Übersichtsarbeiten - OUP 09/2019

Osteotomien bei patellofemoraler Dysbalance

Jörg Dickschas

Zusammenfassung:

Die patellofemorale Dysbalance manifestiert sich klinisch durch 2 Hauptsymptome: vorderer Knieschmerz und patellofemorale Instabilität. Verursacht wird die Dysbalance durch verschiedene Pathologien: Trochleadysplasie, Patella alta oder ein erhöhter Q-Winkel bzw. TTTG(Tuberositas-tibiae-Trochlea-Groove)-Abstand. Weitere Ursachen der patellofemoralen Dysbalance können jedoch auch Deformitäten der Beinachse sein. Sowohl die Frontalachse im Sinne eines Genu valgum ist hier relevant als auch Torsionsabweichungen der Beinachse (femorale Innentorsions- und tibiale Außentorsionsabweichungen) [6]. Hier besteht die Therapie aus einer klassischen kniegelenknahen Osteotomie. In der Frontalachse stellt das Genu valgum die Pathologie dar, welche zu patellofemoraler Dysbalance führt. Therapie der Wahl ist hier die Varisationsosteotomie. Diese wird am Ort der Fehlstellung, beim Genu valgum meist femoral, durchgeführt. Die Torsiondeformitäten müssen ebenfalls am Ort der Fehlstellung korrigiert werden. Die femorale Innentorsion führt zu Dysbalance und wird mit einer suprakondylären Außentorsionsosteotomie behandelt, die Tibia-Außentorsionsdeformität analog dazu mit einer supratuberositären Innentorsionsosteotomie. Neben diesen klassischen kniegelenksnahen Osteotomien werden auch die oben angeführten Pathologien der Patella alta, Tuberositas-Lateralisation und Trochleadysplasie mit Osteotomien behandelt. Die Tuberositasversetzung wird je nach Pathologie meist als Distalisierung und/oder Medialisierung durchgeführt, hier gilt es, moderat zu korrigieren, deutliche Überkorrekturen haben zu schlechten Ergebnissen vor allem in den frühen Jahren der Technik geführt. Die Trochleaplastik stellt ebenfalls eine Osteotomie da, bei welcher die osteochondrale Lamelle der femoralen Gleitrinne abgetragen und danach im Rahmen einer Osteotomie eine v-förmige Rinne neu geschaffen wird. Generell gilt, dass in Fällen der patellofemoralen Dysbalance sehr oft eine reine Bandplastik nicht die Ursache des Problems adressiert und unreflektiert eingesetzt zu Fehlschlägen führt [13]. Die genaue Analyse der kompletten Beingeometrie muss präoperativ erfolgen und die zugrunde liegende Pathologie behandelt werden. Die Studienlage zu Osteotomien bei patellofemoraler Dysbalance bezieht sich meist auf Fallkontrollstudien, diese weisen durchweg gute Ergebnisse auf.

Schlüsselwörter:
patellofemorale Dysbalance, Torsionsosteotomie, Achskorrektur, Trochleaplastik, Tuberositasversetzung

Zitierweise:

Dickschas J: Osteotomien bei patellofemoraler Dysbalance. OUP 2019; 8: 484–489

DOI 10.3238/oup.2019.0484–0489

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Bamberg

Summary: Anterior knee pain and patellar dislocations are the two major symptoms of patellofemoral malalignement. The different pathologies causing this symptoms are trochleadysplasia, patella alta, tibial tubercle lateralisation (elevated TTTG distance), genua valga and torsional deformities (femoral internal rotation or tibial external rotation) [6]. These cases are subject to classical osteotomies around the knee. The valgus knee is a pathology causing patellofemoral dysbalance, a varization osteotomy is the common treatment option, mostly performed in the femoral aspect. Also the therapy of torsional deformitites is performed with an osteotomy; femoral external torsional osteotomies and tibial internal torsional ostetomies are the treatment options. But also in the treatment of trochleadysplasia, patella alta or elevated TTTG distance osteotomies are essential. Tibial tuberosity osteotomies are performed in tuberosity lateralization (medialization) patella alta (distalization). Moderate corrections need to be performed, overcorrection leads to malignement and poor clinical outcome. Finally, also the trochleaplasty is part of the osteotomy family. The osteochondral surface of the trochlea is carefully detached, afterwards a v-shaped new trochlea is chiseled in the femur and the osteochondral layer is reattached by bioresorbable anchors and resorbable 3 mm vicryl tape.
As a general rule it is shown that treatment with medial patellofemoral ligament surgery as stand alone procedure very often leads to poor clinical results as the reason of the malalignement is not adressed [13]. Exact analyzation of lower limb geometry and the patholgies leading to patellofemoral dysbalance is essential for therapy planing of patellar malalignement. Osteotomies play an improtant rule in the treatment planing and clinical studies show good results.

Keywords: patellofemoral malalignement, torsional osteotomy, varization osteotomy, trochleaplasty, tibial tubercle medialization

Citation: Dickschas J: Osteotomies in patellofemoral malalignement. OUP 2019; 8: 484–489
DOI 10.3238/oup.2019.0484–0489

Einleitung

Die Patella stellt das größte Sesambein des menschlichen Körpers dar. Sie artikuliert in ihrer Laufrinne, der Trochlea, mit dem Femur und ist als Hypomochlion des Streckapparats essenziell. Dysbalancen in diesem Gelenk führen zu Schmerzen und auch zu Instabilitäten der Patella. Der vordere Knieschmerz oder die Luxation der Patella sind jedoch nur Symptome einer Erkrankung, die verschiedene Ursachen haben kann. Die Dysplasie der Laufrinne (Trochlea) wurde als Ursache von Dejour erstbeschrieben. Fehlformen führen hier oft zu massiven Schmerzen, teilweise rezidivierender Instabilität und längerfristig zu Arthrose des Patellofemoralgelenks, selbst in jungen Jahren. Als kausale Therapie hat sich hier die Trochleaplastik etabliert. Eine hochstehende Patella (Patella alta) führt dazu, dass die Patella erst spät in ihr knöchernes Gleitlager eintritt und dadurch stabilisiert wird. Dies kann mit Instabilitäten, aber auch mit Schmerzen aufgrund von Knorpelschäden, vor allem am distalen Patellapol verbunden sein. Therapie der Wahl ist hier eine Distalisierung der Tuberositas tibiae. Eine zu lateral stehende Tuberositas tibiae lässt sich durch einen erhöhten TTTG-Abstand bzw. Q-Winkel detektieren und durch eine Medialisierung der Tuberositas operativ adäquat therapieren.

Eine erhöhte femorale Innentorsion bzw. tibiale Außentorsion führt ebenfalls zu einer Lateralisationstendenz der Patella, was sich häufig durch vorderen Knieschmerz oder patellofemorale Instabilität manifestiert. Therapie der Wahl ist hierbei die femorale bzw. tibiale Torsionsosteotomie. In der Frontalachse stellt das Genu valgum die Pathologie dar, welche zu patellofemoraler Dysbalance führt. Therapie der Wahl ist hier die femorale Varisationsosteotomie.

Tuberositas-Osteotomien

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