Übersichtsarbeiten - OUP 04/2021

Management der Gonarthrose
Die Rolle von Kortison und Hyaluron

Diese Parameter-Molekulargewicht und HS-Konzentration können bei der Auswahl der zu HS- Präparate als ein Auswahlkriterium betrachtet werden. Unterschiede zwischen Hyaluronsäure gibt es zudem in der Art und Weise der Herstellungsverfahren: a) entweder fermentativ aus Bakterien oder aviane Herkunft (Extraktion aus Hahnenkämmen), b) unvernetzt oder vernetzt; c) mit oder ohne Radikalfänger (z.B. Sorbitol).

In klinischen Studien und konsolidiert in Metaanalysen wurde eine überlegene Wirksamkeit hoch-molekularer Hyaluronsäurepräparate (> 3 Mio. Dalton) vs. Hyaluronsäuren mit niedrigem oder mittlerem Molekulargewicht (< 3 Mio. Dalton) demonstriert [2, 20].

Wie viele Injektionen sind in welchen Injektionsintervallen sinnvoll?

Generell gilt: Je weniger Injektionen, desto geringer das Risiko für Injektionsbezogene Komplikationen. Jedoch ist festzustellen, dass z.B. das Infektionsrisiko bei Einhaltung der empfohlenen Hygienemaßnahmen bei etwa 1:25.000 liegt (Bundesgesundheitsblatt 2011) - aber jede Infektion nach intraartikulärer Injektion ist eine Infektion zu viel … Daher sollte man die bekannten Argumente für das jeweilige Injektionsregimen von Fall zu Fall sorgsam abwägen.

Concoff et al. [7] führten eine Metaanalyse unter Berücksichtigung von insgesamt 30 RCTs (4 Studien mit Single Injektion-Therapie (n = 1196 Patienten) und 16 RCTs mit 2–4 Injektionen/Behandlung (n = 2865 Patienten) und 11 RCTs mit Injektionsregimen > 5 Injektionen (n = 1847 Patienten) durch und schlussfolgerten, dass Injektionsregimen mit 2–4 bessere klinische Ergebnisse nach 3 Monaten zeigt. Zu beachten ist jedoch, dass der mögliche Einfluss des Molekulargewichtes der verwendeten Präparate (47 % niedrig, 10 % mittleres MG und 43 % hohes Molekulargewicht) nicht berücksichtigt wurde. Vincent und De Lucia et al. [9, 23] fanden demgegenüber in Metaanalysen eine vergleichbare Wirksamkeit von Einzelinjektionen (mittleres bis hohes Molekulargewicht) mit multiplen Injektionsregimen nach 3 und 6 Monaten, ja sogar 12 Monaten. Dosisfindungsstudien hochmolekularer Hyaluronsäuren zeigen ebenso vergleichbare klinische Outcomes von Single Injektionregimen (1 x 6 ml) vs. 3-Injektionsregimen (3 x 2 ml) des gleichen Präparates [8].

In der klinischen Praxis sind intraartikuläre Hyaluronsäuren und Kortikosteroide gemäß der AWMF-Leitlinie Gonarthrose erst dann einzusetzen, wenn die Verordnung von NSAR (topisch, systemisch) aufgrund von Kontraindikationen, ausbleibender/unzureichender Wirksamkeit oder Nebenwirkungen nicht (länger) möglich sind (Tab. 1).

Epidemiologische Studien zeigen die Koexistenz von Osteoarthrose und anderen chronischen Komorbiditäten als relevantes Problem der systemischen analgetischen Therapie zunehmend alternder Arthrosepatienten-Kollektive auf: Ganz im Vordergrund werden hier Schlaganfall, gastrointestinale Ulzerationen und das metabolische Syndrom im Zusammenhang mit Arthrose aufgeführt [22]. Das Arthrosemanagement stellt in solchen Kollektiven der Multimorbidität zunehmend eine große Herausforderung dar. So formulierte bereits der Arthritis Research Report UK (2018) einen großen Bedarf nach einem patientenzentriertem Arthrosemanagement bei morbiden und (unseren in der Regel) älteren Patienten. Eine engere Koordination mit hausärztlichen Kollegen ist ein wünschenswertes Ziel, um solchen alten/morbiden Patienten außerhalb der geltenden Leitlinien maßgeschneiderte Arthrosetherapie mit Risikominimierung anbieten zu können. Hier gilt der Grundsatz „nicht medikamentöser Therapie vor medikamentöser Therapie“ und im Hinblick auf die medikamentöse Therapie „lokale vor systematischer Therapie“, sodass der intraartikuläre Therapieansatz, wo möglich, früher und entschlossener im Rahmen eines Therapiekonzeptes in Betracht gezogen werden sollte. Mit Kortikosteroiden und Hyaluronsäuren stehen uns effektive und sichere Therapiealternativen zur Verfügung, die in der Hand erfahrener Fachärzte in O&U im Kontext eines individuell zugeschnittenen konservativen Therapiekonzeptes eingesetzt werden sollten.

Interessenkonflikte:

Kay Uthoff: Medizinisch wissenschaftlicher Berater der Fa. Bioventus; Wissenschaftlicher Leiter von Spine Intervention Trainings der Fa. Arthrex

Axel Schulz: Mitarbeit bei der Firma Össur B.V., Niederlande

Dirk-Jonas Danneberg: Medizinisch wissenschaftlicher Berater der Fa. Bioventus

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Dr. med. Kay Uthoff

Orthopädische Praxis Hannover/

Kleefeld

Scheidestraße 21

30625 Hannover

k.uthoff@htp-tel.de

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