Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Modulare Pfannen versus Monoblockpfannen
Eine 10-Jahres-Auswertung

Theresa Liese, Sabine Mai, David Müller, Werner Siebert

Zusammenfassung:
Die Implantation einer Hüftprothese gehört zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Hierfür stehen auf der Pfannenseite modulare Pfannen und Monoblockpfannen zur Verfügung. Um zu untersuchen, ob beide Systeme gleichermaßen zu empfehlen sind, wurden im Rahmen einer klinischen und radiologischen 10-Jahres-Auswertung 396 Monoblockpfannen mit
137 modularen Pfannen verglichen. Die Implantate wurden bezüglich der Standzeit, klinischer und radiologischer Ergebnisse sowie der Patientenzufriedenheit ausgewertet. In allen untersuchten Größen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Pfannensystemen gefunden werden. Daher sind beide Pfannen derzeit gleichermaßen zu empfehlen.

Schlüsselwörter:
modulare Pfannen, Monoblockpfannen, Reflection, Trilogy, RM, Hüftpfannen, Hüftprothesen

Zitierweise:
Liese T, Mai S, Müller D, Siebert W: Modulare versus Monoblockpfannen. OUP 2020; 9: 348–351 DOI 10.3238/oup.2020.0348–0351

Summary: The implantation of a hip prosthesis is one of the most common operations in Germany. Currently, both monoblock and modular cups are being used. To investigate whether both systems are to be equally
recommendable, 396 monoblock cups were compared to 137 modular cups in a 10-year clinical and
radiographic evaluation. Implants were evaluated for survivorship, clinical, radiological results and patient
satisfaction. In all examined items no differences between the cups were found. Therefore, both cups can be equally recommended.

Keywords: modular cups, monoblock cups, monoblock, reflection, trilogy, RM, hip replacements

Citation: Liese T, Mai S, Müller D, Siebert W: Modular versus Monoblock cups. OUP 2020; 9: 348–351 DOI 10.3238/oup.2020.0348–0351

Theresa Liese: Helios Klinik München

Sabine Mai, David Müller, Werner Siebert: Vitos Orthopädische Klinik Kassel

Einleitung

Die Implantation einer Hüftprothese gehört mit über 230.000 Implantationen pro Jahr zu den häufigsten Operationen in Deutschland [9]. Durch einen künstlichen Hüftgelenkersatz soll eine schmerzfreie und gute Beweglichkeit des Hüftgelenkes erreicht und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Die richtige Wahl des Implantats spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Standzeit der Endoprothese. Auf der Pfannenseite stehen modulare Pfannen und Monoblockpfannen mit diversen Unterschieden zur Verfügung. Da bis jetzt noch kein Goldstandard diesbezüglich vorliegt, finden beide Systeme aktuell Verwendung, wobei in Deutschland und den meisten europäischen Ländern, mit Ausnahme von Schweden, mehr modulare Systeme verwendet werden. Demgegenüber stehen sehr gute 20-Jahres-
Ergebnisse der RM-Monoblockpfanne [3], welche modulare Systeme noch nicht liefern konnten. Da die aktuelle Studienlage zu diesem Thema sehr dünn ist und eine signifikante Überlegenheit bis jetzt nicht gezeigt werden konnte, wurde die vorliegende Arbeit angefertigt, die sich mit der Frage auseinandersetzt, ob beide Pfannen gleichermaßen zu empfehlen sind.

