Originalarbeiten - OUP 12/2018

KnorpelRegister DGOU: Was können wir aus der Versorgungsforschung lernen?

Philipp Niemeyer1, Gunther Spahn2

Zusammenfassung: Das KnorpelRegister DGOU
wurde im Oktober 2013 initiiert und erlaubt die
prospektive Erfassung von Patienten mit Knorpelschäden am Kniegelenk, der Hüfte und dem oberen Sprunggelenk (OSG). Anders als prospektiv-randomisierte Studien bildet es die Versorgungsrealität in Deutschland ab und erlaubt somit für die Behandlung von Knorpelpatienten relevante und wertvolle Schlussfolgerungen. Die ersten Publikationen
detektieren hierbei interessante epidemiologische Zusammenhänge, aber auch wichtige Informationen über die
Gelenkfunktion und Komplikationen knorpelregenerativer Operationstechniken.

Schlüsselwörter: Knorpelschaden, Knie, Knorpel, Register,
Komplikationen

Zitierweise
Niemeyer P, Spahn G: KnorpelRegister DGOU: Was können wir aus der Versorgungsforschung lernen?
OUP 2018; 7: 604–610 DOI 10.3238/oup.2018.0604–0610

Summary: The German Cartilage Registry (KnorpelRegister DGOU) was initiated in October 2013 and allows the prospective enrollment of patients with cartilage damage to the knee joint, the hip and the ankle joint. In contrast to prospective randomized studies, it represents the unselected reality of cartilage repair patients in Germany, allowing relevant and valuable conclusions for the treatment of these patients. The first publications describe interesting epidemiological data, but also important information about the joint function in patients suffering from cartilage defects as well as complications of cartilage-regenerative surgical techniques. The present article describes the German Cartialge Registry and summarizes recent publications.

Keywords: cartilage defect, knee, cartilage, registry,
patient-reported outcome

Citation
Niemeyer P, Spahn G: German Cartilage Registry:
What can we learn from registry data?
OUP 2018; 7: 604–610 DOI 10.3238/oup.2018.0604–0610

1 OCM – Orthopädische Chirurgie München und Universitätsklinikum Freiburg

2 Praxisklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Eisenach und Universitätsklinikum Jena

Hintergrund

In vielen Bereichen der operativen Medizin, so auch in der operativen Orthopädie und Unfallchirurgie, hat in den letzten Jahren die Forderung nach wissenschaftlicher Evidenz als Basis für die Patientenversorgung und Entscheidungsfindung sowohl von ärztlicher als auch von Seite der Patienten und Kostenerstatter im Gesundheitswesen zugenommen. Als Beispiele sind hier sicherlich neben dem Bewertungsverfahren zur „Arthroskopie bei Gonarthrose“ durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) auch die aktuellen Diskussion um die Wertigkeit z.B. der arthroskopischen Meniskusteilresektion zu nennen. Ergebnisse des eigenen Handels transparent zu gestalten gewinnt aber auch zunehmend als Marketinginstrument in Klinik oder Praxis an Bedeutung, sodass das Zitat von Theodor Billroth „Bald wird die Zeit kommen, wo auch unsere Schüler und Kollegen sich nicht mit allgemeinen Bemerkungen über diese oder jene Erfolge zufrieden geben, sondern jeden Arzt für einen Scharlatan halten, der nicht im Stande ist, seine Leistungen in Zahlen auszudrücken“ aus unterschiedlichen Perspektiven aktueller den je erscheint und sicherlich auch auf die Patienten ausgeweitet werden kann.

Die operative Behandlung von Knorpelschäden stellt in Bezug auf die Frage nach wissenschaftlicher Evidenz hier ein außerordentlich positives Beispiel dar, da sich in den vergangenen Jahren die Datenlage hier deutlich gebessert hat. So sind gerade für die Frage nach Sicherheit und Effektivität der autologen Knorpelzelltransplantation hier eine Vielzahl prospektiv-randomisierter Studien im höchstem Evidenzlevel verfügbar, die sich mit unterschiedlichsten Aspekten der Behandlung in Bezug auf Indikationen, verfügbare Produkte, aber auch dem wichtigen Aspekt der Nachbehandlung beschäftigen [1–4].

