Übersichtsarbeiten - OUP 03/2019

Konservative und operative Behandlung der rheumatischen Gonarthritis

Offene gelenkerhaltende Verfahren kommen nur noch bei speziellen Befunden, wie einer Arthrofibrose mit entzündlicher Komponente, vor.

Synovialitis-Rezidive sind meist Folge mangelnder Radikalität der Operation oder einer zeitlichen Verzögerung der Folgetherapie, sodass das verbliebene Gewebe erneut proliferieren kann. Daher ist ein Gesamtkonzept mit Therapieplanung auch „über den Tag hinaus“ essenziell.

Dorsale Synovialzysten können beträchtliche Ausmaße erreichen und spontan rupturieren. Daher sollte bei der ORJ genauso wie vor einer operativen Intervention die Untersuchung der Kniekehlen und ggf. sonografische Abklärung erfolgen, um Vorkommen und Ausmaß einer Bakerzyste zu dokumentieren. Die MRT ist speziellen Fragestellungen, wie der Abklärung einer pigmentierten villonodulären Synovialitis vorbehalten (Hämosiderinablagerungen in der Zellschicht).

Rupturieren dorsale Synovialzysten akut, werden sie nicht selten als Thrombose oder Hämatome fehlgedeutet. Auch bei eindeutiger rupturierter Zyste sollte dennoch der Ausschluss einer Thrombose und eines Kompartmentsyndroms erfolgen, um den Patienten nicht zu gefährden. Bei der operativen Versorgung minimiert eine sorgfältige Präparation der Zyste mit gründlichem Verschluss der Kniegelenkskapsel sowie entsprechender Drainage die Rate an Komplikationen.

Band- und Sehnenschäden sind meist indirekte Folgen einer permanenten Überdehnung und infiltrativem Wachstums der Strukturen. Die gestörte Kinematik führt zu einer häufig lateral betonten Knorpeldestruktion und Gonarthritis (Abb. 1). Sehnenrupturen können bei vorgeschädigten Sehnen nach vermeintlich einfachen operativen Maßnahmen, aber auch nach Bagatellverletzungen auftreten (Abb. 2). Daher ist beim offenen Zugang zum Kniegelenk auf eine entsprechende Schonung der Strukturen zu achten. Die Reparaturmechanismen der Sehnenheilung werden durch die immunsupprimierenden Medikamente irritiert bis unterdrückt [15].

Der rheumatologisch versierte Operateur sollte alternative Zugangswege wie den Subvastus-Zugang kennen [23]. Die verzögerte Heilung ist bei der postoperativen Therapie und Mobilisation zu beachten, meist ist die Bevorzugung der Stabilität vor der Mobilität bei Rheumatikern die bessere Wahl. Rheumatische Gelenke neigen aufgrund der oben geschilderten Einbeziehung der periartikulären Strukturen in das Krankheitsgeschehen langfristig zu einem Spannungsverlust im Verlauf. Dies ist auch bei der endoprothetischen Versorgung zu berücksichtigen.

Die inflammatorisch veränderte Synovia schädigt auf verschiedenen Mechanismen den Knorpel. Eine progrediente Destruktion der Gelenkflächen ist meist Folge erhöhter lokaler Entzündungsaktivität [12]. Die körpereigenen Reparaturmechanismen sind unzureichend, bestehen sie doch aus minderwertigem Knochen und Faserknorpel. Chondroprotektive oder -rekonstruktive Verfahren beschränken sich beim Rheumatiker auf die Mikrofrakturierung und Denervation an der Knorpel-Knochen-Grenze.

Bereits in einem frühen Stadium (LDE 0–1) lässt sich mithilfe hochauflösender MRT (oder durch den Pathologen) eine periartikuläre rarefizierte Knochenstruktur an der Grenzlamelle nachweisen. Räumlich nahe Bereiche von osteonekrotischen und osteoklastischen Bezirken im gelenknahen Knochen finden sich vor allem bei Psoriasispatienten, gelenknahe Looser-Umbauzonen bei Vitamin-D-Mangel. Die konservative Therapie beinhaltet neben der Entlastung und Kapsel-Bandprotektion mittels Orthese eine Vitamin-D-Substitution.