Material und Methoden

In der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel (OKK) wurden im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie 533 Implantate 10 Jahre nach der Operation ausgewertet. 396 RM Classic Monoblockpfannen wurden mit 137 modularen Pfannen (69 Reflection Pfannen und 68 Trilogy Pfannen) verglichen. Alle unzementierten Erstimplantationen mit einer PE/Keramik Gleitpaarung, die zwischen 2002 und 2005 stattfanden, wurden ausgewertet. Die Daten wurden mittels Patienten- und Untersucherbögen erhoben und in die hauseigene Datenbank der OKK, für die ein Ethikvotum vorlag, eingefügt. Um einen Vergleich der nicht randomisierten Patientengruppen zu ermöglich, wurde ein ausführlicher Gruppenvergleich durchgeführt. Hierbei zeigte sich kein Unterschied in der Geschlechter-, Diagnosen- und Risikoverteilung sowie im Aktivitätsgrad, präoperativem Harris Hip Score und dem Präfix nach Charnley. Eine Differenz wurde in der Altersverteilung und bei den verwendeten Kopfgrößen sichtbar. Diese wurden in der Auswertung berücksichtigt. Zudem erfolgte eine Berücksichtigung des Kopfdurchmessers.

Als wichtigste Größe wurde die Standzeit der beiden Pfannensysteme verglichen. Hier ergab sich eine Lost-to-follow-up-Rate von 18 % nach 10 Jahren, nach intensiver Nachforschung unter einheitlichen Kriterien für beide Gruppen. Um einen Vergleich der nicht gewechselten Prothesen zu ermöglich, wurden diese hinsichtlich der Patientenzufriedenheit, des Harris Hip Scores (HHS) und anhand von Röntgenbildern ausgewertet.

Ergebnisse

Es zeigte sich nach der Berechnung mit Hilfe der Kaplan-Meier-Kurve [4] eine Überlebensrate von 97 % nach 10 Jahren bei den modularen Pfannen. Diese lag um 2 % über jener der RM Pfannen, was statistisch nicht signifikant ist (Abb. 4). Zudem wurde die Überlebensrate der modularen Schalen berechnet, hierbei zeigten sich geringfügig bessere Ergebnisse. Vergleicht man die Überlebensrate der gesamten Pfannen und die der ossär fest verankerten Teile (modulare Schale vs. gesamte RM Pfanne) bestanden in beiden Fällen keine signifikanten Unterschiede. Die Anzahl der Revisionen, die auf Grund von aseptischer Lockerung durchgeführt wurden, lag in beiden Gruppen bei ca. 1 %, insgesamt waren es 24 Revisionen. In zwei Fällen war ein alleiniger Inlayaustausch ausreichend. Diese erfolgten innerhalb des ersten Jahres, auf Grund von wiederholten Luxationen und im Rahmen eines Schaftwechsels bei aseptischer Lockerung.

Beim Vergleich der subjektiven Patientenzufriedenheit zeigte sich ebenfalls keine statistische Differenz, jedoch schnitten hier die Monoblockpfannen mit 96 % zufriedener Patienten um 2 % besser ab.

Mit durchschnittlich 84 erreichten Punkten im Harris Hip Score und einer Differenz der beiden Gruppen von 1 Punkt, lieferten beide Implantatsysteme gute funktionelle Ergebnisse. Da für den Patienten jedoch nicht nur die absoluten Ergebnisse entscheidend sind, sondern vor allem der Vergleich zum Ausgangswert relevant ist, erfolgte eine Berechnung der Differenz aus 10-Jahres- und präoperativem Score. Hierbei zeigten Patienten mit einer modularen Pfanne nicht signifikant bessere Ergebnisse als solche mit einer Monoblockpfanne.

Um eine Auswertung der Röntgenbilder zu ermöglichen, wurden die postoperativen Aufnahmen mit denen nach 10 Jahren verglichen.

Die jährliche Abriebrate von durchschnittlich 0,087 mm/a bei Monoblockpfannen lag um 0,002 mm/a über jener der modularen. Aufgrund des geringen Unterschieds und der hohen Messungenauigkeit der manuellen Messmethode ist dieser Unterschied nicht statistisch relevant. Vermehrte Lysen im Bereich der Pfanne traten bei den modularen Pfannen fast doppelt so häufig auf. Diese lagen jedoch überwiegend unter 2 mm. Eine vermehrte Lyse bei diesen Pfannen im Bereich des proximalen Schaftes konnte nicht nachgewiesen werden.

