Originalarbeiten - OUP 04/2012

Prospektive, randomisierte und kontrollierte Untersuchung
zum Vergleich des konventionellen anterolateralen Zugangs mit dem
anterolateralen minimal invasiven (ALMI) Zugang unter Berücksichtigung von kernspintomographischen Befunden der Muskulat

Präoperativ konnten wir bei den Männern einen größeren Durchmesser des M. gluteus medius als bei den Frauen aufzeigen (p=0,035). Die männlichen Patienten der ALMI-Gruppe zeigten dabei einen Durchmesser von 5,93 cm² (Range 4,6–7,35 cm², SD: 0,93), die der Bauer-Gruppe mit 5,14 cm² (Range 4,1–6,28, SD 0,65) einen etwas geringeren.

Bei den weiblichen Patienten war die postoperative Fläche des M. iliopsoas in der femoralen Messung hoch signifikant reduziert (p = 0,038). Dabei boten die Patientinnen der ALMI-Gruppe 4,72 cm² (Range 2,7–6,33 cm², SD: 1,34), die der Bauer-Gruppe dagegen 7,04 cm² (Range 4,05–9,9 cm², SD: 2,73) (p = 0,12). In der ALMI-Gruppe zeigte sich eine Fläche von 5,65 cm² (Range 2,25–9,9 cm², SD: 2,7), in der Bauer-Gruppe eine von 6,84 cm² (Range 2,4–12,2 cm², SD: 3,37).

Der einzige Trend zeigte sich in einer Zunahme des Muskelquerschnitts im Follow-up bei der pelvinen Messung des M. iliopsoas bei den weiblichen Patienten der Bauer-Gruppe von 11,8 (Range 7–17,6, SD: 3,2) auf 13,8 (Range 4,3–18,9, SD: 4,1); dieser Unterschied erreichte jedoch kein signifikantes Niveau. In allen anderen Gruppen zeigte sich eine mehr oder minder deutliche Querschnittsgrößenabnahme.

Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung fanden sich weder bei der Ausmessung der Mm. gluteus medius et minimus, des M. gluteus maximus noch bei der Querschnittsausmessung des M. iliopsoas pelvin ein Unterschied. Dabei wurde sowohl auf mögliche Veränderungen innerhalb der Gruppen von präoperativ bis zum Follow-up, als auch auf Differenzen zwischen den Gruppen geprüft. Lediglich beim femoralen Iliopsoasquerschnitt fand sich bei den weiblichen Patienten unmittelbar postoperativ ein Unterschied.

Auch die Muskelödeme waren in beiden Gruppen statistisch nicht unterschiedlich. Präoperativ fanden sich in der ALMI-Gruppe bei 8 der 23 Patienten ein Ödem, bei den konventionell operierten Patienten waren es 8 der 24 Patienten: also in beiden Gruppen rund ein Drittel der Patienten.

Postoperativ wurde bei allen Patienten beider Gruppen ein Ödem festgestellt. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung fand sich bei einem Patienten in der ALMI-Gruppe ein Ödem im M. gluteus medius; dieser Patient hatte jedoch zwei Tage zuvor einen häuslichen Sturz erlitten. Ansonsten fanden sich bei keinem Patienten mehr Ödeme.

Bei dem Ausmaß der fettigen Degeneration zeigten sich zwischen den Gruppen keinerlei Unterschiede. Insgesamt kam es tendentiell eher zu einer Verschlechterung der fettigen Degeneration.

Diskussion

Berger [13] zog schon 2004, nachdem er bei 97% seiner Patienten am Tag der HTEP-Implantation über einen minimal invasiven Zugang bereits die Entlassungsfähigkeit und bei den restlichen 3 % die Erreichung dieses Zustandes binnen der ersten 23 Stunden postoperativ konstatierte, die ambulante Implantation von HTEP in Erwägung. Dagegen rieten Levine et al. [3] in ihrem Review zur Besonnenheit im Umgang mit diesen neuen Zugängen, die unstrittig anspruchsvoller für den Operateur sind, da ihrer Ansicht nach in den veröffentlichten Arbeiten eben nicht nur die Zugänge, sondern häufig auch die Standardmedikation und die physikalische Therapie modifiziert wurden. Dabei verweisen sie auch darauf, dass es bislang wenige Arbeiten wie die von Ogonda et al. [14] veröffentlichte, prospektiv randomisierte Studie gibt, in der nicht nur die Lernkurve der Operateure abgeschlossen ist, sondern die weiteren Parameter ebenfalls nicht verändert sind, und die zu der Schlussfolgerung kommt, dass es keinen entscheidenden Vorteil der Minimalinvasivität gibt.

Bourne und Mariani [5] zeigten nach einem Jahr im Harris Hip Score zwar keine signifikanten Unterschiede, bei der Analyse der einzelnen Fragen jedoch deutliche Differenzen. So waren zum Beispiel 78% der minimal invasiv operierten Patienten, aber nur 34% der konventionell operierten Patienten in der Lage, Treppen ohne Geländergebrauch steigen zu können. Auch Strecken über zwei Kilometer wurden von den Patienten, die unserer ALMI-Gruppe entsprechen, besser bewältigt als von den Patienten mit konventioneller Operation.

Bal und Lowe [15] beschrieben die Analyse der hüftumgebenden Muskulatur im Seitenvergleich 18 Monate nach Implantation einer primären HTEP mittels MRI. Es wurde entweder ein konventioneller posterolateraler Zugang, ein minimal invasiver lateraler Zugang oder ein minimal invasiver Zugang über
zwei Inzisionen verwendet. Die Autoren fanden größere Muskelveränderungen nach konventionellem oder dem minimal invasiven direkten Zugang als nach minimal invasivem Zugang über zwei Schnitte.

Dieses Ergebnis können wir wie auch andere Autoren nicht bestätigen.

Allerdings konnten wir wie auch Pfirrmann et al. [16] zeigen, dass sich sämtliche Patienten, welche präoperative fettige Muskelatrophien hatten, innerhalb des ersten Jahres nicht verbesserten.

Es wird kontrovers diskutiert, ob die hohe Dichte der sensomotorischen Fasern, insbesondere des M. gluteus medius, der im OP-Präparat auffällig weich und mit außergewöhnlich derber Fasizie erscheint, und die Durchtrennung dieser für die Propriozeption wichtigen Fasern sich tatsächlich durch eine Readaptation am Ende des Eingriffs aufheben lässt, oder ob sie die postoperative Rehabilitation des Patienten empfindlich beeinträchtigen kann [2]. Nallegowda et al. [17] bezweifelten dies.

Ward [18] veröffentlichte die Ergebnisse einer vergleichenden Studie, in denen er Ganganalysen bei 69 Patienten untersuchte, die bei ihrer HTEP einen der drei häufigsten minimal invasiven Zugänge (lateral, anterolateral und dorsal) oder den dorsalen traditionellen Zugang erhalten hatten. Obwohl man bemängeln kann, dass die einzelnen Kohorten zum Teil klein waren, zeigte sich kein Unterschied in den postoperativen Ganganalysen, deren Follow-up 6 Wochen nach dem Eingriff erfolgte. Bennett et al. [19] konnten in der Mobilisation von konventionell und minimal invasiv operierten Patienten in den ersten 48 Stunden postoperativ ebenfalls keine Unterschiede aufweisen.

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