Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014

Rehabilitation im TraumaNetzwerk DGU

F. Debus1, S. Ruchholtz1, C. A Kühne1

Zusammenfassung: Nicht zuletzt durch die Verbesserung der präklinischen und klinischen Versorgung im Rahmen der Etablierung des TraumaNetzwerk DGU rückt die Phase der Rehabilitation von schwer verletzten Patienten immer mehr in den Focus des Interesses. Verschiedenste Arbeiten haben gezeigt, welchen Stellenwert eine frühzeitige und gezielte Verknüpfung der Behandlungsphasen in der Akut- und Rehabilitationskliniken hat. Allerdings konnte auch gezeigt werden, dass die Kooperation derzeit unzureichend ist. Mit dem TNW-DGU stehen erfolgreiche und etablierte Strukturen zur Verfügung, in welche die vorhandenen Rehabilitationskliniken integriert werden sollten. Erste Schritte auf dem Weg zu einer Kooperation im TNW-DGU wurden bereits unternommen, sodass die endgültige Umsetzung des Projekts in naher Zukunft gelingen kann.

Schlüsselwörter: Rehabilitation, Schwerverletztenversorgung, Polytrauma, TraumaNetzwerk

Zitierweise
Debus F, Ruchholtz S, Kühne CA. Rehabilitation im TraumaNetzwerk DGU. OUP 2014; 11: 508–511 DOI 10.3238/oup.2014.0508–0511

Summary: By establishing the TraumaNetwork DGU, the preclinical and clinical care of severely injured patients could be improved in the last years. Maybe that is one reason why the rehabilitation of these patients gets more and more in the focus of interests. Various studies have shown how important an early and targeted linkage between the acute care and the rehabilitation phases is. However, it was also shown that cooperation is currently inadequate. The TraumaNetwork DGU provides successful and established structures, in which the existing rehabilitation clinics should be integrated. First steps already have been taken, so that the final implementation of the project can succeed in the near future.

Keywords: rehabilitation, polytrauma management, multiple trauma, traumanetwork

Citation
Debus F, Ruchholtz S, Kühne CA. Rehabilitation of severely injured patients in TraumaNetwork DGU.
OUP 2014; 11: 508–511 DOI 10.3238/oup.2014.0508–0511

Einleitung

Aktuell müssen wir in Deutschland noch immer von einer Anzahl von 32.000 bis 35.000 Schwerverletzten jährlich ausgehen [1, 2]. Die präklinische und klinische Versorgung dieser Patienten ist ein wesentlicher Bestandteil in Kliniken der Maximalversorgung, stellt aber auch kleinere Kliniken regelmäßig vor eine große Herausforderung. Zur Verbesserung und Vereinheitlichung der Versorgung der Patienten wurde durch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) das Projekt TraumaNetzwerk DGU (TNW-DGU) ins Leben gerufen [3]. Mittlerweile wurde in der gesamten Bundesrepublik eine fast flächendeckende Zertifizierung erreicht. Zur Zeit sind 632 Kliniken als Traumazentren zertifiziert. Insgesamt gibt es 48 zertifizierte regionale Netzwerke (Stand Oktober 2014, Abb. 1). Neben den deutschen Klinken werden immer mehr ausländische Kliniken nach den Vorgaben der DGU zertifiziert. So wurde zuletzt beispielsweise die Zertifizierung des TraumaNetzwerk Salzburg erfolgreich abgeschlossen. Die entsprechenden personellen, organisatorischen und apparativen Ausstattungsmerkmale wurden erstmals im Jahr 2006 im „Weißbuch Schwerverletztenversorgung“ festgelegt. Im Jahr 2012 wurde die 2. erweiterte Auflage veröffentlicht [4, 5]. Verschiedene Publikationen konnten Veränderungen im klinischen Alltag durch die Einführung des TNW-DGU aufzeigen [6, 7].

Bisher liegt der Schwerpunkt im TNW-DGU auf der präklinischen und insbesondere der klinischen Versorgung der schwerverletzten Patienten. Neben diesen, für das Überleben der Patienten entscheidende Phasen, darf die anschließende Phase der Rehabilitation nicht aus dem Auge verloren werden. Aus Daten des TraumaRegisters DGU (TR-DGU) wissen wir, dass es sich bei den schwerverletzten Patienten häufig um junge, gesunde Menschen handelt, welche mitten im Leben stehen. Umso mehr leiden diese Patienten im Anschluss häufig an den physischen und psychischen Folgen ihres Unfalls [8]. Neben Schmerzen, welche oftmals das führende Problem sind, sehen sich die schwerverletzten Patienten auch mit Problemen wie Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit konfrontiert [9, 10]. Neben den ohnehin schon hohen Kosten für die medizinische Behandlung dieser Patienten, hat das Polytrauma dementsprechend weitere sozioökonomische Folgen [11].

Diese Überlegungen machen es erforderlich, dass es eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik Rehabilitation von schwer verletzten Patienten gibt. Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über den aktuellen Stand in der Bundesrepublik Deutschland geben und einen Ausblick über eine Weiterentwicklung ermöglichen.

Aktueller Stand

Weißbuch
Schwerverletztenversorgung

In der 2. erweiterten Auflage des Weißbuchs, welche im Jahr 2012 veröffentlicht wurde, wurde erstmals das Thema Rehabilitation aufgenommen. Hier werden die Aufgaben von Rehabilitationskliniken, insbesondere im Hinblick auf die Frührehabilitation, definiert. Neben der Sicherstellung der medizinischen Versorgung wird besonders auf die Zusammenarbeit durch gemeinsame Fort- und Weiterbildungen sowie gemeinsame klinische Studien hingewiesen. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit könnte laut Weißbuch durch eine Erweiterung des TraumaRegisters DGU (TR-DGU) um die Phase der Rehabilitation erfolgen.

Zudem werden im Weißbuch erstmals Empfehlungen zur personellen Ausstattung mit kooperierenden Rehabilitationskliniken gegeben. Neben der ärztlichen Leitungsebene wird die personelle Zusammensetzung von Behandlungsteams definiert. Vom Chefarzt wird die Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie oder die Bezeichnung Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie mit jeweils einer mindestens 3-jährigen Erfahrung in der Rehabilitationsmedizin gefordert. Zuletzt werden Empfehlungen zur Vorhaltung von verschiedenen Therapiebereichen gegeben. Hier werden unterschiedlichste Bereiche wie beispielsweise Physiotherapie, Ergotherapie, Physikalische Therapie und Elektrotherapie genannt. Insgesamt sollten laute Empfehlung des Weißbuches mindestens 4 der 11 genannten Therapien zur Verfügung stehen.

Im Anhang des Weißbuchs wird auf die komplexe und langwierige Rehabilitationsbehandlung von Schwerverletzten hingewiesen, welche, ähnlich zu den bekannten Phasen der neurologischen Rehabilitation, auch unterteilt werden kann. Definierte Phasen der Rehabilitation von Schwerverletzten sind Früh- oder Sofortrehabilitation, Postakutrehabilitation, weiterführende Rehabilitation und Rehabilitation zur beruflichen Wiedereingliederung.

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