Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014

Kooperationen für die erfolgreiche Behandlung von Rheumapatienten – Versorgungspfade in der Rheumatologie

Die Versorgung durch Orthopäden und Orthopädische Rheumatologen blieb im Memorandum allerdings unberücksichtigt. Erste empirische Daten aus dem derzeit aktuellsten Gesundheitsmonitor, Frühjahr 2009, 16. Erhebungswelle; N = 1464, Bertelsmann Stiftung, ergeben bei 52 % der Befragten, dass der Orthopäde der Facharzt ist, bei dem sich die Versicherten zuletzt in Behandlung befanden und dieser maßgeblich in die Therapie der rheumatischen Erkrankung involviert ist [4].

Perspektiven zur verbesserten Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland

Versorgungsdefizit in der Behandlung rheumakranker Patienten in Deutschland! Welche Maßnahmen sind in der Lage, diese Situation zu verbessern? Der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. setzt unter Leitung ihres Vorsitzenden Dr. Edelmann auf eine verbesserte Honorarpolitik, eine kooperative Versorgung mit Hausärzten und auf Förderung der Delegation ärztlicher Leistungen an die Fachassistenz mit entsprechenden Vergütungsmodellen. Die Versorgungslandschaft Rheuma zielt auf „die Förderung einer strukturierten, kooperativen Versorgung mit den Hausärzten mit dem Ziel einer gezielteren Zuweisung der Patienten und einer besseren kooperativen Langzeitbetreuung unter Einbindung des Hausarztes“ [1]. Die Kooperation mit Fachärzten für Orthopädie/Unfallchirurgie und Orthopädischen Rheumatologen wird von Herrn Dr. Edelmann und dem BDRh nicht erwähnt.

Aus Sicht des Berufsverbands der
Ärzte für Orthopädie/Unfallchirurgie (BVOU) und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) ist die Einbindung des Orthopäden in die Früherkennung und Frühdiagnostik entzündlich-rheumatischer Erkrankungen unabdingbar. Die Patienten befinden sich frühzeitig in unseren Praxen – wir sind in der Lage, die Frühdiagnostik durch Anamneseerhebung, Labordiagnostik und Bildgebung durchzuführen und v.a. die geforderte Selektion zu betreiben. Die weitere Überweisung zum Orthopäden bei nicht entzündlichen Erkrankungen und vorheriger Konsultation von Hausärzten und internistischen Rheumatologen entfällt.

Seit 2010 gestaltet die Sektion Orthopädische Rheumatologie im BVOU eine Qualitätsoffensive Orthopädische Rheumatologie. Kernstück ist seit 2012 das zertifizierte Fortbildungsprogramm in der Rheumatologie über 50 Stunden in Kooperation mit der Akademie Deutscher Orthopäden (ADO). Als Abschluss erlangt der Teilnehmer ein Zertifikat „Rheumatologisch fortgebildeter Orthopäde“ (RhefO) über die ADO. Innerhalb von 2 Jahren haben insgesamt gut 1000 Teilnehmer die 3 Kurse erfolgreich absolviert:

Kurs I: Frühdiagnostik rheumatischer Erkrankungen, 530 Teilnehmer

Kurs II: Frühbehandlung rheumatischer Erkrankungen, 440 Teilnehmer

Kurs III: Behandlung rheumatischer Erkrankungen, bislang 56 Teilnehmer

Mit weiteren 22 Fortbildungsstunden in der Rheumatologie erfüllt der Teilnehmer dann die Kriterien des RhefO´s und ist dann in der Lage, zwischen entzündlichen und nicht entzündlichen Erkrankungen zu differenzieren, meist eine sichere Diagnose zu stellen und im Rahmen der Frühtherapie eine Behandlung zu beginnen oder eine gezielte Überweisung zu einem internistischen oder orthopädischen Rheumatologen auszustellen.

