Übersichtsarbeiten - OUP 03/2019

Operative Alternativen zur Endoprothetik bei Gonarthrose

In der Magnetresonanztomografie zeigen sich meist lineare intrameniskale Signale, die Kontakt zur Gelenkfläche haben können und als Folge der mukoiden Meniskusdegeneration anzusehen sind.

Die arthroskopische Meniskusteilresektion ist eine der am häufigsten durchgeführten orthopädischen Operationen. Die Mehrheit der randomisiert kontrollierten Studien konnte jedoch im kurz- und mittelfristigen Verlauf keinen zusätzlichen Nutzen der arthroskopischen Meniskusteilresektion gegenüber konservativer Therapie oder Placebo-Operationen nachweisen [11, 17–21]. Degenerative Meniskusläsionen sollten deshalb primär einer konservativen Therapie zugeführt werden [22]. Oft sind die Beschwerden eher durch die Arthrose als durch den Meniskusschaden bedingt.

Im Falle von mechanischen Blockaden und positiven Meniskuszeichen ist eine Arthroskopie mit Meniskusteilresektion aber durchaus indiziert und kann zu einer Beseitigung der Gelenkblockade und Schmerzreduktion führen.

Da das Arthroserisiko nach einer Meniskusteilresektion aufgrund veränderter Druckverhältnisse im jeweiligen Gelenkkompartiment ansteigt [23], sollten symptomatisch instabile Meniskusläsionen nach dem Motto: „soviel wie nötig, so sparsam wie möglich“ reseziert werden. Je höher der Arthrosegrad im Falle einer Meniskusteilresektion bei schmerzhaft degenerativer Meniskusläsion, desto schlechter ist das zu erwartende Outcome [24, 25].

Ein Algorithmus zur Behandlung von degenerativen Meniskusläsionen wurde im Rahmen eines Konsensus der European Society of Sports Traumatology Knee Surgery and Arthroscopy (ESSKA) erarbeitet [26] (Abb. 1)

Osteophytenabtragung

Im Rahmen des physiologischen Alterungsprozesses mit Zunahme der degenerativen Veränderungen oder nach Trauma können Osteophyten im Bereich der Notch und der anterioren Tibia zu einer Streckhemmung des Kniegelenks führen.

Osteophyten im Bereich der interkondylären Notch können durch mechanischen Stress während der Extension zur VKB-Degeneration und Bandinsuffizienz führen. Eine arthroskopische Notchplastik kann in diesem Fall die Beweglichkeit verbessern und das vordere Kreuzband schützen [27, 28]. Osteophyten sind aber nicht generell isoliert zu betrachten, sondern als Teil des arthrotischen Gelenks zu verstehen.

Puddu et al. berichteten 1994 über gute Ergebnisse nach Notchplastik und Resektion eines tibialen anterioren Osteophyten bei 22 Kniegelenken mit Streckhemmung. In einer weiteren Studie konnte nach arthroskopischer Resektion eines „anvil“ Osteophyten im Bereich der anterioren Tibia im degenerativ veränderten streckdefizitären Kniegelenk keine Funktionsverbesserung festgestellt werden [29].

Die isolierte Retropatellararthrose kann zu ausgeprägten Ausziehungen der lateralen Patellafacette führen. Durch eine laterale partielle Patellafacettektomie kann der mechanische Konflikt mit der lateralen Femurkondyle behoben werden. Es kommt zu einer Druckentlastung im Bereich des lateralen patellofemoralen Gelenks. Diese relativ einfache operative Maßnahme geht mit guten Langzeitergebnissen einher [30, 31].

Beim Auftreten von mechanischen Blockaden aufgrund abgebrochener Osteophyten ist eine operative Entfernung indiziert.