Auch wenn diese Studien nicht in allen Fällen aus rein wissenschaftlichem Antrieb initiiert wurden, sondern ein großer Anteil der Studien auch im Rahmen der Zulassungsverfahren als Arzneimittel zustande gekommen sind, schmälert dieser Umstand nicht den wissenschaftlichen Wert und die Evidenz für diese Methode.

Dennoch kann und darf sich wissenschaftliche Evidenz nicht auf prospektiv-randomisierte Studien beschränken, da diese – verursacht durch die strengen Ein- und Ausschlusskriterien – nur einen kleinen Teil der Patienten mit klinisch relevanten und behandlungsbedürftigen Knorpelschäden repräsentieren [5] und viele Fragestellungen wie die Frage nach dem Einfluss von nicht-randomisierbaren Risikofaktoren und Prognosefaktoren (z.B. Geschlecht oder Alter) oder aber auch Fragen nach der Inzidenz seltener Komplikationen nicht beantwortet werden können.

Vor diesem Hintergrund scheinen als Ergänzung der prospektiv-randomisierten Studien Beobachtungsstudien mit großen Fallzahlen (prospektive Kohortenstudien) unerlässlich. Aus Sicht der Autoren stellen diese auch eindeutig für viele Fragestellungen (wie die oben erwähnten Beispiele) die „best verfügbare Evidenz“ dar, weshalb sie auch bei der Bewertung der Evidenz der Methode nicht als minderwertig angesehen, sondern in Abhängigkeit der Fragestellung als gleichwertig oder sogar wegen der in der Regel großen Fallzahlen als überlegen angesehen werden sollten. Diese Forderungen wird auch von anderen Arbeitsgruppen geteilt [6–8] und sie stellen die Grundlage der Entwicklung vieler Register dar. Wie effektiv dies sein kann, verdeutlichen auch neuere Studien aus den skandinavischen Registern zur Behandlung von Kreuzbandrupturen mit mehr als 40.000 dokumentierten Patienten, die wichtige Fragestellungen aufwerfen und bedeutende Informationen zum aktuellen Stand der Wissenschaft beitragen.

Prinzip des
KnorpelRegister DGOU

Vor diesem Hintergrund wurde nach langer Vorbereitung im Oktober 2013 das KnorpelRegister DGOU initiiert [9].

Es stellt eine prospektive Datenbank dar, in welcher Patienten mit Knorpelschäden an der Hüfte, dem Sprunggelenk und dem Kniegelenk registriert werden können und anhand eines „Remote Data Entry (RDE)“-Systems) über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren automatisiert nachverfolgt und anhand validierter patient-reported outcome score (PROM) in Bezug auf das Behandlungsergebnis beurteilt werden können.

Technische Aspekte

Das Studienprotokoll des KnorpelRegister DGOU wurde bereits publiziert und basiert auch auf den Erfahrungen von Registerforschung in anderen Ländern [10]. Zur Erfassung von Behandlungsergebnissen im Sinne einer Funktionsanalyse des betroffenen Gelenks haben sich sogenannte patient-reported outcome parameters durchgesetzt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die Selbstbeurteilung der Funktion des Gelenks durch den Patienten die Basis zur objektivierten Beurteilung des Behandlungsergebnisses darstellt, und schließen somit (außer in einer direkten Interviewsituation) einen durch den Untersucher induzierten Bias aus. Aus diesem Grund und vor dem Hintergrund, dass die Fragebögen insbesondere zur Beurteilung der Alltagsfunktion eines operierten Gelenks oder einer Extremität als relevanter als eine objektive Untersuchung einzustufen sind, stellen sie heute in der überwiegenden Anzahl von Studien wichtige Haupt- und Nebenzielkriterien dar. Für fast alle Gelenke und Pathologien existieren inzwischen validierte Fragebögen mit unterschiedlichem Umfang. Diese Entwicklung und der technische Fortschritt im Sinne einer zunehmenden Verbreitung webbasierter Kommunikationswege und optimiertem Datenschutz auch in Bezug auf sensible Patientendaten führen dazu, dass eine automatisierte Erfassung von Behandlungsergebnissen über webbasierte Plattformen ohne direkten Arztkontakt sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Für Registerstudien mit großer Fallzahl stellen sie auch wegen der geringen personellen Kapazitäten, die zur Datenerfassung via Web-Eingabe notwendig sind, eine ideale Methodik dar. Auf Basis dieser Überlegungen sind in den vergangenen Jahren von vielen Anbietern „Remote Data Entry“-Systeme entwickelt worden. Nach Dateneingabe über aktive PDF-Formulare oder HTML-basierte Fragebögen erfolgt die Datenübermittlung über gesicherte Transfers und mündet in Log-Files – gesicherten SQL-Datenbanken, welche in Bezug auf die Datensicherheit und Dokumentation den Forderungen der Good Clinical Practice (GCP) entsprechen. Beim KnorpelRegister DGOU wird auf eine solche Technologie (RDE light, Studienzentrum Freiburg) zurückgegriffen. Nach einmaliger Registrierung des Patienten zum Zeitpunkt der Operation durch Zuordnung einer Studien-Identifikationsnummer und Hinterlegung der E-Mail-Kontaktdaten können durch den Arzt die patienten- und fallcharakteristischen Daten eingegeben werden. Durch Zeitpunkt und Fragebogen-spezifische Links, die der Patient dann per E-Mail zugestellt bekommt, erfolgt dann die vollständig automatisierte Nachverfolgung der Patienten über einen mehrjährigen Zeitraum. Beim Ausbleiben der Dateneingabe erfolgen automatisierte Erinnerungen sowie abschließend auch eine Information an den eingebenden Arzt.