Versorgungspfade in der Rheumatologie

Durch die Aktion Versorgungspfade in der Rheumatologie sollen entzündlich-rheumatische Erkrankungen früher erkannt und entsprechend früher behandelt werden, und durch gezielte Überweisungen schnellstmöglich zu einer Remission bei den Patienten führen.

Auf der 1. Stufe stehen der Hausarzt und Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, die bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung eine Labordiagnostik der Akut-Phase-Proteine (BSG/CRP), des CCP-AK, sowie bei entzündlichem Rückenschmerz des HLAB 27 durchführen sollen. Der Orthopäde hat zusätzlich die Möglichkeit der Röntgendiagnostik.

Bei Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung erfolgt innerhalb von 2 Wochen die Überweisung zu einem RhefO, oder falls möglich, zu einem internistischen bzw. orthopädischen Rheumatologen. Auf der 2. Stufe wird die Diagnosesicherung durch erweiterte Labordiagnostik und Arthrosonografie durchgeführt. Der RhefO wird entscheiden, ob er eine Frühtherapie beginnen kann oder kurzfristig im Sinne einer gezielten Überweisung einen Rheumatologen einbindet.

Auf der 3. Stufe werden die Rheumatologen differenzialdiagnostisch tätig und ggf. Diagnosen sichern, schwerere Verläufe begutachten und die entsprechende Basistherapie einleiten oder begleiten. Auch Co-Morbiditäten werden auf dieser Stufe zu behandeln sein. Je nach Verlauf wird die Rücküberweisung auf Stufe 1 bzw. 2 möglich sein.

Bei sehr schweren Verläufen wird auf der 4. Stufe die stationäre Einweisung in Spezialkliniken erforderlich sein. Die hochspezifische Diagnostik und Pharmakotherapie sind dem internistischen Bereich zuzuordnen, therapieresistente Arthritiden im Sinne von rebellischen Gelenken den operativ tätigen rheumatologisch Orthopäden.

Ein großer Teil dieses Versorgungspfads ist bereits in den § 73 C SGB V Strukturvertrag für die Orthopäden/Unfallchirurgen in Baden Württemberg eingegangen [5]. Als Versorgungsziele sind eine strukturierte Diagnostik, der Einsatz von Labor und Bildgebung, eine aufklärende Beratung sowie ein rascher Beginn einer Basistherapie mit MTX vorgegeben, eine weitere enge Führung der Rheumapatienten und eine schnelle Vorstellung bei einem Rheumatologen. Im Rahmen der Beratung und Führung wird eine speziell ausgebildete Medizinische Fachassistentin gefordert. Im Norden haben wir über die ADO bereits mit der Ausbildung zur Orthopädisch-Rheumatologischen-Fachassistentin (ORFA) begonnen. In einer rheumatologisch orientierten Praxis ist ein entsprechend ausgebildetes Praxisteam zwingend notwendig, um die aufwendige Betreuung der Rheumapatienten zu gewährleisten.

Die Ziele des § 73 C SGB V Vertrags in Baden Württemberg, eine frühere Diagnosestellung, eine frühere Einleitung der Basistherapie, eine verbesserte Diagnosesicherung und eine Verhinderung von Frühberentungen, können durch die Kooperationen in der Rheumatologie im Sinne des Versorgungspfads erreicht werden. Für den Rheumapatienten bedeutet dies ein Leben mit weniger Schmerzen, einer verbesserten Gelenk- oder Wirbelsäulenfunktion und einer erhöhten Lebensqualität. Vermutlich wird auch seine Arbeitsfähigkeit erhalten bleiben und spätere schicksalhafte Schäden an Gelenken und inneren Organen vermieden werden.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Krankenkassen und örtliche Ärztenetze haben inzwischen die Vorteile der interdisziplinären Kooperation mehrerer Fachgruppen in der Rheumatologie erkannt und befinden sich bereits in Gesprächen und Verhandlungen zur weiteren Umsetzung von Versorgungspfaden.

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