Übersichtsarbeiten - OUP 03/2019

Konservative und operative Behandlung der rheumatischen Gonarthritis

Orthopäden und Unfallchirurgen, die ohne eine auf die Besonderheiten des Rheumatikers geschulte Einheit auskommen müssen, sollten intraoperativ bei kritischer Bandführung zu einer bandentlastenden, (teil-)gekoppelten Prothese tendieren [18].

Für die Überlebensdauer der Endoprothese in situ ist und bleibt insbesondere bei Rheumatikern die komplette und akribische Synovialektomie bei der Primäroperation entscheidend [9].

Kontrakturen der Seitenbänder können mittels femoraler Osteotomie und Verschraubung korrigiert werden [18], gleichwohl reichen bereits Bagatelltraumata, um vorgeschädigte Weichteilstrukturen zu schädigen (Abb. 4). Gelingt die intraoperative Rekonstruktion nicht, bleibt nur ein teilgekoppeltes oder achsgeführtes Implantat. Die Rekonstruktion ist immer, gerade bei jüngeren Patienten, anzustreben, um sich Rückzugsmöglichkeiten zu erhalten.

Durch die gestörte Interaktion der Zellen des Knochenstoffwechsels kommt es zu einer Abnahme der Knochendichte, die durch Kortisonmedikation der Basistherapie weiter reduziert wird. Eine Osteoporose geht mit einer erhöhten Frakturrate einher. Vergleichbare Ergebnisse konnten in Tiermodellen dargestellt werden [1]. Insbesondere die Metaphyse ist anfällig für osteoporotische Veränderungen und weist meist eine schlechte Knochenqualität mit erhöhter Frakturgefahr auf. Bei eingetretener Fraktur muss primär die Stabilität der Endoprothese geklärt werden, da sich hieran die operative Versorgung ausrichtet. Entweder kann das Gelenk belassen werden und es erfolgt die Frakturversorgung mittels Osteosynthese (winkelstabile Platte, retrograder Femurnagel) oder sie erfolgt durch Wechsel der Knieprothese auf ein achsgeführtes Model. Bei periprothetischer Fraktur mit Verkürzung und Achsfehlstellungen des Beins sollten dennoch hautpenetrierende Fixationen (Fixateur extern, Drahtextensionen) vermieden werden, da die Verankerung im Knochen schlecht und bei immunsupprimierten Patienten die sekundäre Infektgefahr deutlich erhöht ist.

Postoperativ kann es zu Schmerzen oder Schubsituationen kommen, die für die Patienten meist belastender sind als die Operation selbst. Der Rheumakranke kann die operationsbedingte Schmerzqualität meist sehr gut von den üblichen entzündlich bedingten Schmerzen unterscheiden.

War bis vor einigen Jahren noch ein Kortisonschema verbreitet, scheint dies inzwischen obsolet. Gleitzeitig besteht weiterhin die Empfehlung der DGRh die Basistherapie mit Biologika für 2 Halbwertszeiten nach der OP zu pausieren. Je nach individueller Situation wird davon abgewichen, um die rheumatische Aktivität wieder in den Griff zu bekommen. Inwieweit hier die perioperative Gabe von Biologicals in Zukunft modifiziert werden kann, soll das Komplikationsregister der DGORh beantworten helfen [11].

Chronisch regionale Schmerzsyndrome (CRPS) sind bei Rheumakranken schwieriger zu erkennen, da entsprechende Beschwerden leicht übergangen werden. Entscheidend für die Prophylaxe und Therapie eines CRPS I ist die suffiziente perioperative antiinflamatorische und antiphlogistische Therapie bereits in der Frühphase.

Die Zufriedenheit der Patienten mit der erfolgten Therapie hängt von den in das Kniegelenk projizierten Schmerzen ab [22]. Eine genaue Anamnese und das Aufzeigen des Schmerzorts durch den Patienten sind richtungsweisend für die weitere Behandlung. Häufig herrschen band- oder ringförmige Schmerzen im Bereich der proximalen Tibia vor. Meist besteht gleichzeitig eine Streckdefizit mit Überlastung der Proprio- und Nozizeptoren des Kniegelenks. Ein Aufdehnen der verkürzten kontraktilen Elemente dorsal führt zur Reduktion des retropatellaren Anpressdrucks und zur Schmerzreduktion.

Punktuelle Beschwerden lassen auf eine lokale Irritation eines Nerven (R. infrapatellaris) oder ein Fadengranulom schließen. Diese lassen sich durch eine lokale Infiltration mit Lokalanästhetika verifizieren und therapieren.

Prinzipiell lassen sich ventrale Kniebeschwerden nach endoprothetischer Versorgung am besten durch die Auswahl und Implantation geeigneter Knieprothesensysteme vermeiden, die den retropatellaren Anpressdruck sowohl statisch, als auch dynamisch minimieren [21].

Thrombose und Embolie

Rheumatiker sind in ihrer Mobilität nach Eingriffen an den unteren Extremitäten meist stark beeinträchtigt. Nach den aktuellen Empfehlungen der Expertenkommissionen der S3-Leitlinie zur Thromboseprophylaxe gehören neben einer frühzeitigen Anleitung und Hilfestellung zur Mobilisation und der medikamentösen Prophylaxe mit NMH auch weiterhin die Anwendung medizinischer Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS) [8].

Fazit

Entzündlich destruierte Kniegelenke sind der häufigste Grund für schwere Beeinträchtigungen im täglichen Leben von Rheumatikern und gegenüber Komplikationen nach therapeutischen Maßnahmen besonders anfällig. Ein Stadien-adaptiertes Konzept ist Grundbedingung für ein differenziertes Vorgehen, um den Patienten die Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen und das Kniegelenk nicht alleinig auf die Implantation einer Endoprothese zu reduzieren. Das Wissen um die Versorgung von Rheumatikern mit all ihren Facetten und Gefahren kommt letztlich auch Nicht-Rheumatikern zugute.

Interessenskonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenskonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Die Autoren haben Beiträge mit ähnlicher Thematik bereits früher publiziert.

Literatur

1. Bauer NB, Khassawna TE, Goldmann F et al.: Characterization of bone turnover and energy metabolism in a rat model of primary and secondary osteoporosis. Exp Toxicol Pathol 2015; 67: 287–96

2. Beil FT, Ruther W: Indications and contraindications for radiosynoviorthesis. Zeitschrift fur Rheumatologie 2015; 74: 780–5

3. Biehl C, Thormann U, Heiß C: Komplikationen in der Kniechirurgie des Rheumatikers. Aktuelle Rheumatologie 2016; 43: 73–81

4. Biehl C, Kappl S, Rehart S: Operative Therapie an den Gelenken bei der Spondyloarthritis. Aktuelle Rheumatologie 2013; 38: 104–8

5. Carl HD, Swoboda B: Effectiveness of arthroscopic synovectomy in rheumatoid arthritis. Zeitschrift für Rheumatologie 2008; 67: 485–90

6. Chalmers PN, Sherman SL, Raphael BS, Su EP: Rheumatoid synovectomy: does the surgical approach matter? Clinical orthopaedics and related research 2011; 469: 2062–71

7. Dierkes B, Oda A, Thabe H: Lang- und mittelfristige Ergebnisse nach unikondylärer Schlittenprothese am Kniegelenk bei Patienten mit RA. 37. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V., Köln 2009

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