Übersichtsarbeiten - OUP 09/2016

Nutritiver Ansatz bei der Arthrosetherapie
Aktuelle Aspekte zu Omega-3-FettsäurenCurrent aspects on n-3 polyunsaturated fatty acids

Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass die Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) die Aktivität proinflammatorischer Mediatoren [4] ebenso reduzieren können wie die Indikatoren des pathologischen Knorpelabbaus und der Entzündung [9]. Auch wird in vitro die „Schmierfunktion“ der Synovia gesteigert [4].

In einem weiteren präklinischen Modell wurden die Auswirkungen eines mit langkettigen, ungesättigten Omega-3-Fettsäuren hochangereicherten Futters auf die Arthroseentwicklung bei einem arthroseanfälligen Meerschweinchen-Stamm („DH/BS2 spontaneous guinea pig“) im Vergleich zu einem arthroseresistenten Stamm („OA-resistant guinea pig“) untersucht [15]. Moderne, an Omega-3-Fettsäuren arme Kostformen unterliegen dem Verdacht, entzündliche Erkrankungen – möglicherweise auch Arthrose – zu verstärken. Andererseits wird vermutet, dass die Knochendichte (ein arthrosefördernder Parameter) durch Omega-3-Fettsäuren erhöht werden könne. Ziel der Autoren war es daher, den resultierenden Nettoeinfluss ungesättigter Omega-3-Fettsäuren zu ermitteln.

Über 10–30 Wochen wurden bei den Tieren die pathologischen Auswirkungen von Standard- gegen Omega-3-Fettsäure-Futter auf Knorpel und subchondralen Knochen histologisch und biochemisch untersucht, einschließlich der Kollagen-„Cross-links“, Matrixmetalloproteinasen, MMPs, der alkalischen Phosphatase, Glykosaminoglykane (GAG) und Typ-II-Kollagen [15]. Zusammengefasst reduzierte das Omega-3-Futter die Krankheitszeichen beim arthroseanfälligen Stamm, die meisten Knorpelparameter (MMP-2, Lysyl-Pyridinolin und Gesamtkollagen-„Cross-links“) lagen im selben Bereich wie beim resistenten Stamm, die Parameter des subchondralen Knochens tendierten zur Normalität. In toto schlossen die Autoren auf eine arthrosereduzierende Aktivität einer Omega-3-Fettsäurezufuhr.

In einer Literaturübersicht über Arthrosemodell-Untersuchungen am Hund (2004–2014) wurde über eine klinisch signifikante Reduktion verschiedener symptomatischer Parameter durch die diätetische Supplementierung berichtet [14]. Die Autoren schlugen vor, die klinische Relevanz im Rahmen guter prospektiver Untersuchungen zu überprüfen, wiesen aber auch die Tatsache hin, dass Omega-3-Fettsäuren aufgrund ihrer sehr guten Verträglichkeit ihren Platz im Arthrosemanagement besitzen.

In einer weiteren Studie wurde der Einfluss unterschiedlicher Fettdiäten auf die durch artifizielle Verletzung induzierte Kniegelenkarthrose im Mausmodell untersucht [16].

Mäuse erhielten jeweils eine von 3 Futtervarianten:

  • 1. eine Gruppe erhielt ein Futter reich an gesättigten Fettsäuren,
  • 2. eine Gruppe erhielt ein Futter reich an Omega-6-Fettsäuren
  • 3. und eine Gruppe ein Futter reich an Omega-3-Fettsäuren.

Es wurde ein deutlicher Zusammenhang zwischen Ernährung und Arthrose festgestellt, zwischen Körpergewicht und Arthrose dagegen bestand kein Zusammenhang. Die Mäuse, die große Mengen an gesättigten Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren (ohne Omega-3-Fettsäuren) mit der Nahrung erhielten, zeigten eine deutliche Verschlimmerung der Arthrose, bei den Tieren, deren Futter mit Omega-3-Fettsäuren angereichert worden war, bremsten die Omega-3-Fettsäuren das Voranschreiten der Arthrose im histopathologischen Bild [16]. Die Omega-3-Fettsäuren kompensierten offenbar den schädlichen arthroseinduzierenden Effekt der Fettleibigkeit bei den adipösen Mäusen (Abb. 2).

