Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Rasche ätiologische Zuordnung unklarer Arthritiden durch Analyse von Synovialflüssigkeit

Standardvorgehen

Als erster Schritt erfolgt die direkte, makroskopische Beurteilung des Punktats:

  • klar = unauffällig,
  • trüb = V.a. entzündlichen Erguss,
  • milchig-eitrig = V.a. bakteriellen oder hochentzündlichen/leukozytenreichen Erguss.

Die makroskopische Beurteilung kann erste Hinweise auf die Ursache des Gelenkergusses geben (Abb. 1).

Hämorrhagischer Erguss

Ein hämorrhagischer Erguss kann u.a. iatrogen, durch Trauma, genuine Einblutungen, primär villonoduläre Synovialitis, Gelenkfremdkörper, Antikoagulanzientherapie und selten durch Gicht und Arthrose bedingt sein.

Viskosität

Im Weiteren erfolgt die Viskositätsmessung durch Abtropfen von der Kanüle. Eine honigartige Konsistenz (ca. ~ 3 cm langer Faden) ist normal. Die Viskosität nimmt mit dem Grad der Entzündung ab. Sie wird maßgeblich von der in der Gelenkflüssigkeit enthaltenen Hyaluronsäure bestimmt, die bei entzündlichen Prozessen vermindert ist.

Bestimmung der Leukozytenzahl

Durch die Bestimmung der Leukozytenzahl im frischen Punktat, z.B. mittels Bürker-Zählkammer, kann zwischen nicht-entzündlichem Erguss (< 2000 Leukozyten/µl) und entzündlichem Erguss (> 2000 Leukozyten/µl) unterschieden werden (Tab. 1). Eine Leukozytenzahl bis 200/µl ist normal. Bei einer Leukozytenzahl > 50000/µl ist eine bakterielle Gelenkinfektion zu vermuten, jedoch ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Leukozytenzahl unter 50000/µl ein bakterielles Geschehen nicht ausschließt, sodass eine kulturelle Untersuchung immer empfohlen wird [4].

Mikrobiologische Diagnostik

Standarddiagnostik

Eine bakterielle Gelenkentzündung bzw. ein septisches Gelenk muss auch schon bei leicht erhöhter Leukozytenzahl differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Hierbei liefert die Kultur der Gelenkflüssigkeit aussagekräftigere Ergebnisse als der Synovialabstrich [4]. Zur Schnelldiagnostik erfolgt ein Grampräparat.

Spezialuntersuchungen

Spezielle Kultur- oder Nachweisverfahren (z.B. PCR) sind erforderlich bei der Verdachtsdiagnose auf eine Infektion mit Borrelien, Yersinien, Chlamydien, Gonokokken, Tropheryma whippeli, M. tuberculosis, Pilzen und Viren. Wichtig ist hierbei, anamnestische Hinweise auf diese z.T. selteneren Erkrankungen zu beachten und die gezielte Diagnostik zu veranlassen.

Polarisationsmikroskopie

Die Untersuchung des Gelenkergusses mittels Polarisationsmikroskopie ermöglicht den Nachweis von Kristallen. Beweisend für die Gicht sind von Leukozyten phagozytierte Natriumuratkristalle (Abb. 2) und für die Pseudogicht Calciumpyrophosphat-Dihydrat (CPPD)-Kristalle (Abb. 3), wie sie z.B. bei der Hämochromatose auftreten können.

Bestimmung des Eiweißgehalts

Die Bestimmung des Eiweißgehalts wird in der nationalen Stellungnahme zu den 3e-Empfehlungen nicht gefordert [2], kann jedoch zur Abgrenzung bezüglich einer Osteoarthrose hilfreich sein. Bei nicht-entzündlichen Ergüssen liegt der Eiweißgehalt unter 32 g/l und nähert sich mit zunehmender Entzündungsaktivität den Blutwerten an.

Nachweis von Abriebmaterial

Bei einer Prothesenlockerung kann unter Umständen das Prothesenmaterial mikroskopisch im Gelenkpunktat nachweisbar sein. Bei größeren Mengen zeigt sich ein „schmutzig-unruhiges“ Präparat, das durch den hohen Partikelanteil und die Brownsche Molekularbewegung zu erklären ist. Als weiterführende Sicherung kann eine elektronenmikroskopische Untersuchung hilfreich sein, im Weiteren eine histopathologische Sicherung unter Beachtung des von Krenn et al. etablierten histopathologischen Partikelalgorithmus [6].

Seltene Erkrankungen

Bei der Ochronose („Schwarzharn-Krankheit“) ist die Gelenkflüssigkeit mit dunklen Partikeln gesprenkelt. Die Diagnostik bei V.a. Amyloidose-induzierter Arthritis erfolgt mit der Kongorot-Färbung.

Fazit

Angesichts der vorliegenden internationalen Empfehlungen (und eigenen, sehr positiven Erfahrungen) ist eine Synovialflüssigkeitsanalyse bei jedem unklaren Gelenkerguss bzw. unklarer peripherer inflammatorischer Arthritis (UPIA) indiziert. Sie ist einfach durchzuführen, risikoarm und führt zu raschen, richtungsweisenden Ergebnissen. Damit stellt sie neben der serologischen Abklärung einen wichtigen Pfeiler bei der Diagnose unklarer Gelenkentzündungen dar. Sie ermöglicht bei einer Vielzahl von Patienten eine rasche Diagnosestellung, mittels derer eine zeitnahe, ursächliche Therapie eingeleitet werden kann und chronische Gelenkschäden verhindert werden können.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Ines Dornacher

Zentrum für Rheumatologie

ATOS Klinik Heidelberg

Bismarckstraße 9–15
69115 Heidelberg

rheumatologie@atos.de

Literatur

1. Machado P, Castrejon I, Katchamart W, et al.: Multinational evidence-based recommendations on how to investigate and follow-up undifferentiated peripheral inflammatory arthritis: integrating systemic literature research and expert opinion of a broad international panel of rheumatologists in the 3E Initiative. Ann Rheum Dis 2011;
70: 15–24

2. Tarner IH, Albrecht K, Fleck M et al.: Evidenzbasierte Empfehlungen zum Management einer undifferenzierten peripheren entzündlichen Arthritis (UPIA). Z Rheumatol 2014; 73: 363–373

3. Barrett C, Bird P, Major G et al.: Australian and New Zealand national evidence-based recommendations for investigation and follow-up of undifferentiated peripheral inflammatory arthritis: an integration of systemic literature research and rheumatological expert opinion. International Journal of Rheumatic Diseases 2013; 16: 637–651

4. S1-Leitlinie: Bakterielle Gelenkinfektion (Stand 6/2014; http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/012– 010l_S1_Bakterielle_Gelenkinfektionen_2014–06.pdf)

5. Genth E: Qualitätssicherung in der Rheumatologie. Steinkopf Verlag, 2007

6. 0Krenn V et al.: Histopathologischer Partikelalgorithmus. Z Rheumatol 2014; 73: 639–649

Fussnoten

1 ATOS Klinik Heidelberg, Zentrum für Rheumatologie

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