Originalarbeiten - OUP 11/2013

Perioperatives Schmerzmanagement bei der Implantation von Knietotalprothesen

Eine Weiterentwicklung der Regionalanästhesie von Seiten der Orthopädie stellt die Anwendung der intraoperativen intra- und periartikulären Injektionsbehandlung dar. Wegweisende Entwicklungen wurden hierzu von den Mitarbeitern des Ranawat Orthopaedic Center geleistet [4, 5]. Die Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung der in der Fachwelt als „Ranawat-Cocktail“ bekannten Mixtur. Sie enthält neben Steroiden zur Bekämpfung der lokalen Inflammations-Reaktion auch Opiate. Epinephrin verlängert durch die Vasokonstriktion die lokale Persistenz der Medikamente.

Die Gruppe um Parvataneni et al. applizierte die genannte Mixtur an multiplen Regionen im operierten Gelenk (posteriore Kapsel, postero-mediale und postero-laterale Strukturen, M. Quadrizeps, Synovium, Pes anserinus, antero-mediale Kapsel und dazugehöriges Periost, Traktus iliotibialis, Kollateralbänder mit deren Ursprüngen und Ansätzen) und konnte so eine signifikante Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung erzielen [5, 34]. Die Autoren verwenden nach Vendittoli et al. eine Lösung aus 275 mg Ropivacain, 30 mg Ketorolac und 0,5 ml Adrenalin (1:1000) [35]. Das Gesamtvolumen beträgt mit 0,9 %igem NaCl als Trägerlösung 150 ml. Dies wird auf 3 50-ml-Spritzen verteilt. Die periartikuläre Infiltration erfolgt mit je einer 50-ml-Spritze vor Implantation der Prothesenkomponenten, vor Wundverschluss und als oberflächliche Injektion nach Wundverschluss. Die lokale Therapie wird bei Vendittoli et al. um einen intraartikulären Katheter erweitert, der am ersten postoperativen Tag nach Abklemmen der Vakuumdrainage mit 150 mg Ropivacain bestückt und dann entfernt wird. Die Autoren empfehlen das lang wirksame Ropivacain, da es weniger kardio- und neurotoxisch ist als Bupivacain [35].

Postoperative
Schmerztherapie

Zu den Zielen der postoperativen Schmerztherapie gehört die Anwendung einer Vielzahl von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen unter stetiger Berücksichtigung von patientenspezifischen Allergien und Medikamentenunverträglichkeiten. Es sollten Medikamente zum Einsatz kommen, die über ein kombiniertes entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Wirkspektrum verfügen. Frühzeitig sollte die Konversion von der intravenösen (Patient-Controlled Analgesia, PCA) zur oralen Therapie mit Kombination von Depot- und kurzwirksamen Präparaten angestrebt werden. Die Anwendung von „Pfaden“ hilft bei der Standardisierung einer solchen Therapie. Neben einem Nicht-Steroidalen-Antirheumatikum (NSAR) wie Ibuprofen empfiehlt sich ein niedrigpotentes Opiat wie Tramal, Valoron oder Targin. Am Patientenbett kann die Therapie nach Bedarf durch den Patienten selbst um Novaminsulfon-Tropfen erweitert werden. Parvataneni et al. berichten über eine hervorragende Schmerzreduktion durch die Anlage eines Clonidin-Pflasters (100 µg/24 h) noch im OP-Saal [5, 34].

Diskussion

Das Outcome der Knieendoprothesen ist nach wie vor mit einem hohen Prozentsatz an unzufriedenen Patienten deutlich schlechter als nach vergleichbaren orthopädischen Eingriffen wie der Hüfttotalendoprothese. Viele Patienten geben an, dass ihre Erwartungen durch die Operation nicht erfüllt worden sind [36]. Im Vordergrund der Probleme steht neben der Funktionalität die Schmerzhaftigkeit. Demnach sollte der Fokus des perioperativen Patientenmanagements neben der exakten Prothesenimplantation und Mobilisation auf der Schmerztherapie liegen. Ein nahezu schmerzfreier Patient nach Knieprothesenimplantation ist unter der Verwendung eines multimodalen Schmerzregimes in greifbare Nähe gerückt. Die Säulen dieses Regimes stellen nach Ansicht der Autoren die präoperative Patientenschulung und die regionale Nervenblockade (N. femoralis und N. ischiadicus) dar, in Kombination mit einer intraoperativen periartikulären Infiltrationstherapie, der postoperativen Anwendung eines Schmerzpflasters und die konventionelle orale Medikation. Trotz alledem existiert die perfekte Therapie nicht. Opiate mit ihren Nebenwirkungen sind nach wie vor unverzichtbar.

 

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Robert Hube

OCM München

Steinerstraße 6, 81369 München

robert.hube@ocm-muenchen.de

Literatur

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2. Follin SL, Charland SL. Acute pain management: operative or medical procedures and trauma. The Annals of pharmacotherapy; 1997; 31: 1068–1076.

3. Parvizi J et al.. Postoperative pain management techniques in hip and knee arthroplasty. Instructional course lectures; 2009; 58: 769–779.

4. Maheshwari AV et al.. Multimodal pain management after total hip and knee arthroplasty at the Ranawat Orthopaedic Center. Clinical orthopaedics and related research; 2009; 467: 1418–1423.

5. Parvataneni HK, Ranawat AS, Ranawat CS. The use of local periarticular injections in the management of postoperative pain after total hip and knee replacement: a multimodal approach. Instructional course lectures; 2007; 56: 125–131.

6. Sinatra RS, Torres J, Bustos AM. Pain management after major orthopaedic surgery: current strategies and new concepts. The Journal of the American Academy of Orthopaedic Surgeons; 2002; 10: 117–129.

7. Park, KK et al. Functional disabilities and issues of concern in female Asian patients before TKA. Clinical orthopaedics and related research, 2007. 461: 143–152.

8. Trousdale RT et al.. Patients’ concerns prior to undergoing total hip and total knee arthroplasty. Mayo Clinic proceedings. Mayo Clinic; 1999; 74: 978–982.

9. Mangano DT et al.. Perioperative myocardial ischemia in patients undergoing noncardiac surgery: Incidence and severity during the 1st week after surgery. The Study of Perioperative Ischemia (SPI) Research Group. Journal of the American College of Cardiology; 1991; 17: 851–857.

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