Originalarbeiten - OUP 03/2013

Osteoporose – Diagnostik und Therapie

Siehe auch Tabelle 5. Bisphosphonate sind die Medikamente der ersten Wahl in der Therapie der Osteoporose. In mehreren Studien konnte für Alendronat (Fosamax) [17, 18] und Risedronat (Actonel, Acara) [19] die Reduktion von Wirbelkörper- und peripheren Frakturen belegt werden. Mit Ausnahme der intravenös applizierbaren Präparate Bonviva (Ibandronat) und Aclasta (Zoledronat) [20] ist zur Sicherung der Resorption auf eine streng nüchterne Einnahme und auf ein Intervall von wenigstens 30 min bis zur Nahrungsaufnahme zu achten. Zu beachten ist die Gefahr der Entwicklung gastrointestinaler Beschwerden bei einer oralen Therapie mit Bisphosphonaten. Dies gilt nicht für Strontiumranelat (Protelos) [21] oder den Östrogenrezeptormodulator Raloxifen (Evista) [22] – beide ebenfalls als A1 klassifizierte Medikamente.

Die osteoanabole Therapie mit 1–34 (Forsteo) [23, 24] steht für Patienten mit einer Krankheitsprogression (Auftreten neuer Frakturen, unerwarteter und deutlicher weiterer Abfall der Mineraldichte) unter antiresorptiver Therapie zur Verfügung und ist auf einen Behandlungszeitraum von 24 Monaten begrenzt. Zur Sicherung des Antifraktureffektes ist im Anschluss an eine solche Therapie eine antiresorptive Behandlung über weitere 2 Jahre zwingend anzuschließen [25].

2010 wurde der humane RANK-Ligand-Antikörper Denosumab (Prolia) zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen, es erweitert als subkutan applizierbares Medikament die Möglichkeit der individuellen Osteoporosemedikation. 6-Jahres-Daten belegen eine kontinuierliche Zunahme der Knochenmineraldichte und Frakturreduktion. Die Effektivität im Vergleich zu Alendronat war nach der aktuellen Datenlage bezüglich der Knochendichte überlegen, verbunden mit einem niedrigeren Risiko für Kiefernekrosen und atypische Femurfrakturen. Allerdings zeigte sich unter Studienbedingungen ein erhöhtes Risiko von Infektionen und Neoplasmen [26].

Schmerztherapie

Die Schmerztherapie ist insbesondere nach frischen osteoporotischen Wirbelköperfrakturen die wesentliche Voraussetzung für eine rasche Mobilisation und den Erhalt der Funktionsfähigkeit. Der chronische Schmerz bedarf ebenfalls einer gezielten Behandlung. Grundlage der Behandlung des chronischen Schmerzes bildet unter Beachtung der Nebenwirkungen wie Schwindel und Sturzneigung das WHO-Schema [27]. Auch physikalische Anwendungen kommen zum Einsatz, wobei in der akuten Schmerzphase Kryotherapie eine Option ist, aktive Krankengymnastik hingegen kontraproduktiv, und in der chronischen Phase Wärmetherapie, Massage und Galvanisation zum Einsatz kommen [28]. Die Kyphoplastie und die Vertebroplastie sind Verfahren, welche bei persistierenden Schmerzen eingesetzt werden können und zu einer raschen Schmerzlinderung führen [29].

