Originalarbeiten - OUP 02/2012

Kombinationstherapie der Osteoporose mit Alendronat und Alfacalcidol
Combination therapy of osteoporosis with alendronate
and alfacalcidol

Because of the especially developed, patients friendly, self-explanatory combination package a high acceptance by the patients has been shown. Therefore higher compliance and reduced danger of dispensing mistakes can be expected.

Keywords: osteoporosis, alendronate, alfacalcidol, Tevabone®, BMD, cortical bone, fractures

Einleitung

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde das Spektrum der Osteoporosetherapie durch die Entwicklung von neuen, hochaktiven Therapeutika, wie z.B. Bisphosphonate, SERMS, Strontium Ranelat, PTH und dem RANKL-Inhibitor (Denosumab) signifikant erweitert. Es gab bisher jedoch keine generell akzeptierte Kombinationstherapie, wie weit verbreitet bei anderen chronischen Erkrankungen, mit Ausnahme der Kombination von Alendronat bzw. Risedronat mit genuinem Vitamin D mit oder ohne Calcium. Ziel von Kombinationstherapien ist eine verbesserte Wirkung und ein reduziertes Nebenwirkungsrisiko aufgrund verschiedener Wirkungsmechanismen der parallel angewandten Einzelsubstanzen.

Vor 1993 basierte die Definition der Osteoporose auf dem Nachweis einer Fragilitätsfraktur. Das änderte sich mit der Einführung der Osteodensitometrie (Dual X-ray Absorptometrie "DXA") zur Messung der Knochenmineraldichte (BMD). Die WHO etablierte 1993 eine neue Definition der Osteoporose basierend auf BMD T-scores. Das Ziel war die Identifikation und Behandlung von osteoporosegefährdeten Individuen noch bevor diese eine Fragilitätsfraktur entwickelten. Im Jahre 2001 wurde diese auf BMD-basierende Definition verbessert, nachdem erkannt worden war, dass die Knochenfestigkeit eine Kombination aus BMD und „Knochenqualität“ ist.

Aufgrund der Tatsache, dass die Knochenqualität nur schwer klinisch zu messen war, vertrauten die behandelnden Ärzte weiterhin auf die BMD zur Erfassung des Frakturrisikos und zur Entscheidung betreffs therapeutischer Maßnahmen. Die BMD stellt aber nur eine Determinante der Knochenfestigkeit dar. Es ist nämlich anerkannt, dass die Knochenfestigkeit auf einer Kombination von Knochenstruktur und Knochenmaterialeigenschaften beruht, welche beide durch den Knochenumbau (bone remodelling) gesteuert werden, wobei die Osteozytenvitalität eine entscheidende Rolle spielt [1].

Struktureigenschaften hängen ab von der Größe und der Mikroarchitektur des Knochens, wobei der kortikalen Dichte und Porosität im Alter eine größere Bedeutung zukommt als der Trabeldicke, -zahl und den -zwischenräumen [2,3]. Materialeigenschaften hängen von der Mineralisation, der Kristallgröße des Minerals und insbesondere von der Kollagenorganisation und den -eigenschaften ab. Es ist offensichtlich, dass viele unterschiedliche Faktoren zur Knochenfestigkeit beitragen, welche alle durch eine BMD-Messung nicht erfasst werden. Die Knochenfestigkeit ist nur eine Determinante für Frakturen, weitere sind die Fähigkeit einen aufrechten Stand einzuhalten und Stürze zu vermeiden [4].

Das Verhindern eines Sturzes ist ein hochkomplexer Vorgang, der das Zusammenspiel von Knochen, Muskeln, Sehnen und entsprechende Aktivitäten im Gehirn erfordert [5–10].

Ein Schritt seitwärts, rasche Suche nach sicherem Halt, schnelle Reflexe, starke Muskelleistung und eine ausgezeichnete Balance sind notwendig, um bei einem plötzlichen, unerwarteten Hindernis, wie z.B. Verfehlen einer Treppenstufe, Gehen auf einem glatten Untergrund oder Erhalt eines Stoßes in die Seite, einen Sturz zu vermeiden.

Im Falle eines Sturzes entscheiden die beim Aufprall wirkende Kraft auf den Knochen, das Ausmaß der Polsterung und die Energieabsorption durch Fett- und Muskelgewebe neben der Knochenfestigkeit, ob eine Fraktur auftritt [4]. Ältere Menschen tendieren seitwärts oder rückwärts zu fallen, im Gegensatz zu dem eher nach vorwärts gerichteten Sturz bei Jüngeren, und konzentrieren damit direkt die Sturzenergie auf den Trochanter mit der Folge einer Oberschenkelhalsfraktur. Neuere Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass die Sturzanamnese und ein Sturzrisiko-Assessment bezüglich des Risikos nicht-vertebraler Frakturen ebenso bedeutsam sind wie die BMD [4, 5, 10–12].