Im Detail erfolgt die Anlage des Patienten durch den Arzt zum Zeitpunkt der Operation. Zu diesem Zeitpunkt gibt der Arzt neben den Patientencharakteristika auch die Pathologie-spezifischen Parameter sowie die durchgeführte Therapie ein. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt die Evaluation einzig und allein durch den Patienten, auch mit der Intention den zeitlichen Aufwand für den Arzt gering zu halten. So erhält der Patient bereits am Tag nach Anlagedatum die ersten Fragebögen, die sich auf den präoperativen Zustand seines Gelenks sowie die medizinische Vorgeschichte beziehen. Anschließend erfolgt die Evaluation anhand erneut per E-Mail zugestellter Fragebögen nach 6, 12, 24, 60 und 120 Monaten. Zu diesen Zeitpunkten erfolgt die Evaluation zwischenzeitlich aufgetretener Komplikationen, sowie die Erhebung der Gelenkfunktion [10].

Das Prinzip des KnorpelRegister DGOU erfolgt in einer pseudonymisierten Form, sodass eine Rückverfolgbarkeit auf den einzelnen Patienten nur im eingebenden Zentrum möglich ist. Dieses Prinzip erlaubt ein hohes Maß an Datensicherheit. Das Recht der Löschung von Daten sowie die Möglichkeit der Abfrage nach Art und Umfang der gespeicherten Daten sind ebenso umgesetzt wie die weiteren, durch die europäische Richtlinie zum Datenschutz (DVGSO) geforderten Maßnahmen. Ebenso verbleibt das Recht zur Auswertung seiner eigenen Daten komplett in den Händen des eintragenden Arztes, sodass – völlig unabhängig vom multizentrischen Charakter der Datensammlung – jeder Arzt das System zur Dokumentation der eigenen Ergebnisse zur wissenschaftlichen Verwendung, aber auch zu Zwecken der Qualitätssicherung einsetzen kann. Erfolgt die Datenerhebung im wissenschaftlichen Interesse ist in Abhängigkeit der Berufsordnung ggf. ein Votum der zuständigen Ethikkommission notwendig. Diesbezüglich erfolgt die Unterstützung durch das Studienzentrum Freiburg, welches die Datenbank technisch und inhaltlich betreut. Der Zugriff bzw. die Auswertung multizentrischer Projekte erfolgt nach Antrag an die „AG Klinische Geweberegeneraiton“ der DGOU. Zur Entscheidung wurde ein unabhängiges review board etabliert, welches über die Annahme des Antrags entscheidet. In erster Linie soll mit diesem Verfahren gewährleistet werden, dass die vorhandenen Daten zur Beantwortung der eingereichten Fragestellung geeignet erscheinen. Da bis zum jetzigen Zeitpunkt die verfügbaren Follow-up-Daten noch beschränkt waren und vom wissenschaftlichen Beirat des KnorpelRegister DGOU generell für Outcome-Analysen ein Mindestnachuntersuchungszeitraum von 24 Monaten gefordert wird, basieren die meisten bisher aus den Registerdaten publizierten Studien auf epidemiologischen Daten zum Zeitpunkt der Operation [11–13]. Outcome-Analysen und Sicherheitsdaten (patient’s safety) werden aber in den Folgejahren sicherlich den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten darstellen. Erste Arbeiten aus dem Bereich der Komplikationsanalyse sind bereits verfügbar und sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden. Zum 30. September 2018 konnten in mehr als 140 teilnehmenden Zentren eine Gesamtzahl von mehr als 6000 Patienten registriert werden, 4500 von diesen Patienten wurden mit Knorpelschäden am Kniegelenk und mehr als 1000 Patienten mit Knorpelläsionen an der Hüfte registriert (Abb. 2).