Veränderungen des Knorpels und gelenknahen Knochens können zu Kinematikänderung führen. Persistierende paraartikuläre Probleme und Schmerzen bis hin zu Beeinträchtigungen der Gesamtmobilität der Patienten sind als Folge vermeintlich gut gemeinter Schonung anzusehen. Therapeutisch muss die Gesamtstatik des Patienten beachtet werden, da häufig hierdurch anderweitige Kontrakturen ausgeglichen werden. Eine Korrektur der Knieproblematik wird unter diesen Voraussetzungen zu Rezidiven neigen, um die Gesamtmobilität des Patienten nicht zu gefährden [4].

Endoprothesen

Bei fortgeschrittener Destruktion der Gelenkflächen ist die endoprothetische Versorgung indiziert. Der Oberflächenersatz gilt auch bei Rheumatikern als Goldstandard. Die bei Arthrotikern weitverbreitete Empfehlung mit der Versorgung bis zu einem fortgeschrittenen Lebensalter zu warten, kann so bei Rheumatikern nicht gegeben werden. Vielmehr muss die Frage nach dem Benefit einer aufgeschobenen Versorgung gestellt werden. Destruierte und instabile Kniegelenke führen bei abwartendem Verhalten auch bei jungen Rheumatikern schneller zur Rollstuhlpflichtigkeit.

Sehr häufig finden sich in inflammatorisch destruierten Gelenken Zonen stark sklerosierten Knochens neben hochgradig osteoporotisch rarefizierten Bereichen. Hierbei kann es bereits bei der Synovialektomie zu Frakturen oder zu knöchernen Ausrissen der Seitenbandansätze kommen. Diese werden intraoperativ adressiert und anschließend wird das Kniegelenk mit einer temporären Orthese versorgt. Ist das Gelenk so stark destruiert, dass die Seitenbänder keine stabile Führung erlauben, sollten achsgeführte Prothesen verwendet werden. Im postoperativen Verlauf kann es dennoch zu einer periprothetischen Ermüdungsfraktur kommen, bei der ein Prothesenwechsel nicht immer erforderlich ist, sondern die stabile Osteosynthese eine sinnvolle Therapieoption darstellen kann. Immer ist die Gesamtsituation mit den Kompensationsmöglichkeiten zu beachten (Abb. 3 und 4).

Die Versorgung eines rheumatischen Kniegelenks mit einer unikondylären Prothese wird nur von einigen wenigen Zentren durchgeführt, da die meisten Operateure dies mit dem Hinweis auf das generalisierte Krankheitsgeschehen unter Einbeziehung des gesamten Gelenks ablehnen. Dierkes et al. konnten gute Langzeitergebnisse bei unikompartimenteller Versorgung in Verbindung mit einer radikalen Synovialektomie darstellen [7].

Die retropatellare Gelenkfläche sollte nicht endoprothetisch versorgt werden. Zu groß ist die Gefahr der frühzeitigen Lockerung mit Patellafraktur und freien Zementanteilen, die Schäden im PE der Prothese hervorrufen können. Als Alternative bleibt das Überziehen der patellaren Gelenkfläche mit einem Kapsellappen als Patella-RIAP [20].

Bei rheumatischen Kniegelenken sollte bei der Implantation einer Prothese die gegenüber Arthrotikern geänderte Kinematik der Band- und Sehnenstrukturen im Langzeitverlauf beachtet werden. Rheumatiker neigen aufgrund der synovialen Dehnungszustände der Kapsel eher zum nachträglichen Lockern der Bandverbindungen, sodass primär eine straffere Implantation des Oberflächenersatzes anzustreben (Ausnahme unikondyläre Prothese) ist. Die volle Extension im Gelenk wird über aktive und passive Krankengymnastik des Gelenkes erreicht.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4