Übersichtsarbeiten - OUP 11/2018

Nahrungsergänzungsmittel im Sport*

Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass eine gesunde, abwechslungsreiche und vielfältige Ernährung auch bei Sportlern und Hochleistungssportlern ausreicht, um den notwendigen Makro- und Mikronährstoffbedarf zu decken. Da jedoch kein Lebensmittel alle Nährstoffe enthält, um den Bedarf des Körpers zu decken, müssen unterschiedliche Lebensmittel kombiniert werden.

Je abwechslungsreicher Lebensmittel und Sorten (z.B. bei Obst, Gemüse und Getreideprodukten) ausgewählt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Nährstoffe abgedeckt werden. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) empfiehlt dementsprechend in seiner Informationsbroschüre „Nahrungsergänzungsmittel“ (als PDF-Dokument downloadbar auf der Internetseite des DOSB [8]) im Rahmen der Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auch für Sportler und Hochleistungssportler:

eine feste Mahlzeitenstruktur, auf den individuellen Bedarf abgestimmt,

täglich mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit, bevorzugt Wasser und energiearme Getränke,

täglich 2 Portionen frisches Obst und 3 Portionen Gemüse,

zum Gemüse/Salat: täglich 1–2 Esslöffel Raps- oder Walnussöl,

bei Brot, Müsli, Nudeln, Reis: bevorzugt Vollkornprodukte; Mengen pro Tag angepasst an den sportspezifischen Energiebedarf,

täglich Milch, Joghurt, Käse; Fisch 1– bis 2-mal in der Woche, davon mindestens 1-mal Seefisch; fettarmes Fleisch, fettarme Wurst sowie Eier in Maßen und an den Nährstoffbedarf angepasst; Vegetarier gleichen durch mehr Milchprodukte, Eier und evtl. Sojaprodukte aus.

Hinweise zum gezielten Einkauf von geeigneten Lebensmitteln für Athleten, Informationen zu Ernährungsberatungen und weitere nützliche Informationen finden sich außerdem auf der Homepage des DOSB bzw. in den weiterführenden Informationen der Informationsbroschüre „Nahrungsergänzungsmittel“.

Der Einsatz von NEM ist jedoch nicht generell abzulehnen. Zum Erhalt der Leistungsfähigkeit existiert eine umfangreiche wissenschaftliche Evidenz, dass eine optimale Flüssigkeits- und Makronährstoffversorgung rund um und während der Belastung sehr wichtig ist. In diesem Zusammenhang können Nahrungsergänzungsmittel, wie Iso-Getränke, Kohlenhydrat- und Proteinkonzentrate, nützlich sein.

Unter anderem können Flüssigkeitsdefizite, insbesondere bei Belastungen von mehr als 60 Minuten Dauer, leistungsbeeinträchtigend wirken. Daher sollte auf eine ausreichende Hydration bereits vor dem Start geachtet werden und aktivitätsbedingte Schweißverluste möglichst rasch oral ersetzt werden. Dazu eignen sich isotone Getränke in Pulver- oder Brausetablettenform. Sie sollen pro Liter rund 80 g Zucker (Glucose, Saccharose, Fructose, Maltodextrine) und mindestens 400 mg Natrium enthalten. Andere Elektrolyte wie Magnesium, Kalium und Calcium oder auch wasserlösliche Vitamine können, müssen aber nicht zugesetzt sein [8]
Fruchtsaftschorlen (Mischungsverhältnis 1:1 mit natriumreichem Mineralwasser) sind jedoch zum raschen Flüssigkeitsersatz ebenfalls geeignet.

Erst für Belastungen ab 60–120 min Dauer ist eine Kohlenhydratzufuhr von 30–60 g/h, für Belastungen von mehr als 120 min Dauer eine von 60–80 g/h ratsam [24]. Bei länger andauernden Belastungen (z.B. Marathon, Triathlon) oder bei niedrigen Temperaturen werden mitunter größere Kohlenhydratmengen benötigt. Alternativ können aromatisierte Energygels verwendet werden, die Kohlenhydrate unterschiedlicher Kettenlänge sowie Zusätze von Elektrolyten, Vitaminen, Aminosäuren und/oder Koffein enthalten.

