Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2014

Knorpelläsionen im Kniegelenk – aktueller Stand in Diagnostik und Therapie

M. Weißenberger1, T. Stein1, F. Welsch2

Zusammenfassung: Knorpelläsionen können in traumatische und degenerative Defekte sowie das eigenständige Krankheitsbild der Osteochondrosis dissecans eingeteilt werden. Die klinische Präsentation eines Knorpelschadens ist oft unspezifisch und variabel. Der Goldstandard der bildgebenden Diagnostik ist die Magnetresonanztomografie (MRT), spezifische „Knorpelsequenzen“ werden zur Beurteilung chondraler Läsionen eingesetzt.

Fokale Knorpeldefekte sollten bei Schmerzen und Funktionseinschränkungen einem therapeutischen Verfahren unterzogen werden. Das knorpeltherapeutische Verfahren richtet sich dabei nach der Größe und Tiefe des Defekts. Die Standard-Klassifikation zur Einleitung eines Therapiealgorithmus ist die ICRS-Klassifikation (International Cartilage Repair
Society).

Im Klinikalltag sind die Mikrofrakturierung, die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) sowie die osteochondrale Transplantation (OCT) die häufigsten Therapieverfahren. Die Mikrofrakturierung als knochenmarkstimulierendes Verfahren führt zur Induktion eines Faserknorpelregenerats, das biochemisch und biomechanisch minderwertige Eigenschaften im Vergleich zum hyalinen Knorpelgewebe vorweist. Als zweizeitiges Knorpeltherapieverfahren ist die ACT zu nennen, mit der ein hyalin-artiges Knorpelgewebe erzeugt werden kann. Bei der OCT werden osteochondrale Zylinder aus einem nicht lasttragenden Anteil des Kniegelenks entnommen und zur Knorpeldefektfüllung verwendet. Weitere Langzeitstudien werden zeigen, ob durch die verschiedenen
therapeutischen Knorpeltherapieverfahren die Progredienz der Osteoarthrose nachhaltig verlangsamt werden kann.

Schlüsselwörter: Knorpelläsionen, MRT, ICRS-Klassifikation,
knorpeltherapeutische Verfahren, Osteoarthrose

Zitierweise
Weißenberger M, Stein T, Welsch F: Knorpelläsionen im Kniegelenk – aktueller Stand in der Diagnostik und Therapie.
OUP 2014; 7: 340–345 DOI 10.3238/oup.2014.0340–0345

Summary: Cartilage lesions can be divided in traumatic and degenerative defects and in the osteochondrosis dissecans disease. The clinical presentation of cartilage damage is often non-specific and variable. The gold standard of diagnostic imaging is magnetic resonance imaging (MRI), specific „cartilage sequences“ are used for the assessment of chondral lesions.

Focal cartilage defects should induce a therapeutic procedure if there is pain and functional limitations. The standard classification to initiate a treatment algorithm is the classification of the ICRS (International Cartilage Repair
Society).

In the everyday clinical therapeutic application the most often used therapeutic methods are microfracture, the
autologous chondrocyte transplantation (ACT) and the
osteochondral transplantation (OCT). Microfracture as a bone marrow stimulating procedure ultimately leads to the induction of a fibrocartilage tissue which is biochemically and biomechanically inferior compared to hyaline cartilage. As a two-stage cartilage therapy procedure the ACT has to be mentioned by which a hyaline-like cartilage tissue can be generated. In OCT osteochondral cylinders taken from a non-load bearing portion of the knee joint are used for
defect filling of the cartilage defect.

Further long-term studies will show whether the progression of osteoarthritis can be effectively reduced by various therapeutic cartilage procedures.

Keywords: cartilage lesions, MRI, ICRS-classification, cartilage therapeutic procedures, osteoarthritis

Citation
Weißenberger M, Stein T, Welsch F: Focal cartilage defects – current state of diagnostics and therapy
OUP 2014; 7: 340–345 DOI 10.3238/oup.2014.0340–0345

Einleitung

Bereits 1743 beschrieb William Hunter, dass Knorpel, der zerstört ist, nicht mehr heilt [1], eine Feststellung, die mit gewissen Einschränkungen als ein heute noch gültiges Axiom der modernen Medizin angesehen werden kann.

