Übersichtsarbeiten - OUP 04/2021

Management der Gonarthrose
Die Rolle von Kortison und Hyaluron

Kay Uthoff, Axel Schulz, Dirk-J. Danneberg

Zusammenfassung:
Die Behandlung oder Therapie der Gonarthrose stellt in O&U trotz zahlreicher Empfehlungen und Leitlinien eine große Herausforderung dar – warum eigentlich? Die Diagnose selbst bereitet keine Zweifel, Handlungshinweise zum Management der Gonarthrose beziehen sich überwiegend auf gut vergleichbare Patientenkollektive, oft mit geringen Komorbitäten und überwiegend im frühen Arthrosestadium. Im klinischen Alltag zeigen sich jedoch zunehmend multimorbide Patienten, welche häufig keine Dauertherapie, z.B. mit NSAR zulassen, sodass intraartikuläre Substanzen eine wertvolle, weil effektive und nebenwirkungsarme Alternative darstellen. Hier sind an erster Stelle Kortikosteroide und Hyaluronsäuren zu nennen, die bei gegebener Indikation ein individuelles und somit auf den jeweiligen Patienten zugeschnittenes Therapieregimen erlauben.

Schlüsselwörter:
Gonarthrose, Ko-Morbiditäten, intraartikuläre Therapie, Kortikosteroide, Hyaluronsäuren

Zitierweise:
Uthoff K, Schulz A, Danneberg D-J: Management der Gonarthrose. Die Rolle von Kortison und Hyaluron.
OUP 2021; 11: 160–164
DOI 10.3238/oup.2021.0160–0164

Summary: Despite existing guidelines, KOA treatment remains challenging. Diagnostic pathways and treatment recommendations for those patients with mild to moderate KOA without comorbidities are clear. However, clinically, an increase of patient age and comorbidities is limiting the continuous use of oral NSAIDs and other oral drugs. For this reason, intra-articular treatment options are suggested alternatives. Hyaluronic acid and corticosteroids are established and evidence-based agents being strong tools for early use in the management of KOA in patients with comorbidities and increased risk profiles. Therefore, it is recommended to establish more individualized treatment regimen in the hand of the experienced health care professional (HCP).

Keywords: knee OA, co-morbidities, intra-articular treatment, corticosteroids, hyaluronic acid

Citation: Uthoff K, Schulz A, Danneberg D-J: Management of knee osteoarthritis. The role of intra-articular corticosteroids and hyaluronic acid.
OUP 2021; 11: 160–164. DOI 10.3238/oup.2021.0160–0164

Kay Uthoff: Orthopädische Praxis Hannover-Kleefeld, Hannover

Axel Schulz: Orthopädische Praxis, Lüdenscheid

Dirk-J. Danneberg: Privatpraxis für Orthopädie & Sportmedizin, Darmstadt

Einleitung

Die Diagnosestellung ist klar definiert und kann mittels ausführlicher Anamnese, klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren in der Vielzahl der Fälle sauber gestellt und klassifiziert werden. Präventive Empfehlungen wie Bewegungstraining, gelenkschonender Sport und Gewichtsreduktion bei bestehendem Übergewicht sind genauso durch Leitlinien gegeben wie klare Algorithmen zur medikamentösen Therapie. Dennoch stehen Orthopäden/Unfallchirurgen bei zahlreichen Patienten vor Problemen bei der Auswahl der richtigen Therapieoptionen (hier wird bewusst der Plural verwendet), da die meisten Patienten Ko-Morbiditäten (Abb. 1) aufweisen, die zum Beispiel den systemischen Einsatz von Nicht-Steroidalen-Anti-Rheumatika oder Opioiden nicht zulassen, schon gar nicht, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei der Arthrose um eine chronische, fortschreitende Erkrankung handelt. In diesem Kontext sind intra-artikuläre Substanzen, eigentlich Therapieoption der zweiten Wahl, zu betrachten.

