Originalarbeiten - OUP 01/2013

Klinische Ergebnisse mit dem b-Trikalziumphosphat BETAB"SE

Diese klinische, prospektive Studie berichtet über die Anwendung des phasenreinen b-Trikalziumphosphates BETAB"SE der Firma Biovision mit mikro- und makroporöser Struktur als Knochenregenerationsmaterial in der orthopädischen Chirurgie bei verschiedenen Operationen unterschiedlicher Lokalisation.

Material und Methoden

Nach entsprechender Aufklärung über die intraoperative Verwendung eines Knochenersatzmaterials wurden 34 Patienten über einen Zeitraum von 18 Monaten mit BETAB"SE behandelt, bei denen intraoperativ die Indikation zur KES-Anwendung gestellt wurde. Untersucht wurden 21 Frauen und 13 Männer im Alter von 7–72 Jahren. Das Durchschnittsalter lag bei einem Mittelwert von 39 Jahren.

Bei dem verwendeten KES handelt sich um phasenreines b -Trikalziumphosphat. Die analytische Zusammensetzung des KES beträgt (in Masse-Prozent): 52,0–54,2 Kalziumoxid (CaO) sowie 45,8–48,0 Phosphorpentoxid (P2O5). Damit ist ein theoretisches Ca/P-Atomverhältnis von 1,5 gegeben, das dem Ca/P-Verhältnis der Mineralphase des Knochens von 1,6 sehr ähnlich ist. Die Gesamtporosität beträgt > 60 %. Die Größe der Makroporen beträgt 200–1000 m m, das der Mikroporen um 5 m m, beide interkonnektierend. Der KES wird in den Korngrößen 1,4–3,2 mm; 3,2–5,0 mm sowie 5,0–8,0 mm in sterilen Packungsgrößen zu 5 ml und 10 ml angeboten.

Die Operationen und das Patientenkollektiv wurden nicht vorselektiert, sodass es sich um ein heterogenes Kollektiv handelte. Die durchgeführten Operationen, u.a. Umstellungs- und Korrekturosteotomien, Auffüllung von Knochenzysten, decken dabei das durch den Hersteller empfohlene Einsatzfeld ab.

Die Granulatgröße und eingebrachte Menge richtete sich immer, wie vom Hersteller empfohlen, nach der Defektgröße. Das Granulat wurde mittels Spatel, Löffel oder kleinem Trichter in die jeweilige Defektzone ohne stärkere Komprimierung eingebracht, nachdem es zur besseren Haftung hauptsächlich mit Eigenblut, aber auch mit isotoner Kochsalzlösung (z.B. bei Operationen in Blutleere) getränkt wurde. Nach Einbringen des KES wurde ein möglichst dichter Wundverschluss gewählt, sodass das Granulat nicht aus seinem Knochenlager austreten konnte.

Die Auswertung erfolgte klinisch und radiologisch mit der Anfertigung von Röntgenaufnahmen der Defektzone in 2 Ebenen präoperativ sowie postoperativ. Zur weiteren Dokumentation und Erfolgskontrolle wurden in Abhängigkeit vom postoperativen Behandlungsregime weitere individuell festgelegte nativradiologische Verlaufskontrollen durchgeführt, bis eine Resorption des KES und eine ausreichende knöcherne Konsolidierung nachweisbar waren. Eine histologische Untersuchung wurde nicht durchgeführt.

Ergebnisse

Die intraoperative Anwendung des KES war unproblematisch und verlief in allen Fällen komplikationslos. Durch die Anfeuchtung des Materials mit Blut oder Kochsalzlösung wurde die Handhabbarkeit deutlich verbessert. Klinisch zeigten sich postoperativ bei keinem Patienten Wundheilungsstörungen oder allergische Reaktionen. Die Wunden heilten per primam, das Fadenmaterial konnte zeitgemäß 14 Tage postoperativ entfernt werden. Keiner der mit dem KES behandelten Patienten berichtete über empfundene oder durchgemachte Nebenwirkungen. Die Belastung und die physiotherapeutische Beübung richteten sich nach dem intraoperativen Befund in Abhängigkeit von der Knochendefektlokalisation sowie nach der knöchernen Konsolidierung in den angefertigten Röntgenaufnahmen. Auch die Nachbehandlung gestaltete sich bei allen Patienten komplikationslos.