Läsionen des hyalinen Knorpels im Bereich des Kniegelenks stellen eine typische und häufige Krankheitsentität in der Orthopädie und Unfallchirurgie dar, die im Rahmen einer Kniegelenkarthroskopie mit einer Inzidenz von bis zu 66 % diagnostiziert werden [2]. Unspezifische klinische Symptome eines Gelenkknorpelschadens sind Schmerzen, Schwellung und funktionelle Beeinträchtigungen. Mobilitätseinschränkungen und eine Verringerung der Lebensqualität stehen für die betroffenen Individuen im Vordergrund im weiteren Verlauf.

Da hyaliner Knorpel aufgrund seiner avaskulären Natur keinen Anschluss an das Blutgefäßsystem des Knochens und Knochenmarks besitzt, nicht innerviert ist sowie ein eher bradytrophes Gewebe darstellt, ist das Regenerationspotenzial des hyalinen Gelenkknorpels deutlich eingeschränkt. Kommt ein hyaliner Gelenkknorpeldefekt nicht zur Ausheilung, kann daraus das Krankheitsbild der Arthrose bzw. der Osteoarthritis resultieren, die letztlich oftmals in den totalendoprothetischen Kniegelenkersatz mündet [3]. Mit dem Ziel, die o.g. Beschwerden zu reduzieren und ggf. das Voranschreiten der osteoarthritischen Gelenkdestruktion zu verlangsamen, stehen derzeit zahlreiche Knorpeltherapieverfahren im klinischen Alltag zur Verfügung. Grundlage des Verständnisses für die Durchführung und den Erfolg knorpeltherapeutischer Verfahren stellt dabei die Anatomie des hyalinen Gelenkknorpels dar.

Anatomie des hyalinen
Gelenkknorpels

Das hyaline Knorpelgewebe, das die Gelenkflächen in Diarthrosen überzieht, setzt sich einerseits aus Chondrozyten (1–10 %) und andererseits aus der extrazellulären Matrix (90–99 %) zusammen. Die extrazelluläre Matrix wiederum besteht aus Proteoglykanen und Kollagenfibrillen, wobei Kollagen Typ II (10–12 %) das dominante Kollagen und damit einen entscheidenden Marker für hyalines Knorpelgewebe darstellt. Ein Großteil des hyalinen Knorpels ist jedoch Wasser (70–80 %), das für die Stoßdämpferfunktion des Gelenks bei Belastung eine entscheidende Rolle einnimmt. Die Ernährung des avaskulären und alymphatischen, bradytrophen Knorpelgewebes erfolgt durch Diffusion aus der Synovia und dem subchondralen Knochen. Morphologisch gesehen kann der hyaline Gelenkknorpel in 4 horizontal verlaufende Zonen mit unterschiedlich angeordneten Kollagenfasern unterschieden werden:

  • 1. Tangentialzone,
  • 2. Transitionszone,
  • 3. Radiärzone,
  • 4. kalzifizierte Zone.

Die sog. Tidemark trennt dabei kalzifizierten Knorpel von nicht-kalzifiziertem Knorpel.

Diagnostik

Ursächlich kann man Knorpelläsionen in traumatische und degenerative Knorpeldefekte unterteilen. Als eigenständiges Krankheitsbild ist hingegen die Osteochondrosis dissecans (OD) zu werten. Die Ursachen für eine OD sind immer noch nicht hinreichend geklärt. Diskutiert werden unter anderem posttraumatische Durchblutungsstörungen, spontane Nekrosen sowie Druckerhöhungen im Knochen nach repetitiven Traumata [4]. Dahingegen stellen traumatische Knorpelläsionen oftmals Begleitpathologien bei ligamentären Verletzungen wie z.B. der vorderen Kreuzbandruptur dar [5]. Degenerative Knorpelschäden sind zumeist alters- und belastungsabhängig.

Am Anfang der Diagnostik stehen die ausführliche Anamnese sowie die körperliche Untersuchung des Patienten mit einer Analyse des Gangbilds. Da sich der Knorpeldefekt klinisch oftmals sehr variabel präsentiert und nur einen Teil einer Kombinationspathologie darstellen kann, ist bei der Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung insbesondere auf die Beinachse, Meniskuszeichen und die ligamentäre Gelenkführung zu achten, neben unspezifischen Symptomen wie einen Gelenkerguss, Ruhe- und Belastungsschmerzen, Krepitationen und die Kniegelenkbeweglichkeit.