Nach zusätzlichen Berechnungen, welche den Altersunterschied und die verschiedenen Kopfgrößen berücksichtigten, zeigte sich keine Verzerrung der Ergebnisse durch diese Unterschiede.

Diskussion

Modulare Pfannen schnitten in den Kategorien Standzeit, Funktionalität der Prothese und in der Abriebrate bzw. Schaftosteolysen zwar besser ab, waren jedoch in der Patientenzufriedenheit und Osteolysen im Bereich des Acetabulums den Monoblockpfannen unterlegen. Aufgrund der fehlenden Signifikanz, darf dieser Tendenz jedoch nur eine geringe Bedeutung zugesprochen werden. Ähnliche Ergebnisse spiegeln sich auch in der Literatur wieder [1, 2, 5, 11]. Bei den modularen Metallschalen, die eine geringfügig, nicht signifikant bessere Standzeit gegenüber der gesamten RM Pfanne aufwiesen, ist zu berücksichtigen, dass zeitnah nach der Implantation ein Inlay noch verfügbar war. Ob ein Inlaywechsel auch nach langen Standzeiten möglich und sinnvoll ist, konnte in anderen Studien noch nicht belegt werden [6, 10]. Es ist zu bedenken, dass nach längerer Zeit ein Inlay möglicherweise nicht mehr erhältlich ist und zudem muss gewährleistet werden, dass die Schale und der Verschlussmechanismus nach dem Entfernen des Inlays nicht beschädigt sind. Aus diesem Grund kann bei langen Standzeiten die Modularität oft nicht genutzt werden.

Ein Lysesaum des Acetabulums kam bei den modularen Systemen doppelt so häufig vor. So scheinen diese durch die zusätzliche Komponente einen vermehrten Abrieb zu produzieren, möglicherweise im Sinne eines backside wears. Betrachtet man alle relevanten (> 2 mm) Osteolysen und Saumbildungen im Bereich der Pfanne, war die Rate in der modularen Gruppe höher, jedoch war der Unterschied nicht statistisch signifikant. So scheinen modulare Pfannen vermehrt Lysen im Acetabulum zu verursachen, jedoch nicht innerhalb von 10 Jahren in einem für den Patienten bedeutsamen Maß. Eine negative Auswirkung bei längeren Standzeiten wäre möglich.

In der Arbeit von Gonzalez DV et al. konnte ebenfalls in den ersten 8 Jahren kein signifikanter Unterschied bezüglich der Abriebs- und Osteolyseraten von Pfannen mit unterschiedlicher Modularität gezeigt werden [2]. Young et al. hingegen gaben einen geringeren Abrieb als auch signifikant weniger Osteolysen der Monoblockpfannen in einer radiologischen 5-Jahres-Nachuntersuchung an [11].

Es ist davon auszugehen, dass modulare Pfannen eine vermehrte Lyse im Bereich der Pfanne aufweisen, diese jedoch nach 10 Jahren von keiner klinischen Relevanz für den Patienten ist. Der Einfluss bei längeren Standzeiten bleibt daher abzuwarten.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl modulare Pfannen als auch Monoblockpfannen in der 10-Jahres-Auswertung hinsichtlich Standzeit, klinischen, radiologischen Ergebnissen und Patientenzufriedenheit sehr gute Ergebnisse erzielten und keine signifikanten Unterschiede aufwiesen. Anhand dieser Auswertung und den in der Literatur gefundenen Ergebnissen können beide Pfannen gleichermaßen empfohlen werden. Für welchen Patienten eine Modularität Vorteile bietet, kann derzeit noch nicht genau bestimmt werden. Die Möglichkeit des Austausches des Inlays scheint aber vor allem bei Revisionen nach kurzer Standzeit sehr vielversprechend. Bei langen Standzeiten sind die Ergebnisse aber noch unklar. Daher bleibt es weiterhin eine individuelle Entscheidung, welches Implantat bevorzugt wird.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Theresa Liese

Helios Klinik München

Schmidbauerstraße 44

81737 München

liese.t.m@gmail.com

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