Mit steigendem Alter nimmt die Zahl der Stürze zu, und sie sind verantwortlich für mehr als 95% der femoralen Frakturen. Ungefähr 5% der Stürze führen zu Frakturen und ein weiterer Teil von 5% bis 10% resultiert in schweren Verletzungen, welche eine medizinische Behandlung erfordern.

Die Gründe für Stürze sind multifaktoriell: altersassoziierte Sarkopenie und verminderte Muskelleistung und -funktion, Gleichgewichts- bzw. Gangstörungen, rheumatoide Arthritis, orthostatische Hypotension, Seh- bzw. Hörstörungen, neurologische Probleme, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Kognitionsdefizite, reduzierte posturale Kapazitäten im Gehirn (langsamere Reaktionszeiten bei Gefahren der Umgebung), Vitamin D- bzw. D-Hormon-Mangel, Nierenfunktionsstörungen und Gefahren der Umgebung, wie z.B. glatter Untergrund oder Unebenheiten im Boden [5–10, 13–14]. Die Anwendung eines Sturzrisikoassessments basierend auf voneinander unabhängigen Risikofaktoren erscheint dringend notwendig zur Erfassung des wahren, individuellen Frakturrisikos, wie in deutschsprachigen Richtlinien zur Diagnose und Therapie (DVO) von postmenopausaler Osteoporose empfohlen wurde. Osteoporoseexperten weltweit sind überzeugt davon, dass die Einschränkung bei der Frakturrisikoabschätzung auf die BMD falsch ist [15]. Als Antwort auf die Grenzen der BMD haben die WHO und andere Organisationen, wie auch die DVO, kürzlich ein individuelles 10-Jahres-Frakturrisiko empfohlen als Grundlage für Therapieentscheidungen (FRAX) [16]. Auch diese verbesserte Empfehlung enthält nicht andere identifizierte Risikofaktoren für Osteoporose und Frakturen, wie z. B. die genannten Sturzrisikofaktoren, die in den DVO-Richtlinien enthalten sind.

Die therapeutische Strategie zur Senkung des Frakturrisikos sollte nicht nur auf eine Verbesserung der Knochenfestigkeit hinzielen, sondern auch positive Effekte auf Muskelleistung und -funktion sowie auf Gehirnfunktionen haben, um dadurch die Sturzgefahr zu senken [4, 11,12]. Da Immobilität durch Rückenschmerzen oder Angst vor neuen Stürzen den Muskelabbau und Knochenschwund verstärkt, müssen im neuen Therapiekonzept auch diese Komponenten berücksichtigt werden [17, 18].

Präklinische Studien

Präklinische Studien haben bei erhöhtem Knochenturnover nach Ovariektomie in einem von der FDA anerkannten Tiermodell zur Untersuchung von Antiosteoporotika im Hinblick auf Knochenfestigkeit gezeigt, dass die Kombination von Bisphosponaten und Calcitriol gegenüber Bisphosphonaten allein hinsichtlich der Verminderung der Anzahl von Osteoklasten und der geringeren Reduktion der Aktivität von Osteoblasten und damit in der Normalisierung des Knochenumbaus überlegen ist (Abb. 1 und 2) [19]. Diese Tatsache ist von großer Bedeutung, da die gefürchtete, individuelle „Oversuppression“ des Knochenumbaus und die damit verbundene Gefahr einer reduzierten Heilung von Mikrofrakturen bei einer Langzeittherapie mit Bisphosphonaten reduziert werden [20, 21]. In tierexperimentellen Untersuchungen ließ sich die Überlegenheit der Kombination gegenüber den Bisphosphonat-Monotherapien nachweisen bezüglich Knochendichte (BMD), mechanischer Knochenfestigkeit (Abb. 3) und einer vorteilhaften Erhaltung der Knochenmikroarchitektur, gemessen mit peripherer Mikro-CT und histomorphometrischen Analysen [22, 23]. Bei einem tierexperimentellem Vergleich der Wirkungen von Risedronat und Alfacalcidol bei der ovariektomierten Ratte zeigte es sich, dass Risedronat den Verlust an trabekulärer Knochenmasse durch eine Hemmung des erhöhten Knochenturnovers verhindern kann, ohne signifikante Effekte auf die kortikale Knochenquerschnittsfläche (cross sectional area) oder auf die kortikale Knochenfestigkeit zu besitzen [24]. Andererseits erhöhte Alfacalcidol sowohl die trabekuläre als auch die kortikale Knochendichte und die Knochenfestigkeit, insbesondere durch die Erhöhung der periostealen und endokortikalen Knochenformation und durch die Hemmung der Erhöhung der endokortikalen Knochenresorption [24].

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