Knorpeltherapie

Weitgehend intakte Knorpeloberflächen sind für eine normale Kniegelenkfunktion unabdingbar. Der hyaline Gelenkknorpel ist ein zellarmes Gewebe. Mit 70–80 % hat Wasser den weitaus größten Anteil am Gesamtvolumen. Kollagene (zu 95 % Kollagen Typ II) stellen den Hauptanteil der Trockenmasse dar. Sie sind für Struktur und Festigkeit des Gelenkknorpels verantwortlich. In das Kollagennetz sind Proteoglykane eingebettet, die eine hohe Wasserbindungsfähigkeit besitzen und die für die stoßdämpfenden Eigenschaften des hyalinen Knorpels verantwortlich sind. Im Rahmen der Knorpeldestruktion kommt es zu einer erhöhten Permeabilität und Zerstörung der Knorpelmatrix. Dadurch wird das Elastizitätsmodul herabgesetzt und die Tragfähigkeit des Gelenkknorpels reduziert [32]. Der hyaline Knorpel besitzt nur ein geringes Regenerationspotential. Unbehandelte Knorpelschäden können auf Dauer zur Entwicklung einer Kniegelenkarthrose führen [33]. Noch lokalisierte Knorpelschäden können das Frühstadium einer Kniegelenkarthrose darstellen.

Je nach Ausmaß, Ausprägung und Lokalisation des Knorpeldefektes stehen verschiedene operative Therapieoptionen zur Verfügung, u.a.:

Abrasionschondroplastik

Mikrofrakturierung

autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC)

osteochondrale autologe Transplantation (OAT)

autologe Chondrozytentransplantation (ACT/MACT)

Fortgeschrittene degenerative Gelenkveränderungen stellen in der Regel eine Kontraindikation für die oben genannten regenerativen Verfahren da. Eine Behandlung des Knorpelschadens ist nur dann erfolgsversprechend, wenn vorhandene Achsfehlstellungen oder Bandinstabilitäten mit adressiert werden. Die Klassifikation der Knorpelschäden erfolgt heutzutage im Allgemeinen nach der International Cartilage Research Society (ICRS) (Tab. 2).

Abrasionschondroplastik und Mikrofrakturierung zählen zu den knochenmarkstimulierenden Techniken. Im Rahmen der Abrasionschondroplastik werden instabile Knorpelfragmente entfernt und die kalzifizierende Knorpelschicht abgetragen. Bei der Mikrofrakturierung wird der instabile Knorpel bis auf die subchondrale Platte entfernt und ein stabiler Randwall aus gesundem Knorpelgewebe geschaffen. In einem Abstand von 3–4 mm wird die subchondrale Platte mit einer spitzen Ahle durchbrochen. Im Defekt bildet sich ein sogenannter „super clot“, in dem sich multipotente mesenchymale Stammzellen mit Zytokinen und Wachstumsfaktoren zu einem stabilen Faserknorpel differenzieren können [34]. Faserknorpel enthält hauptsächlich Kollagen Typ I und hat eine geringere biomechanische Widerstandsfähigkeit als hyaliner Knorpel.

Knochenmarkstimulierende Verfahren werden bei Knorpelschäden Grad 3 und 4 nach ICRS und einer Defektgröße bis ca. 2–2,5 cm2 angewendet (Abb. 2). Insbesondere bei
lokalisierten femoralen Knorpelläsionen können diese Verfahren zu einer Verbesserung der klinischen Symptomatik führen. Tibiale Knorpeldefekte, multiple Defektlokalisationen, zunehmende Defektgröße und vorausgegangene Knorpeloperationen haben einen negativen Einfluss auf das klinische Ergebnis [35]. Die autologe matrixinduzierte Chondrogenese zählt ebenfalls zu den knochenmarkstimulierenden Verfahren. Bei der AMIC werden die Mikrofrakturierung mit der Applikation einer Kollagen-Matrix kombiniert. Die Kollagenmatrix wird in den Defekt geklebt oder eingenäht. Sie schützt den „super clot“ und beeinflusst die Chondrogenese positiv [36]. Dadurch können auch größere Knorpeldefekte Grad 3 und 4 einzeitig versorgt werden.

Bei der osteochondralen autologen Transplantation werden Knorpel-Knochen-Zylinder von einem wenig belasteten Gelenkabschnitt entnommen und in Press-fit-Technik in einen zuvor ausgestanzten vollschichtigen Knorpeldefekt versetzt. Diese Methode wird bei Defektgrößen bis zu 3–4 cm2 angewandt und eignet sich insbesondere bei Mitbeteiligung des subchondralen Knochens. Bei größeren Defekten ist mit einer höheren „Donor-site-morbidity“ zu rechnen. Patienten mit fokalen Knorpelschäden können von dieser Operation profitieren, da das Fortschreiten der frühen Arthrose und damit verbundene Schmerzen und Funktionseinschränkungen verhindert werden können [37].

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