Da der Interpretation von Registerdaten eine große Bedeutung zukommt und da diese Fallsammlungen sicherlich ein hohes Risiko auf Einflussfaktoren haben (wissenschaftlicher Bias), wurde von der AG Klinische Geweberegeneration ein review board ins Leben gerufen, welches beantragte Projekte zur multizentrischen Auswertung nicht nur in Bezug auf die wissenschaftliche Relevanz beurteilt, sondern auch die Umsetzbarkeit mit den vorhandenen Daten prüft. In diesem Zusammenhang wurden auch Qualitätskriterien festgelegt. Unter anderem wurde definiert, dass klinische Outcome-Daten in Form der erhobenen Funktionsscores nur mit einem Minimum-Follow-up von 24 Monaten publiziert werden, um hier eine belastbare Datensubstanz zur Verfügung zu stellen und Fehlinterpretationen auf Basis kurzfristiger perioperativer Einflussfaktoren zu reduzieren. Dieses Vorgehen entspricht den Richtlinien einiger wissenschaftlich anerkannter internationaler Zeitschriften.

Auch wenn Outcome-Daten sicherlich einen spannenden Teil der Registerdaten darstellen, so lässt die große Fallzahl auch eine subtile Analyse von epidemiologischen Daten aus dem Register zu. So können Charakteristika von Patienten mit Knorpelschäden und Einflussfaktoren auf die initiale Gelenkfunktion zum Zeitpunkt der Operation ebenso analysiert werden wie Trends in der Behandlung von Knorpelschäden. Diese Daten sind naturgemäß ohne Abwarten einer Nachuntersuchungszeit verfügbar, weshalb sie – ähnlich wie Daten zu frühen Komplikationen knorpelregenerativer Eingriffe – schon jetzt in großer Zahl zur Verfügung stehen und einen Schwerpunkt der bisherigen Arbeiten darstellen (Abb. 1).

Eine Übersicht über die ersten und aktuellen Arbeiten aus dem KnorpelRegister DGOU sei im Folgenden gegeben:

Cartilage Repair Surgery for

full-thickness cartilage defects

of the knee: Indications and

epidemiological data from

the German Cartilage Registry

(KnorpelRegister DGOU) [14]

Auswertung zum Stichtag 31.07.2015 mit insgesamt 1027 eingeschlossenen Fällen. Die durchschnittliche Defektgröße betrug 4,11 cm². In dieser ersten Fallserie wurden in mehr als 80 % der Fälle die Defekte durch eine autologe Chondrozyten-Transplantation behandelt. Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 37,5 Jahre, in der Regel wurden nur single defects behandelt, in 46 % wurden zusätzlich zum Knorpeleingriff weitere Operationen, in der Regel Gelenksstabilisierungen bzw. Osteotomien durchgeführt.

Characteristics and associated

factors of Knee cartilage lesions:

preliminary baseline-data of

more than 1000 patients from

the German cartilage registry

(KnorpelRegister DGOU) [15]

Es handelt sich um das nahezu identische Patientengut in der vorangehenden Publikation. In dieser Auswertung wurden 61,8 % degenerative Knorpelschäden und 29,6 % traumatische Schäden behandelt. Dabei handelt es sich um 67,6 % Einzelläsionen. Die durchschnittliche Beschwerdedauer betrug 18,4 Monate, Geschlechtsunterschiede konnten hier nicht ermittelt werden. Bei den Patienten handelte es sich um 26,1 % Raucher. Die Beinachse war in 67,3 % normal, 20,8 % der Patienten hatte einen Varus und der Rest einen Valgus. In 48,8 % der Fälle war der Meniskus intakt, in den übrigen Fällen fanden sich entweder Folgen einer Vor-Operation am Meniskus bzw. frische Schäden. Patienten mit kombinierten Schäden waren signifikant älter und hatten häufiger eine assoziierte Beinachsenfehlstellung.

