Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Kontinuierliche passive Bewegungstherapie nach operativen Eingriffen am Kniegelenk
Eine Literaturübersicht

Zudem erschweren die unterschiedlichen operativen Verfahren und Rehabilitationsregime einen Vergleich der Studien untereinander. Neben der CPM-Anwendung kamen bei allen Studien ergänzende Interventionsmaßnahmen wie Physiotherapie und isometrische Übungen zum Einsatz. Laut Literatur ist eine passive zyklische Bewegung des Kniegelenks mittels einer CPM-Schiene zwischen 6–8 Stunden pro Tag für die Knorpelversorgung optimal [15, 17]. Dieser Therapieumfang wurde in 4 Studien umgesetzt [1, 18, 23, 38], wohingegen sich in einer Studie keine expliziten Angaben zur CPM-Anwendungsdauer [10] fanden. Die Übersichtsarbeit von Karnes et al. konstatiert ebenfalls einen Mangel an spezifischen Angaben zur CPM-Anwendungsdauer und fehlende einheitliche Behandlungsschemas, die die Notwendigkeit standardisierter Berichterstattung untermauern [17].

Diese Literaturübersicht zeigt, dass ein therapeutischer Nutzen der CPM-Anwendung nach knorpelreparativen Eingriffen zu erkennen ist, jedoch die Aussagekraft aufgrund des geringen Evidenzlevels und der heterogenen Studienlage eingeschränkt ist. Die aufgeführten Fallstudien [1, 2, 10, 18, 23, 24, 33] zeigen positive Effekte der CPM, welche zukünftig mit RCTs untermauert werden sollten. Neben den dargestellten klinischen Studien sind derzeit 2 internationale Reviews [8, 16] und ein deutschsprachiges Review [36] publiziert, die den Nutzen der CPM-Anwendung nach knorpelregenerativen Eingriffen am Kniegelenk thematisieren. Howard et al. [16] schlossen 4 klinische Studien (Evidenzlevel II, III und IV)*, Fazalare et al. [8] 4 klinische Studien (Evidenzlevel III und IV)*1 und Rogan et al. [30] 9 klinische Studien (Evidenzlevel III und IV)*1 in ihre Analysen ein.

Die Reviews belegen methodische Defizite in den vorliegenden Studien und plädieren für die Durchführung weiterer RCTs bei der CPM-Anwendung nach knorpelreparativen Eingriffen. Die 3 genannten Übersichtsarbeiten sind narrative Reviews, wobei Howard et al. [16] und Fazalare et al. [8] in ihren Übersichtsarbeiten die Fragestellung nicht mittels des PICO-Modells [39] präsentieren. Darüber hinaus wird bei Fazalare et al. [8] das Verzerrungsrisiko der eingeschlossenen Studien nicht beurteilt. Eine umfangreiche Metaanalyse ist aufgrund des Berichtstandards, der inhomogenen Studienlage und der eingeschränkten Studienqualität derzeit allerdings kaum zu realisieren.

Limitationen und Ausblick

Das durchgeführte Literatur-Review zur CPM-Anwendung bei operativen Eingriffen am Kniegelenk bei ausgewählten Erkrankungen und Verletzungen greift vornehmlich auf Studien in den 1990er-Jahren zurück. Aktuelle Arbeiten zu kontrollierten klinischen Studien der CPM-Anwendung wurden nicht gefunden. Daher ist eine evidenzbasierte Bewertung zur Wirksamkeit der CPM-Anwendung durch die dargelegte Studienlage nur bedingt möglich. Die analysierten klinischen Studien haben die CPM-Anwendung meist nur als Zusatz zu einer intensiven Physiotherapie untersucht und entsprechen kaum der deutschen stationären und häuslichen Behandlungswirklichkeit.

Die in dieser Arbeit analysierten Studien zur CPM-Anwendung zeigen positive Effekte für den Patienten beim Einsatz in verschiedenen Indikationen unter Beachtung aufgeführter methodischer Defizite. Dies wird auch durch die beobachteten positiven Ergebnisse in tierexperimentellen Untersuchungen [25] belegt. Auf Basis der vorliegenden Studienlage konnte für die humane Anwendung keine Überlegenheit der CPM gegenüber der Physiotherapie gezeigt werden. Um die Wirksamkeit der CPM-Anwendung entsprechend quantifizieren bzw. vergleichen zu können, sind Studienkonzepte notwendig, die zum einen die alleinige CPM-Anwendung gezielt mit der Physiotherapie vergleichen und zum anderen die CPM-Anwendung im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Physiotherapie bei verschiedenen Indikationen untersuchen, sowohl im stationären als auch im häuslichen Umfeld mittels RCTs nach aktuellen evidenzbasierten Standards. Solche Studienkonzepte sind aus ethischen Gesichtspunkten in Deutschland kaum umsetzbar, da den Patienten eine postoperative Nachbehandlung in Form einer CPM oder einer Physiotherapie verwehrt werden würde.

Die vorliegende Arbeit stellt eine Übersicht zur aktuellen Studienlage CPM-Therapie bei ausgewählten operativen Eingriffen am Kniegelenk dar. Für eine genauere Bewertung sollte in zukünftigen Arbeiten eine systematische Qualitätsbewertung von RCTs und Non-RCTs (Fall- bzw. Kohortenstudien) durchgeführt und wenn möglich eine Metaanalyse erstellt werden. Ferner sollten Leitlinien sowie Fach- und Lehrbücher (Evidenzklasse V) auch in die Bewertung des Stellenwerts der CPM-Therapie in der Rehabilitationsbehandlung nach operativen Eingriffen am Kniegelenk Berücksichtigung finden.

Insgesamt hat die CPM-Anwendung einen hohen Stellenwert zur Sicherstellung einer frühfunktionalen Mobilisierung sowohl stationär als auch in der Häuslichkeit. In diesem Kontext sollte für die postoperative Nachbehandlung in der Häuslichkeit die zunehmende Unterversorgung des ländlichen Raums mit Physiotherapeuten in Betracht gezogen und in Studien zur Versorgungsforschung geklärt werden, inwieweit die Sicherstellung einer frühfunktionalen Mobilisierung mittels Physiotherapie und CPM unter gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll ermöglicht werden kann.

Danksagung: Die Autoren bedanken sich bei Frau Franziska Knaack und Dr. Robert Jacksteit für ihre Unterstützung bei der Literaturrecherche und -analyse.

Interessenkonflikt:

Die der Übersichtsarbeit zugrunde liegende Literaturanalyse wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes durch den Verband CPM-Therapie e. V. finanziell unterstützt.

Literatur

1. Alfredson H, Lorentzon H: Superior results with continuous passive motion compared to active motion after periostea transplantation A retrospective study of human patella cartilage defect treatment. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 1999; 7: 22–8

2. Alfredson H, Thorsen K, Lorentzon R: Treatment of tear of the anterior cruciate ligament combined with localised deep cartilage defects in the knee with ligament reconstruction and autologous periosteum transplantation. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 1999; 7: 69–74

3. Allen M, Wellen M, Hart D, Glasoe W: Rehabilitation following autologous chondrocyte implantation surgery: case report using an accelerated weight-bearing protocol. Physiother Can 2007; 59: 286–98

4. Bizzini M, Caporaso F, Drobny T: Postoperative Rehabilitation nach vorderer Kreuzbandrekonstruktion – Aktive versus passive Bewegungsschiene – eine prospektive, randomisierte Studie mit 23 Patienten. Krankengymnastik – Zeitschrift für Physiother 2002; 5

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