Hilfsmittel

Hilfsmittel sind meist sehr einfache Mittel, welche der Sturz- und damit der Frakturprophylaxe dienen [12]. Hierzu zählen der Gehstock, die Unterarmgehstütze, der Rollator und der Rollstuhl. Orthesen zielen auf die Erhöhung der Knochenfestigkeit und die Vermeidung von Stürzen. Die alleinige Verordnung von Hüftprotektoren hat allerdings keinen fraktursenkenden Effekt. Mahnbandagen entlasten die Wirbelsäule, deren Fehlstatik aktiv durch Muskelarbeit korrigiert werden kann. Sie kommen in der frühen Phase der Erkrankung zur Anwendung. Hyperextensions-Orthesen funktionieren nach dem Dreipunkt-Prinzip. Sie haben eine passive Stützfunktion und sind geeignet für Patienten mit starken Schmerzen nach stabiler Wirbelkörper-Fraktur ohne neurologische Komplikationen im thorakolumbalen Bereich [30]. Bewährt hat sich die auf dem Biofeedback-Prinzip beruhende Spinomed-Orthese, die effektiv ist bei der Aufrichtung und Stabilisierung der Wirbelsäule, der Stärkung der Rumpfmuskulatur und der Unterstützung der Atmung.

Operationen

Operative Eingriffe betreffen die für osteoporotische Frakturen anfälligen Regionen. Am Femur sind dies mediale, laterale Schenkelhalsfrakturen sowie pertrochantäre Frakturen. Hier wird auch beim Patienten mit Osteoporose eine möglichst frühe Versorgung mittels Osteosynthese angestrebt. Die Duokopfprothese ist beim älteren Menschen mit medialer Schenkelhalsfraktur indiziert, die TEP hier bei vorbestehender Coxarthrose [31]. Bei den subtrochantären Frakturen werden heute aufgrund ihrer biomechanischen Überlegenheit intramedulläre Verfahren zur Stabilisierung bevorzugt [32]. Im Bereich der Wirbelsäule besteht bei akuten Frakturen die Möglichkeit der Kyphoplastie oder der Vertebroplastie. Beide Verfahren dienen vor allem einer raschen Schmerzbeseitigung durch Stabilisierung des frakturierten Wirbelkörpers [29].

Fazit für das Vorgehen
in der Praxis

1. Osteoporoserisiko bestimmen

2. Diagnostik

  • – zum Ausschluss sekundärer Osteopathien
  • – zur Bestimmung des Schweregrades der Osteoporose
  • – als Basis für eine sichere antiosteoporotische Therapie

3. Therapieentscheidung

  • – antiresorptiv für 3–5 Jahre in Abhängigkeit vom Schweregrad
  • – osteoanabol bei Ineffektivität der antiresorptiven Therapie
  • – Sequenztherapie bedenken bei fortbestehend hohem Frakturrisiko (bisherige Erfahrungen begrenzt)

4. Mitarbeit des Patienten sichern (Ausschalten vermeidbarer Risikofaktoren, Compliance).

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Andreas Roth

Lehrstuhl für Orthopädie der
Friedrich-Schiller-Universität Jena am
Waldkrankenhaus „Rudolf Elle“ GmbH

Klosterlausnitzer Straße 81

07607 Eisenberg

a.roth@krankenhaus-eisenberg.de

Literatur

1. NIH Consensus Development Panel on Osteoporosis Prevention, Diagnosis, and Therapy, March 7–29, 2000: highlights of the conference. Southern medical journal 2001; 94: 569–573

2. Hadji P, Klein S, Gothe Het al.: Epidemiologie der Osteoporose – Analyse von Krankenkassen-Routinedaten: die Bone Evaluation Study (BEST). Dt Ärzteblatt 2013; 110: 52–57

3. Glüer CC, Eastell R, Reid DM et al.: Association of five quantitative ultrasound devices and bone densitometry with osteoporotic vertebral fractures in a population-based sample: the OPUS Study. J Bone Miner Res 2004; 19:
782–793

4. Felsenberg D, Wieland E, Hammermeister C et al.: Prävalenz der vertebralen Wirbelkörperdeformitäten bei Frauen und Männern in Deutschland. Med Klin 1998; 93: 31–34

5. Roy DK; O’Neill TW; Finn JD et al.: Determinants of incident vertebral fracture in men and women: results from the
European Prospective Osteoporosis
Study (EPOS). Osteoporos Int 2003; 14: 19–26

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