Übersichtsarbeiten - OUP 03/2015

Refresherkurs Sonografie der Bewegungsorgane
Die Hüftentwicklung, Überdachung und Labrum nach dem 1. Lebensjahr, Sonografie der Coxarthrose und der HüftendoprotheseHip development, femoral head coverage and acetabular labrum in children elder than one year, ultrasound findings in degenerative altera

Nach endoprothetischem Ersatz des Hüftgelenks wird sonografisch eine Raumforderung, ein persistierendes Hämatom/Serom oder eine Insuffizienz des Tractus iliotibialis und der Glutealschlinge ausgeschlossen. Nach Resorption des postoperativen Hämatoms und Seroms kann das Nearthros auf Erguss- und Reizfreiheit überprüft und der laterale und ventrale Aufsitz der Prothesenkomponenten überprüft werden. Das Wiederauftreten eines Gelenkergusses nach zuvor nachgewiesenermaßen ergussfreiem Gelenk spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Lockerung oder einen Aufbrauch von Prothesenkomponenten (Abb. 18).

Diskussion

Zahlreiche Sonografie-Schnittebenen und Untersuchungstechniken für das Hüftgelenk sind beschrieben [3, 4, 6, 11], die hier aufgeführten Ebenen sind mit dem Arbeitskreis Bewegungsorgane der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) konsentiert. Die Sonografie zeichnet sich im Vergleich mit den anderen bildgebenden Verfahren durch die Möglichkeit aus, darstellbare Strukturen und Veränderungen unter Sicht direkt in Funktion zu beobachten und zu analysieren. Als Nachteil gilt, dass nicht alle Strukturen dargestellt werden können, das Untersuchungsergebnis abhängig ist von Ausrüstung und Erfahrung des Untersuchers und das eingefrorene Bild nur den Artefakt-anfälligen Momenteindruck einer begrenzt genau reproduzierbaren Schnittfläche dokumentiert. Dies mag ein Grund dafür sein, dass doppelblind randomisierte, prospektive Vergleichsstudien mit Röntgen, CT oder MRT-Untersuchungen nur schwer möglich sind und nur begrenzte Akzeptanz finden. Die von im Fachgebiet und in der Sonografie erfahrenen Ärzten vorgenommene Untersuchung verlagert jedoch die über die klinische Untersuchung hinausgehende Primärdiagnostik wieder in die Hand und Verantwortung des kompetenten individuellen Kollegen und ermöglicht ihm im Sinne einer rationalen „Einbaum- Stufendiagnostik“ [5] einen verantwortungsvollen Einsatz begrenzter Ressourcen. Dies mag nicht im Interesse mancher Leistungsanbieter in einem expansiv orientierten Gesundheitsmarkt liegen.

Schlussfolgerung

Auch nach dem 1. Lebensjahr und Ende der Untersuchungstechnik nach R. Graf ist mit der dargestellten Untersuchungstechnik eine detaillierte Untersuchung des Hüftgelenks bei Kindern und Erwachsenen möglich:

  • 1. Screening für Dysplasien und mangelhaftes Containment unterschiedlicher Kausalität.
  • 2. Detaildiagnostik bei vorliegendem Röntgenbild (Kontur- und Strukturanalyse von Labrum, Erker und Femurkopf/Schenkelhals).
  • 3. Prä- und postoperative Beurteilung von Überdachung und Funktion durch dynamische Untersuchung in Standardebenen (ventral, lateral und dorsal).
  • 4. Zusammen mit der Antetorsionsbestimmung Beurteilung der Überdachung bei Torsionsfehlern.
  • 5. Frühestdiagnostik degenerativer oder posttraumatischer Anpassungen (Labrum Läsion, Gelenkrandausziehungen, Erguss, synoviale Reizung, Insertionstendinosen, Frakturen und Kapselbandläsionen) als Voraussetzung für die Optimierung der Verhaltensweisen und der Therapie.
  • 6. Sonografisches Monitoring der weiteren Entwicklung und Anpassungen.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Dr. Norbert M. Hien

Praxis für Orthopädie und Unfallchirurgie

Friedrichshafener Straße 11

81243 München

PraxisDrHien@t-online.de

Literatur

1 Dorn U. Antetorsionsmessung: In Graf R, Schuler P (Hrsg.) Sonographie am Stütz- und Bewegungsapparat bei Erwachsenen und Kindern. Weinheim: Chapmann & Hall, 1995: 204–210

2 Graf R. Sonographie der Säuglingshüfte u. therapeutische Konsequenzen, Kompendium, Stuttgart: Thieme, 2009

3 Gaulrapp H, Binder C. Grundkurs Sonografie der Bewegungsorgane. München: Urban & Fischer, 2011: 140–149

4 Gaulrapp H, Szeimies U, Sattler H: Hüftgelenk. In Gaulrapp H, Szeimies U (Hrsg.) Diagnostik der Gelenke und Weichteile. München: Elsevier Urban & Fischer, 2008; 105–133

5 Gigerenzer G. Bauchentscheidungen. München: Goldmann Verlag, 2007; 169–189

6 Hinzmann J, Kupatz P. Standardebenen der Sonographie der Bewegungsorgane. Stuttgart: Thieme, 2012; 60–67

7 Hien NM, Heltzel W, Sedlmeier P. Wo liegt die Altersgrenze für die Hüftsonographie. In Henche HR, Hey W (Hrsg) Sonographie in der Orthopädie und Sportmedizin. Uelzen: ML-Verlagsgesellschaft mbH, 1987; 151–158

8 Hien NM. Sonographische Beurteilung der knöchernen Femurkopfüberdachung nach dem 1. Lebensjahr. In Konermann W, Gruber G, Tschauner C (Hrsg) Die Hüftreifungstörung – Diagnose und Therapie. Darmstadt: Steinkopff, 1999; 238–256

9 Hien NM. Sonographische Beurteilung der Femurkopfüberdachung bei Kindern und Erwachsenen. Ultraschall 1995; 16: 8–9

10 Hien NM. Frühdiagnose der Coxarthrose mit Sonographie und therapeutische Konsequenz. Ultraschall in Med 2006; 27: 45–46

11 Konermann W, Gruber G. Ultraschalldiagnostik der Bewegungsorgane. Stuttgart: Thieme, 2012; 208–245

12 Long SS, Surrey DE, Nazarian LN. Sonography of greater trochanteric pain syndrome and the rarity of primary bursitis. AJR 2013; 201: 1083–6

13 Mahlfeld K, Kayser R. Sonographie am Hüftgelenk. Manuelle Medizin 2007; 45: 79–84

14 Morin C, Harcke HT, MacEwan GD. The infant hip: real-time US-assessment of acetabular development. Radiology 1985; 157: 673–677

15 Nimityongskul P, Hudgens RA, Anderson LD et al. Ultrasonography in the management of developmental dysplasia of the hip (DDH). J Pediatr Orthop 1995; 15: 741–746

16 Sattler H, Schmidt W. Bewegungsapparat. In Seitz KH, Schuler A, Rettenmaier G (eds) Klinische Sonographie und Differentialdiagnose. Stuttgart: Thieme, 2007: II-37: 1060

17 Tegnander A, Terjesen T. Ultrasound measurements in hips of children above 2 years of age, normal variation in 232 hips. Acta orthop scand 1995; 66: 229–233

18 Terjesen T, TO Runden, HM Johnsen: Ultrasound in the diagnosis of congenital dysplasia and dislocation of the hip joints in children older than two years. Clin Orthop 1991; 261: 159–169

19 Terjesen T: The natural history of hip development in cerebral palsy. Developmental medicine and child neurology 2012; 54: 951–7

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4