Coincidence and Therapy of

Dysalignments and Degenerative

Cartilage Lesions. Results from

the German CartilageRegistry

DGOU [16]

Stichtag 01.08.2016. Zu diesem Zeitpunkt waren 1778 Patienten im Register erfasst. In 90,9 % der Fälle wurde eine klinische und in 56,0 % eine radiologische Bestimmung der Beinachse vorgenommen.

Der durchschnittliche mechanische Tibia-Femur-Winkel nach Paley (mTFA) betrug bei klinisch neutraler Beinachse 0,2 (SD 0,6; 0–5) Grad, bei klinischem Varus 5,0 (SD 3,2; 0–15) Grad und bei klinischem Valgus –4,7 (SD –4,0; –15–0) Grad.

Damit hatten 76,9 % der Patienten eine normale Beinachse. Ein Varus wurde in 18,9 % und ein Valgus in 4,2 % der Fälle bestimmt.

Varus-Fehlstellungen waren häufiger mit Knorpelschäden im medialen und Valgus-Fehlstellungen häufiger mit Schäden im Bereich des lateralen Kompartiments assoziiert.

In 72,4 % wurde bei vorliegendem Varus der Knorpeleingriff mit einem zeitnahen Korrektureingriff der Beinachse kombiniert. Beim Vorliegen einer Valgus-Fehlstellung wurde dies in der Hälfte der Fälle vorgenommen. Auf die Entscheidung des Operateurs zur gleichzeitigen Achskorrektur hatte die Wahl des knorpelregenerativen Verfahrens keinen Einfluss.

Aus diesen Ergebnissen konnte geschlussfolgert werden, dass degenerative Knorpelschäden im Bereich des Kniegelenks in etwa einem Viertel der Fälle mit pathologischen Abweichungen der Beinachse (18,9 % Varus; 4,2 % Valgus) assoziiert sind. In einem hohen Prozentsatz solcher Fehlstellungen werden durch die Operateure zusätzlich zum knorpelregenerativen Eingriff zeitnah Korrektureingriffe vorgenommen. Dabei ist jedoch bislang unklar, inwieweit dies die Prognose und das Ergebnis beeinflusst.

What parameters affect knee

function in patients with

untreated cartilage defects:

baseline data from the

German Cartilage Registry [11]

Auswertung zum Stichtag 30.04.2017; 2815 eingeschlossenen Fälle.

Aus den Basisdaten wurde ermittelt, dass Patienten-spezifische Parameter signifikant die subjektiven Beschwerden (evaluiert am KOOS) beeinflussen:

Frauen, Raucher, erhöhter BMI, langes Beschwerdeintervall (> 2 Jahre) sowie die Defektgröße beeinflussen signifikant die subjektiven Beschwerden. Mit zunehmender Laufzeit des Registers wurde es schließlich möglich, bestimmte Fragestellungen in Bezug auf das Ergebnis und die Komplikationsraten (Minimum Follow-up 2 Jahre), zu untersuchen.

Revision Surgery after Cartilage

Repair. Data from the German

Cartilage Registry (Knorpel-

Register DGOU) [17]

Hierbei handelt es sich um die Auswertung der ersten 2691 konsekutiven Datensätze des Registers mit 2 Jahresergebnissen. Zu diesem Zeitpunkt hatten nur 1,2 % der operierten Patienten ihre weitere Teilnahme am Register verweigert.

Die Revisionsrate zu diesem Zeitpunkt betrug 3,3 %. Gründe dafür waren Atrophie-Posen bei 27 Patienten oder eine Infektion in 10 Fällen. Die Komplikationsrate bei Frauen war signifikant größer als bei Männern. Diese war abhängig von der Größe des Defekts (größer als 3,5 cm²). Die Wahl der Technik des bioregenerativen Operationsverfahrens hatte keinen Einfluss auf die Revisionsrate.