Nativradiologisch konnte im Behandlungsverlauf eine vollständige Resorption des KES sowie eine knöcherne Konsolidierung der Defektzone nachgewiesen werden (Abb. 1–4). Dabei ließen sich folgende Faktoren abgrenzen, die einen Einfluss auf die Defektheilung und Resorptionsgeschwindigkeit des Granulates haben:

  • 1. Defektgröße
  • 2. Defektlokalisation
  • 3. Menge des verwendeten Granulates
  • 4. Größe der Kontaktfläche zum Knochen
  • 5. Alter des Patienten sowie
  • 6. Die individuelle Regenerationsdynamik des Patienten.

Je kleiner die Defektzone und je größer die Kontaktfläche zum Knochenlager, desto schneller erfolgte die knöcherne Konsolidierung und Resorption des Materials. Kleinere Mengen und geringere Granulatgrößen wurden schneller resorbiert als größere. Ein Unterschied zwischen Resorptionsverhalten und knöcherner Konsolidierung an belasteten und unbelasteten Zonen konnte nicht eindeutig festgestellt werden. Eine verzögerte Resorption und knöcherne Konsolidierung zeigte sich bei osteoporotischem Knochengewebe. Bei der Auswertung der Ergebnisse zeigten sich Resorptions- und Durchbauungszeiten zwischen 6 und 15 Monaten.

Im Schnitt zeigte sich auch bei größeren Defekten bereits nach 3 Monaten ein nativradiologisch sichtbarer Resorptionssaum an der Kontaktfläche zum Knochen. Von dort aus schritt die Resorption des KES, ebenso die knöcherne Konsolidierung zum Defektzentrum hin fort. Bereits nach 6 Monaten war der KES in kleineren Zysten und kleineren Defekten nativradiologisch vollständig resorbiert und der Defekt zeigte sich knöchern durchbaut. Bei größeren Defektzonen dauerte die Resorption und Konsolidierung entsprechend länger. Im Schnitt zeigte sich der Defekt nach 9–12 Monaten knöchern konsolidiert bei vollständiger Resorption des Materials. Bei stark ausgedehnten Defekten wurde eine längere Zeit der knöchernen Konsolidierung mit vollständiger Resorption des KES bis hin zu 15 Monaten beobachtet. Diese Defekte waren deutlich größer als 5 cm x 3 cm x 2,5 cm und meist nicht ideal vollständig von Knochengewebe umgeben. Eine überschießende Knochenbildung, im Sinne von Kallus oder Ossikelbildung, über die Defektzone hinaus konnte nicht festgestellt werden.

Diskussion

Die orthopädisch und traumatologisch operativen Verfahren, Strategien und Techniken unterliegen einem dynamischen Wandel, der durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue Verletzungsmuster durch fortschreitende Technisierung und damit Komplexizität, einer sich in ihren Altersstrukturen wandelnden Bevölkerung und die immer höhere Erwartungshaltung jedes Einzelnen an seine Lebensqualität diktiert wird.

Ziel der operativen Verfahren ist eine optimale Herstellung von Funktionalität, Stabilität und Belastbarkeit – im Idealfall die Restitutio ad Integrum. Der „Goldstandard“ für die Füllung knöcherner Defekte unterschiedlicher Größe ist dabei die Transplantation von autologer Spongiosa. Diese steht allerdings nur begrenzt zur Verfügung und ihre Qualität nimmt mit zunehmendem Alter ab. Ferner ist für die Entnahme der Spongiosa häufig ein 2. Eingriff nötig, bei dem Komplikationen mit Infektion und Blutung sowie einem chronischen Schmerzsyndrom auftreten können [1].

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