Übersichtsarbeiten - OUP 05/2022

Leitlinien für die Diagnostik und Behandlung von Arthrosen

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. habil. Gunter Spahn

Praxisklinik für Unfallchirurgie und
Orthopädie Eisenach

Universitätsklinikum Jena

Sophienstraße 16

99817 Eisenach

spahn@pk-eisenach.de

Fragen zum CME-Artikel

1. Bedeutung der Leitlinien. Welche Antwort ist richtig?

In Deutschland sind grundsätzlich nur die AWMF-Leitlinien verbindlich.

An die Festlegungen innerhalb der Leitlinien hat sich jeder Arzt strikt zu halten.

Nur bei einer starken Empfehlung innerhalb einer Leitlinie ist eine
jeweilige Maßnahme sinnvoll.

Leitlinien sind unverbindliche Hilfestellungen für den Arzt oder Therapeuten, um ihm bei der individuellen Entscheidungsfindung beim Patienten zu helfen.

In Behandlungsberichten sollte immer angegeben werden, nach welcher Leitlinie sich der Arzt/Therapeut gerichtet hat.

2. Aufklärung und
Selbstmanagement

Ein Patient muss nur vor invasiven Maßnahmen über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden.

Der Patient muss nur über Risiken und Nebenwirkungen bei Medikamenteneinnahme aufgeklärt werden.

Selbstmanagement wird überbewertet und daher in den Leitlinien nicht empfohlen.

Da Arthrosen heilbar sind, sind überflüssige Aufklärungsgespräche nicht zu empfehlen.

Die Aufklärung des Patienten über das Wesen der Erkrankung, die Prognose, die Möglichkeiten der Prävention und Therapie sowie Bedeutung des Selbstmanagements in Bezug auf die Lebensweise sind entscheidende Säule für eine erfolgreiche Arthrosetherapie

3. Gewichtskontrolle

Eine Gewichtskontrolle ist für alle Arthroseformen die wichtigste Maßnahme.

Bei übergewichtigen Patienten mit einer Kniearthrose soll in jedem Fall versucht werden, eine Gewichtskontrolle bzw. Gewichtsreduktion anzustreben.

Gewichtsreduktion ist die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung der Koxarthrose.

Bei Patienten mit einer Adipositas permagna ist vor Behandlungsbeginn eine bariatrische Operation zu empfehlen.

Medikamente (s.g. Appetitzügler) sind in jedem Fall zu empfehlen.

4. Physikalische Therapie

Medikamentöse Therapie und operative Verfahren sind heute so effektiv, dass man auf Physiotherapie weitgehend verzichten kann.

Manualtherapie ist bei allen Arthroseformen Therapie der Wahl.

In Bezug auf die physikalische Therapie sind verschiedene mögliche Verfahren individuell auf das spezielle Krankheitsbild des jeweiligen Patienten abzustimmen und gegebenenfalls auch im Behandlungsverlauf zu korrigieren.

Vibrationsbehandlung ist eine innovative Behandlungsform bei der Gonarthrose und sollte in jedem Fall angewandt werden.

Durch entsprechende Physiotherapie gelingt es in jedem Fall, alle Patienten erfolgreich zu behandeln.

5. Analgetika und Antiphlogistika

Medikamentöse Behandlung bei Arthrose erfordert ein individuelles Abwägen in Bezug auf die individuellen Patienten-Gegebenheiten (vor allem in Bezug auf die Nebenwirkungen).

Paracetamol darf keineswegs mehr im Falle einer Arthrose appliziert werden.

Opioide sind Methode der Wahl bei der langfristigen Arthrosetherapie.

Die lokale Anwendung von NSAR-haltigen Salben ist obsolet.

Sollten Patienten mit einer Arthrose länger als 3 Monate eine Medikation mit Analgetika und Antiphlogistika benötigen, so besteht die Indikation zur Endoprothese.

6. Hyaluronsäure Behandlung

Methode der 1. Wahl bei jeder Form der Koxarthrose und Gonarthrose.

Hyaluronsäure führt in jedem Fall zu Schmerzreduktion und zur Verlangsamung der Arthrose-Progression.

Die Wirkmechanismen der Hyaluronsäure sind genau bekannt, weswegen sie großzügig eingesetzt werden sollte.

Die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure (Hauptbestandteil der Synovia) verbessert die Gelenkfunktion und ist schmerzreduzierend im Vergleich zum Placebo.

Da es sich bei der Hyaluronsäurebehandlung um eine Routinemaßnahme handelt, sind intraartikuläre Injektionen hier ungefährlich.

7. SADOA und DMOAD

Müssen immer bei der Behandlung von Arthrosen eingesetzt werden.

Besonders Vitamin D führt zu einer Reduktion der Arthroseprogression und zur Schmerzreduktion.

PRP ist Mittel der Wahl bei Behandlung schwerer Koxarthrosen und Gonarthrosen.

Keine dieser Behandlungsmethoden kann derzeit generell für die Behandlung von Arthrosen empfohlen werden. Dies aufgrund der schwachen Evidenzlage. Aufgrund der geringen Nebenwirkungen ist jedoch ein Therapieversuch im Einzelfall möglich.

Phytotherapie verzögert die Notwendigkeit einer Endoprothesenimplantation für längere Zeit.

8. Hilfsmittel

Übereinstimmend lehnen alle Leitlinien den Gebrauch von Hilfsmitteln ab.

Schuheinlagen werden besonders bei der Behandlung der Koxarthrose durch die deutsche Leitlinie empfohlen.

Die OARSI-Leitlinie empfiehlt ausdrücklich den Gebrauch von Gehstützen bei aktivierter Gonarthrose.

Entsprechend der AAOS sind Schuheinlagen mit seitlicher Fußranderhöhung bei der Gonarthrose sehr empfehlenswert.

Orthesen sind keine sinnvolle Therapieoption bei der Behandlung der Kniearthrose.

9. Weitere Therapien

Akupunktur ist Methode der Wahl bei einer symptomatischen Arthrose und muss in jedem Fall vor dem Einsatz von Analgetika und Antiphlogistika versucht werden.

Eine radiologische Entzündungsbestrahlung wird von allen Leitlinien als hervorragende Methode zur Behandlung der Arthrosen empfohlen.

Bei der RSO werden oral Radionuclide appliziert, die eine besondere Affinität zum Knorpel haben und damit zu einer Regeneration führen.

Die RSO ist bei aktivierten Arthrosen mit erheblicher Entzündungssymptomatik und Ergussbildung eine mögliche Therapieoption

Das Aufsetzen von Blutegeln wird übereinstimmend in allen Leitlinien bei der Behandlung der Gonarthrose empfohlen.

10. Arthroskopie

Eine Arthroskopie ist, egal mit welcher Indikation, bei einer Gonarthrose immer kontraindiziert.

Besonders der Effekt einer Gelenk-Lavage mit Entfernung von Dedritus aus dem Gelenk führt oft zu langjährigen guten Ergebnissen.

Eine generelle arthroskopische Gelenktoilette ist abzulehnen. Allerdings gibt es spezielle Indikation wie symptomatische Meniskusschäden, freie Gelenkkörper oder eine erhebliche Synovialitis, die trotz GBA-Beschluss auch heute noch durchgeführt werden sollten.

Bei fortgeschrittenen Arthrosen sollte immer der Versuch unternommen werden, den zerstörten Gelenkknorpel durch geeignete Maßnahmen wiederherzustellen.

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