Als Basisdiagnostik werden Röntgenaufnahmen des betroffenen Kniegelenks in 3 Ebenen (a.p.-Aufnahme, seitliche Aufnahme und Patella-Tangentialaufnahme) sowie eine Beinganzaufnahme zur Beurteilung von Beinachsenfehlstellungen durchgeführt. Goldstandard in der Diagnostik von Knorpelläsionen stellt jedoch das MRT dar (Abb. 1–2). Insbesondere knorpelspezifische Sequenzen, wie die Fast spin echo-Sequenz (FSE), die dreidimensionale Fat suppressed gradient echo-Sequenz (GRE) und die dGEMRIC-Methode (delayed Gadolinium-enhanced MRI of Cartilage), machen eine Darstellung des Knorpeldefekts in Morphologie und Größe in vivo möglich [6]. Darüber hinaus kann mittels spezifischer Scoresysteme wie dem Mocart-Score (Magnetic Resonance Observation of Cartilage Repair Tissue) eine qualitative Bewertung des Knorpelregenerats nach erfolgter Knorpeltherapie durchgeführt werden [7].

Bei der Klassifikation von Knorpeldefekten dient das auf der Outerbridge-Klassifikation [8] aufbauende Klassifikationssystem der ICRS als Goldstandard [9]. Die ICRS-Klassifikation basiert auf dem arthroskopischen Befund und teilt die Knorpeldefekte nach der entsprechenden Läsionstiefe ein. Es lassen sich dadurch spezifische Therapiealgorithmen ableiten, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.

Therapie

In die Therapiefindung gehen zahlreiche Überlegungen mit ein, um für den Patienten eine individualisierte Behandlung möglich machen zu können und den Ansprüchen des jeweiligen Patienten gerecht zu werden. Neben der Größe, Tiefe, Morphologie des Defekts und des umliegenden (Containment) und korrespondierenden Knorpelgewebes ist dessen Lokalisation sowie das Vorhandensein von Begleitpathologien wichtig für die Therapiefindung. Als derzeitige Indikationen zur Knorpeltherapie zählen Kriterien wie Schmerz, eine Funktionseinschränkung, ein radiologisch oder arthroskopisch dargestellter Knorpeldefekt sowie die Intention, das Voranschreiten einer Osteoarthrose zu verhindern. Letzteres ist in der aktuellen Literatur noch nicht ausreichend wissenschaftlich gesichert [10–13]. In die Therapieentscheidung müssen stets auch mögliche Risikofaktoren wie Nikotinabusus sowie die Nachbehandlung und Compliance des Patienten einbezogen werden, da diese das Ergebnis eines knorpelchirurgischen Therapieverfahrens beeinflussen können [14].

ICRS Grad I-Defekte werden konservativ mittels Bewegungstherapie, Kräftigung des Musculus quadriceps femoris sowie bedarfsweiser Einnahme eines nicht-steroidalen Antirheumatikums unter Magenprotektion behandelt.

Bei ICRS Grad II-Defekten mit einer Läsionstiefe unter 50 % des intakten longitudinalen Knorpeldurchmessers ist in der Regel das Débridement das operative Verfahren der Wahl. Mit dem Débridement können Detritus und Entzündungsmediatoren arthroskopisch im Kniegelenk reduziert und oberflächliche Knorpelstrukturen stabilisiert sowie geglättet werden und damit ein stabiler Knorpelrand (Containment) geschaffen werden [15]. Das Débridement kann als vorbereitende Maßnahme für eine weitergehende Versorgung fungieren. Eine reine arthroskopische Lavage mit Knorpelglättung zeigte in der prospektiv randomisierten Studie von Moseley et al. allerdings nur ernüchternde Ergebnisse und sollte als alleinige Maßnahme keine Indikation darstellen [16]. Vorteile des arthroskopisch durchführbaren Débridements sind ein früher Rehabilitationsbeginn unmittelbar postoperativ sowie eine Symptomverbesserung von 45 % in den ersten 3 Jahren [17]. Nachteile des Débridements sind die oftmals nur kurzzeitige Wirkung, die fehlende Induktion eines Knorpelregenerats sowie ein unzureichender therapeutischer Effekt bei größeren Defekten [16].

