stabilität [6, 7], sodass dadurch keine verlässliche und konstante Qualität des gewonnenen Materials gewährleistet werden kann.

Es bestehen gesetzliche Vorgaben zur Anwendung von allogenem Knochenmaterial und zur Führung einer hauseigenen Knochenbank [8, 9]. Darüber hinaus ist am 01.08.2007 ein neues Gewebegesetz in Kraft getreten (GewebeG). Insgesamt steigen durch die immer strengeren Vorgaben und Anforderungen des Gesetzgebers Kosten und Zeitaufwand [10, 11].

Als weitere Alternative stehen verschiedene Knochenersatzstoffe (KES) zur Verfügung, von denen Kalziumphosphatverbindungen am häufigsten eingesetzt werden. In diese Gruppe werden Hydroxylapatit und Trikalziumphosphat eingeordnet. Hydroxylapatit verfügt im Vergleich zu Trikalziumphosphat über eine höhere biomechanische Belastbarkeit. Es ist osteokonduktiv, allerdings mit Ausnahme nanokristalliner Zubereitungen kaum resorbierbar. Trikalziumphosphat kann in Abhängigkeit von der Porengröße sowie der Dichte des Materials vom Körper relativ schnell und vollständig resorbiert werden, jedoch ist es weniger belastungsstabil als Hydroxylapatit. Beide KES werden aber im Knochenlager ohne die Probleme einer bindegewebigen Abkapselung integriert.

Der Vorteil von Trikalziumphosphat ist, dass es in stabilen Defekten zu einer Restitutio ad integrum kommt. Bei unterschiedlicher Indikationsstellung existieren heute eine Vielzahl von Kalziumphoshatkeramiken mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung, kristalliner und Oberflächen-Struktur. Hydroxylapatit- und Trikalziumphosphatkeramiken werden häufig zur Auffüllung von Knochenzysten oder Knochendefekten genutzt. Dabei verfügen beide KES über osteokonduktive Eigenschaften aufgrund ihrer porösen Architektur. Es wird zwischen Mikro- und Makroporosität unterschieden, wobei Mikroporosität (< 5 mm) die Resorption, Makroporosität (100–1000 mm) die knöcherne Durchbauung begünstigt [12]. Hydroxylapatitkeramiken in Form von Granulat, Formkörpern oder Beschichtungen finden bevorzugt Verwendung als Knochenersatzmaterial und können beispielsweise im Bereich der Endoprothetik die Einheilung der Implantate verbessern. Geringe chemische und physikalische Unterschiede haben hierbei einen bedeutenden Einfluss auf den in-vivo-Charakter [13].

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