Degenerativ bedingte Knorpel-

schäden im medialen Kniekom-

partiment. Assoziierte Faktoren,

operative Optionen und prälim-

näre Ergebnisse. Ergebnisse aus

dem KnorpelRegister (DGOU) [18]

Stichtag der Auswertung: 31.08.2016. Zu diesem Zeitpunkt waren im Register 1847 Fälle registriert, von diesen hatten 432 Patienten (23,3 %) degenerativ-bedingte Knorpelschäden im Bereich des medialen Knie-Kompartiments.

Bei der überwiegenden Zahl der Patienten (358) handelte es sich um isolierte Schäden im Bereich des medialen Femurkondyls, bei 25 Patienten lagen isolierte tibiale Defekte und bei den restlichen 49 Patienten kombinierte Defekte (kissing lesions) vor. In 20,1 % erfolgt eine Knochenmarkstimulation, in 39,9 % eine autologe Knorpeltransplantation, davon in 8,1 % der Fälle die ACT mit gleichzeitiger oder derzeitiger Spongiosa-Plastik. In den übrigen Fällen erfolgten eine matrixassoziierte Mikrofrakturierung, ein Debridement oder andere Verfahren. In mehr als 50 % der Fälle wurde eine gleichzeitige Tibiakopfosteotomie durchgeführt.

Subjektiv waren Patienten mit einem femoralen Defekt signifikant häufiger sehr zufrieden/zufrieden, gefolgt von Patienten mit isolierten Tibiadefekt. Am schlechtesten schlossen Patienten mit kombinierten Defekten ab. Der KOOS betrug zur Eingangsuntersuchung im Median 52 Punkte und stieg nach 6 Monaten auf 75, nach 12 Monaten auf 78 und nach 24 Monaten auf 80 Punkte an. Dabei zeigten Patienten mit einem isolierten femoralen Defekt tendenziell bessere Ergebnisse als die übrigen Patienten. Die Gesamt-Revisionsrate betrug 7,1 %.

Diese Daten zeigen, dass Behandlungen degenerativer Knorpelschäden des medialen Gelenk-Kompartiments am Kniegelenk (Früharthrosen) durch knorpelregenerative Verfahren in solchen Fällen kurz- und mittelfristig akzeptable Ergebnisse erzielen können.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Danksagung und weitere Informationen: Zusammenfassend zeigen die bis zum jetzigen Zeitpunkt erhobenen und ausgewerteten Daten die Bedeutung des KnorpelRegister DGOU für die Versorgungsforschung. Outcome-Daten und Publikationen, welche Behandlungsergebnisse einzelner Verfahren berichten, werden in den kommenden Jahren dazu beitragen, den Stellenwert des Registers weiter zu festigen und für die Behandlung wichtige Strategien abzuleiten.

Initiiert wurde das Projekt durch die Arbeitsgemeinschaft „Klinische Geweberegeneration“ der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), und es erlaubt allen interessierten Teilnehmern – gefördert durch die Deutsche Arthrosehilfe e.V. und die Oscar-Helene-Stiftung e.V. – eine kostenfreie Teilnahme.

Informationen stehen auf der Webseite www.knorpelregister-dgou.de zur Verfügung.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Philipp Niemeyer

OCM Orthopädische Chirurgie München und Universitätsklinikum Freiburg

Steinerstraße 6

81369 München

phniemeyer@gmail.com

Literatur

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14. Niemeyer P, Feucht MJ, Fritz J et al.: Cartilage repair surgery for full-thickness defects of the knee in Germany: indications and epidemiological data from the German Cartilage Registry (KnorpelRegister DGOU). Arch. Orthop. Trauma Surg. 2016; 136: 891–7

15. Spahn G, Fritz J, Albrecht D, Hofmann GO, Niemeyer P: Characteristics and associated factors of Klee cartilage lesions: preliminary baseline-data of more than 1000 patients from the German cartilage registry (KnorpelRegister DGOU). Arch. Orthop. Trauma Surg. 2016; 136: 805-10

16. Spahn G, Fritz J, Albrecht D et al.: Coincidence and Therapy of Dysalignments and Degenerative Knee Cartilage LesionsResults from the German CartilageRegistry DGOU. Z. Orthop. Unfall. 2017; 155: 457–467

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18. Lungwitz et al.: Degenerativ bedingte Knorpelschäden im medialen Kniekompartiment. Assoziierte Faktoren, operative Optionen und präliminäre Ergebnisse. Ergebnisse aus dem KnorpelRegister (DGOU). Z Orthop Unfallch (in Druck)

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