Übersichtsarbeiten - OUP 12/2013

Primär- und Verlaufsdiagnostik bei Frakturen im Wachstumsalter

Im Rahmen einer längerfristigen Wachstumskontrolle sind verschiedene Fragestellungen zu beantworten. Indiziert sind Wachstumskontrollen im Falle verbliebener Fehlstellungen und Deformierungen (Achsabweichungen, Verkürzungen) zum Zeitpunkt der knöchernen Konsolidierung. Dann sollten Wachstumskontrollen bis zum erwarteten, wachstumsassoziierten Ausgleich der sichtbaren Deformierung durchgeführt werden. Ebenfalls indiziert sind Wachstumskontrollen im Falle von Verletzungen, in deren Folge eine signifikante Wachstumsstörung, insbesondere in Form eines vorzeitigen partiellen oder vollständigen Wachstumsfugenverschlusses mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorkommen kann. Dazu zählen vor allem, aber nicht nur, unmittelbare Verletzungen der Wachstumsfuge selbst. Die Wachstumskontrollen sollten dann an der oberen Extremität bis zu 2 Jahren, an der unteren Extremität sogar noch darüber hinaus regelmäßig durchgeführt werden. Die Befunderhebung erfolgt dann selbstverständlich primär klinisch. Erst wenn die klinische Untersuchung Anhalt für eine sekundär aufgetretene Abweichung gibt (z.B. Ausbildung einer Klumphand nach distaler Radiusfraktur, Varisierung des Sprunggelenks nach Innenknöchelfraktur oder Beinlängendifferenz nach distaler Femurfraktur), ist eine radiologische Darstellung der problematischen Körperregion gerechtfertigt.

Für die Kontrollindikationen der sogenannten Wachstumsphase gilt: Funktion und Wachstum sollen und können nicht im Röntgenbild dargestellt werden!

Schlussfolgerungen

Mehr als in jeder anderen Altersgruppe ist es bei Kindern und Jugendlichen notwendig, diagnostische Maßnahmen zielgerichtet und mit strenger Indikation einzusetzen. Es muss vermieden werden, dass diagnostische Maßnahmen zusätzliche, vermeidbare Schmerzen verursachen. Bei klinischem Frakturverdacht ist das konventionelle Röntgenbild das Arbeitspferd der bildgebenden Diagnostik. Adäquate technische Voraussetzungen müssen den bestmöglichen Strahlenschutz gewährleisten. Die Sonografie wird in Zukunft einen guten Teil der röntgenologischen Diagnostik ersetzen können. Dazu werden derzeit in etlichen Studien die wissenschaftlichen Grundlagen geschaffen. Die Schnittbilddiagnostik in Form des CT und des MRT sollte wenigen bestimmten Fragestellungen vorbehalten bleiben. Sie ersetzt nicht die subtile und fundierte Kenntnis altersspezifischer Verletzungsmuster, die der Kindertraumatologe vorhalten muss. Die Verlaufsbeobachtung nach einer Fraktur im Wachstumsalter basiert vor allem auf der klinischen Untersuchung und deren Dokumentation.

 

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Ralf Kraus

Klinik für Unfallchirurgie,
Orthopädie, Wirbelsäulen- und
Kindertraumatologie

Asklepios Klinik Lich

Goethestraße 4

35423 Lich

kindertraumatologie.lich@asklepios.com

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Fussnoten

1 Asklepios Klinik Lich

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