Bei ICRS Grad III-Defekten , d.h. einer Knorpelläsionstiefe von über 50 %, ist bei einem Knorpelschaden von weniger als 2 cm2 die Mikrofrakturierung ein vermeintlich einfaches und einzeitiges, knochenmarkstimulierendes Verfahren, um ein fibrocartilaginäres Ersatzgewebe in der Folge durch Durchbrechung der Grenzlamelle zu induzieren [18–20] (Abb. 3). Nachteile dieses knorpeltherapeutischen Verfahrens sind zum einen der induzierte, instabile „Superclot“, der eine lange Nachbehandlung mit einer bis zu 3 Monate andauernden Entlastung erfordert sowie eine geringe Belastbarkeit des aus Kollagen Typ I bestehenden Knorpelregenerats, das nach 24 Monaten zunehmend degeneriert [21]. Für die Rehabilitation entscheidend ist die Bewegungstherapie des betroffenen Kniegelenks, insbesondere mittels einer Bewegungsschiene. In-vitro- und In-vivo-Studien geben einen Hinweis darauf, dass dadurch die Proteoglykansynthese gesteigert werden könnte [22]. Nachteile dieser Therapieoption sind die verminderte Stabilität, inkomplette Defektfüllung, sekundäre Delaminierung und das Risiko der Bildung von sekundären Verknöcherungen (intraläsionale Osteophyten) [23]. Als eine Weiterentwicklung der Mikrofrakturierung ist ihre Kombination mit einer Kollagen-I/III-Membran (z.B. Chondro-Gide) zu nennen, dem sogenannten AMIC-Verfahren (autologous matrix-induced chondrogenesis), das einzeitig durchgeführt werden kann [24]. Die Kollagenmembran wird dabei mittels Fibrinkleber oder einer Vicryl-Naht an den umgebenden Knorpel fixiert.

Liegt ein ICRS Grad III-Defekt mit einer Knorpeldefektgröße größer 2–4 cm2 vor, wird derzeit die ACT als therapeutisches Verfahren der Wahl empfohlen (Abb. 8). Durch die ACT wird ein hyalin-ähnliches Knorpelregenerat induziert, wodurch bei Defekten über 2 cm2 bessere klinische Ergebnisse als durch die Mikrofrakturierung erreicht werden. Insbesondere ab dem 2. postoperativen Jahr ist die ACT der Mikrofrakturierung als deutlich überlegen anzusehen [25]. Nachteile der ACT sind neben einem zweizeitigen Operationsverfahren die hohen Kosten. Die Verfahren der 4. Generation können zumeist über eine Mini-Arthrotomie des Kniegelenks implantiert werden. Die ACT der 5. Generation (Abb. 8), die arthroskopisch in Form von in situ polymerisierbaren, dreidimensionalen Albumin-Hyaluronsäuregelen anwendbar ist, ermöglicht zumeist ein rein arthroskopisches Vorgehen. Inwieweit hierüber eine vergleichbare Primärstabilität im Vergleich zu den Verfahren der 4. Generation generiert werden kann, ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend validiert.

Bei osteochondralen ICRS Grad IV-Defekten ist die osteochondrale Transplantation (OCT) eine einzeitige Therapieoption (Abb. 9). Vorteile dieses einzeitigen Verfahrens sind die osteochondrale Einheilung mit hoher Primärstabilität des Knochen-Knorpel-Zylinders, der aus einem nicht lasttragenden Areal des Kniegelenks wie z.B. der Trochlea mittels Meißelextraktion oder Nassschleifverfahren entnommen wurde sowie ein früher Rehabilitationsbeginn postoperativ. Nur bei der OCT wird der Knorpeldefekt in einer Belastungszone des Kniegelenks durch hyalines Knorpelgewebe gefüllt. Dabei zeigte eine klinische Studie von Hangody et al., dass im Bereich des transplantierten Knochen-Knorpel-Zylinders hyalin-artiges Knorpelgewebe nach Transplantation in vivo in einer histologischen Kontrolluntersuchung nachweisbar war [26]. Unklar bleibt, welchen Einfluss die sog. Gap-Bildung mit Ausbildung von Faserknorpel zwischen den Zylindern bzw. am Interface zum ortsständigen Knorpel auf das Ergebnis nimmt. Nachteile der OCT sind unter anderem die Entnahmemorbidität sowie die eingeschränkte Spendermenge osteochondraler Zylinder [27]. Aufgrund der begrenzten Möglichkeit, Spenderzylinder zu entnehmen, sollte die Größe der zu deckenden Läsion etwa 4 cm2 nicht überschreiten. Als alternative Therapieoption besteht die Möglichkeit einer ACT mit knöchernem Aufbau der ossären Komponente durch eine autologe Spongiosaplastik bzw. Knochenzylindertransfer. Die Indikation zu dieser zweizeitigen osteochondralen Rekonstruktion wird gesehen bei fehlenden OCT-Entnahmemöglichkeiten bzw. bei fehlender mechanischer Implantierbarkeit der OCT-Spenderzylinder.