Nach dem Sport, wenn weniger als 8 h für die Regeneration zur Verfügung stehen, ist zwecks schneller Wiederauffüllung der Glycogenreserven darauf zu achten, innerhalb der ersten 4 h 1,2–1,5 g Kohlenhydrate/kg/h zuzuführen oder alternativ 0,8 g Kohlenhydrate/kg/h mit 0,2–0,4 g Proteinen/kg/h zu kombinieren [2].

Die Zufuhr von Proteinen zum Aufbau und Erhaltung von Muskelmasse, empfiehlt das American College of Sports Medicine Sportlern in einer Menge von 1,2–1,7 g/kg/d. Diese Menge wird im Rahmen einer ausgewogenen Mischkost üblicherweise erreicht, wenn nicht überschritten, sodass Supplemente nicht erforderlich sind [8].

Wenn Proteine direkt im Anschluss an Kraftbelastungen oder andere kurze, intermittierende Belastungen zugeführt werden, kann das Ausmaß von Muskelschäden vermindert werden. Aufgrund des höheren Gehalts an essenziellen Aminosäuren sollten tierische Proteine gegenüber pflanzlichen bevorzugt werden. Da die Aminosäurenabsorption aus flüssigen Proteinquellen schneller erfolgt als aus festen, eignen sich fettarme Milch und Kakao gut als Eiweißlieferanten zu Beginn der Regenerationsphase [6].

Die Wirksamkeit von Mikronährstoff-NEM zur Leistungssteigerung soll nicht unerwähnt bleiben. In diesem Zusammenhang sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass Mikronährstoffe auch vor dem Hintergrund ihrer Wirksamkeit nicht zur Verwendung im Nachwuchsleistungssport (und Breitensport) empfohlen werden und nur nach ausführlicher Beratung durch einen entsprechend geschulten Sportmediziner oder Ernährungsberater im Einzelfall Verwendung finden sollten.

Eine u.U. leistungssteigernde Wirkung konnte so für Koffein im Ausdauerbereich [25], Kreatin im Kraftsport [17] und Natriumbicarbonat (z.B. im Sprint) [20] gezeigt werden.

Unklar bleibt derzeit noch die Wirkung von Nitrat-Beta-Hydroxy-Beta-Methylbutyrat einzustufen [10], während es für alle übrigen gängigen NEM, denen eine leistungsfördernde Wirkung nachgesagt wird, keinen wissenschaftlich fundierten Wirksamkeitsnachweis gibt.

Darüber hinaus gibt es sogar Hinweise darauf, dass der unüberlegte Gebrauch von NEM kontraproduktiv in Bezug auf Trainingsreizwirksamkeit, Regenerationsfähigkeit und somit letztlich auf Leistungsfähigkeit sein kann.

Insbesondere die unreflektierte und häufig hochdosierte Einnahme antioxidativer Vitamine ist kritisch zu bewerten, da eine extern induzierte Reduktion freier Radikale deren Nutzen als Signalgeber für die trainingsinduzierte Anpassungsreaktion in den Muskelfasern [21] zuwiderläuft. Gomez-Cabrera et al. konnten in einer Studie zeigen, dass eine tägliche Einnahme von 1 g Vitamin C über 2 Monate den VO2 max-steigernden Effekt eines regelmäßigen Ausdauertrainings praktisch verhindert. Für eine vorübergehende Einnahme von Vitamin C im Rahmen von Infekten oder maximalen körperlichen Belastungen ist die Datenlage differenziert zu betrachten, der Einsatz kann aber in bestimmten Situationen (z.B. akuter Infekt) durchaus sinnvoll sein [15].

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