Als intra-artikuläre, also lokal wirksame Substanzen stehen uns bewährte Optionen wie Kortikosteroide und Hyaluronsäure, aber auch neuere Therapieoptionen wie PRP, ACS und einige weitere zur Verfügung, deren Wirksamkeit zum Teil noch kontrovers diskutiert wird und daher in der deutschen AWMF-Leitlinie nicht abschließend bewertet sind. Aktuelle Studien bestätigen eine überlegene Wirksamkeit von Kortikosteroiden und Hyaluronsäure vs. PRP, Mesenchymalen Stammzellen [11].

In diesem Beitrag wird daher ein besonderes Augenmerk auf Kortikosteroide und Hyaluronsäuren (Viskosupplementation) gerichtet, zudem werden praxisnahe Empfehlungen zum Einsatz in Kombination mit anderen Therapieverfahren im Rahmen eines patientenorientierten Gonarthrosemanagements vorgeschlagen.

Gonarthrosemanagement – Wen behandeln wir
eigentlich wie?

Folgt man Metaanalysen, die die Wirksamkeit von Kortikosteroiden und Hyaluronsäuren betrachten, behandeln wir Patienten mit einem Alter von 45–70 Jahren [18, 23]. Im Gegensatz zu den in diesen Metaanalysen zusammengefassten Studien weist eine Vielzahl an Patienten Parameter, wie Einnahme von Schmerzmedikamenten, Übergewicht, renale oder kardiovaskuläre Erkrankungen auf, die in klinischen Studien als Ausschluss-Kriterien gelten. Es werden Therapieoptionen überwiegend isoliert betrachtet und nicht wie es in der O&U bereits Standard ist im Kontext eines Arthrosemanagementkonzeptes.

In Praxis und Klinik stehen uns neben den intraartikulären Optionen Maßnahmen zur Beeinflussung des Lebenswandels, Physiotherapie, Sporttherapie, biomechanische Alternativen (Einlagen, Unloader-Orthesen) und nicht zuletzt topische & orale medikamentöse Therapien zur Verfügung, die als „therapeutischer Blumenstrauß“ zu werten sind. In der Regel werden hieraus verschiedene Maßnahmen kombiniert, um ganz individuell und unter Berücksichtigung etwaiger Ko-Morbiditäten eine erfolgreiche Behandlung einleiten zu können. So gilt es vor allem bei Vorliegen von mehr als einer Nebenerkrankung (z.B. kardiovaskuläre, renale Diabetes oder auch lumbaler Rückenschmerz) den schmerzverstärkenden Effekt bei Gonarthrose durch eine individualisierte Therapiestrategie zu attenuieren [1, 21].

Gemein mit den meisten der klinischen Studien ist in der Praxis, dass Patienten mit endgradiger Gonarthrose häufig einer operativen Therapie in Form einer Endoprothese zugeführt werden. Über diese Patientengruppe gibt es daher keine/wenige Daten bezüglich der Wirksamkeit von Kortikoisteroiden oder Hyaluronsäuren. Die individualisierte Gonarthrosetherapie ist zudem bedürfnisorientiert, klagen betroffene Patienten doch häufig über Nebenwirkungen der klassischen Arthrosebehandlung, die gerade einer beabsichtigten Aktivitätssteigerung entgegenstehen. Die “Last” der Arthrose, aber auch der Arthrosetherapie (Burden of disease and treatment) führt so häufig eher zu einer weiteren Abnahme der Mobilität, ggf. zur Steigerung der Sarkopenie und weiterer Gewichtszunahme [1, 21].

Patienten und Behandlern stellen sich häufig folgende Fragen:

Wie kann die in Leitlinien geforderte Basistherapie (Anpassung Lebenswandel & Steigerung der Aktivität) erreicht werden, wenn Patienten schmerzgeplagt sind und empfohlene Medikation zum Teil kontra-indiziert sind?

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