Zusammengefasst fanden die Autoren als wesentliches Resultat ihrer Untersuchungen an adipösen Mäusen, dass – unabhängig vom Körpergewicht – diätetisch zugeführte Fettsäuren den histologischen Schweregrad der Arthrose positiv beeinflussten. Sie arbeiten im nächsten Schritt an der potenziellen Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die klinische Situation [16].

Klinische Studien

Bei Krankheiten mit entzündlicher Genese bzw. Komponente, bei denen langkettige, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren möglicherweise von klinisch-therapeutischem Interesse sind, handelt es sich um systemisch-entzündliche Reaktionen nach Operationen oder Traumata, akute kardiovaskuläre Ereignisse und Atherosklerose, Psoriasis(arthritis), allergische Krankheiten, Lupus erythematodes, M. Crohn, rheumatoide Arthritis u.a. [9].

Die rheumatoide Arthritis (ältere Bezeichnung: chronische Polyarthritis) ist charakterisiert durch die Infiltration von T-Lymphozyten, Makrophagen und Plasmazellen in der Synovialmembran sowie eine dadurch induzierte chronische Entzündung des Gelenks. Eicosanoide (die aus Arachidonsäure entstehen) sowie Zytokine induzieren eine progressive Knorpel- und Knochendestruktion. Die Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA), Bestandteil von Fischöl, hemmt diese Wirkungen.

Es liegen etliche randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien zur Wirksamkeit langkettiger Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit rheumatoider Arthritis vor [10]. Die Dosierung des Fischöls lag in diesen Studien zwischen 1,6 g und 7,1 g pro Tag (im Durchschnitt 3,5 g entsprechend 1590 mg EPA). In praktisch sämtlichen Studien wurden günstige Wirkungen von Fischöl im Sinne signifikanter Verbesserungen einer Vielzahl symptomatischer „Outcome“-Parameter gezeigt: Verminderung geschwollener Gelenke, reduzierter Schmerz, geringere Morgensteifigkeit, verbesserte Griffstärke sowie eine Senkung des NSAR-Bedarfs [10]. Die Schlussfolgerung: Omega-3-Fettsäuren sollten in das normale Behandlungsschema bei rheumatoider Arthritis einbezogen werden, wenn auch die optimale Dosierung sowie der mögliche therapeutische Zugewinn bei kombiniertem Einsatz noch nicht endgültig geklärt sind.

Auch zur Arthrose liegt mittlerweile eine Reihe klinischer Studien vor [4], die hier nicht weiter im Detail dargestellt werden. Die erste Studie mit Omega-3-Fettsäure-Supplementierung bei Arthrose wurde 1992 publiziert [17]. Die Autoren verglichen eine tägliche Zusatzdiät von Lebertran (10 g mit 786 mg EPA) mit der Gabe von 10 g Olivenöl bei 86 Patienten mit klinisch und radiologisch gesicherter Arthrose (durchschnittlich an 6 bis 7 Gelenken). Bei einer Ausfallrate von 25,6 %, zusätzlicher NSAR-Behandlung, unklarem Zusammenhang zwischen dem primär betroffenem Gelenk und der durchgeführten Schmerz- und Funktionsprüfung gibt es zwar einige Schwächen, dennoch lautete – bei vergleichbarer Wirksamkeit in beiden Gruppen – die Schlussfolgerung, dass bei Patienten, die keine regelmäßige Behandlung mit NSAR benötigten, Lebertran (EPA) wirksam sein könnte [17].

In einer Untersuchung zur Fragestellung bezüglich des therapeutischen Erfolgs von jeweils 15 ml Öl (Fischöl mit 4,5 g EPA + DHA bzw. Fischöl/Sonnenblumenöl mit 450 mg EPA + DHA pro Tag) nahmen 202 Patienten mit Gonarthrose jeweils eins der Produkte über 24 Monate ein und wurden nach 3, 6, 12 und 24 Monaten hinsichtlich symptomatischer und struktureller Parameter untersucht. Bei beiden Dosierungen ergab sich eine Verbesserung des WOMAC-Punktwerts (Schmerz, Funktionsstörungen) nach 2 Jahren, wobei der Effekt bei 450 mg pro Tag sogar etwas größer ausfiel. Im Hinblick auf den Knorpelabbau im MRT zeigte sich in beiden Gruppen kein unterschiedlicher Effekt [18].

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