Im Vergleich mit der Mikrofrakturierung sowie der ACT existieren aktuelle Studien, die sowohl klinisch als auch arthroskopisch gleichwertige Ergebnisse der Mikrofrakturierung, ACT und OCT nach einem Jahr zeigen [28]. Dagegen zeigen histologische Reevaluierungen 2 Jahre nach ACT und OCT ausschließlich hyalin-artiges Knorpelgewebe nach OCT, während die ACT in der Folgezeit nur ein fibrocartilaginäres Knorpelregenerat induzieren konnte [29].

Osteochondrale ICRS Grad IV-Läsionen mit osteochondralem Flake sollten stets versucht werden, einzeitig z.B. mittels sogenannter „Chondrodarts“ refixiert zu werden, um das hyaline Knorpelgewebe erhalten zu können. Mögliche Komplikationen dabei sind zum einen die oftmals notwendige Arthrotomie zur Flake-Refixation sowie sekundäre Nekrosen und Auffaserungen des refixierten Knorpelgewebes im weiteren Verlauf (Abb. 4–7). Ist der Flake nicht refixierbar, erfolgt die Analyse der Defektzone und der Therapieoptionen nach o.g. Kriterien der Knorpeldefekte Typ ICRS III.

Begleitpathologien sollten bei der Therapie immer mit berücksichtigt und therapiert werden. Aus diesem Grund sollten Band- und Meniskusrekonstruktionen sowie Beinachsen-korrigierende Eingriffe zwingend mit in den Therapiealgorithmus inkludiert werden. Inwieweit diese im Rahmen einer Knorpelzellentnahme oder einer ACT-Reimplantation erfolgen sollten, hängt von der individuellen Pathologie, Zugangsmorbidität und spezifischen Nachbehandlung ab und muss individuell festgelegt werden.

Therapeutische Perspektiven

In Zukunft nehmen bei der Behandlung von Knorpeldefekten die Stammzelltherapie sowie das Tissue Engineering eine zunehmende Bedeutung ein: In der sog. „Tissue Engineering Triade“ werden die 3 großen Forschungsbereiche zur Knorpelgeweberegeneration zusammengefasst [30, 31]:

  • 1. Neue Biomaterialien, die als Trägersubstanz von sich differenzierenden Chondrozyten dienen.
  • 2. Mesenchymale, multipotente Stammzellen, die nach chondrogener Differenzierung Knorpelmatrix in vivo synthetisieren können.
  • 3. Biologische, chemische und mechanische Umgebungsfaktoren, welche die Chondrozytendifferenzierung induzieren sowie die Chondrozytende-differenzierung supprimieren können.

Fazit

Vor Durchführung eines knorpeltherapeutischen Verfahrens bedarf es einer genauen, individualisierten Analyse der Knorpelläsion sowie des betroffenen Patienten mit seinen Ansprüchen und Begleitpathologien. Nach genauer Erhebung des klinischen Befunds mittels Anamnese und körperlicher Untersuchung erfolgt die o.g. Standard-Röntgendiagnostik sowie die Durchführung eines MRT zur genauen Beurteilung der osteo-/chondralen Läsion und ihrer Begleitpathologien. Im Anschluss daran schließen sich standardisierte, an der ICRS-Klassifikation orientierte Therapiealgorithmen zur Festlegung des knorpeltherapeutischen Verfahrens an. Eine eingeschränkte Studienlage lässt noch keine Aussage über die langfristige Prävention einer Osteoarthrose durch die derzeit in der klinischen Anwendung befindlichen Knorpeltherapieverfahren zu. In Zukunft werden die Knorpelzelltherapie sowie das Tissue Engineering neue Therapiemöglichkeiten bei der Behandlung von Knorpelläsionen ermöglichen.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Frederic Welsch

Abteilung für Sportorthopädie,
Knie- und Schulterchirurgie

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main

Friedberger Landstraße 430

60389 Frankfurt am Main

frederic.welsch@bgu-frankfurt.de

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Fussnoten

1 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Sportorthopädie, Knie- und Schulterchirurgie

2 Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Chefarzt der Abteilung für Sportorthopädie, Knie- und Schulterchirurgie

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